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Landkreis Dillingen : Arm im Landkreis Dillingen: Und plötzlich reicht das Geld nicht mehr

Landkreis Dillingen

Arm im Landkreis Dillingen: Und plötzlich reicht das Geld nicht mehr

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    Der Achtjährige mit seinem kleinen Hund: sein bester Freund und Spielkamerad.
    Der Achtjährige mit seinem kleinen Hund: sein bester Freund und Spielkamerad. Foto: Familie

    Diese Situation ist ungewohnt für die junge Frau. Vor einem Jahr hat sie sich keine großen Gedanken darüber gemacht, was sie ihrem Sohn zu Weihnachten schenken will. Besser gesagt, ob sie sich das leisten kann. Sie hatte eine Eigentumswohnung, ein großes Auto und das Konto war immer gut gefüllt. Nun, ein Jahr später, ist alles anders. So schnell wie Geld reinkommt, so schnell ist es wieder weg. Nicht für Geschenke, Ausflüge oder Restaurantbesuche. Sondern für Rechnungen, Lebensmittel, Miete und zum Abzahlen eines Kredites. Und für wichtige Medikamente und Hilfsmittel für ihren kranken Sohn.

    Katrin* hat einen besonderen Lebensweg eingeschlagen, der sie vor wenigen Monaten in den Landkreis Dillingen geführt hat. Und dort hat sie Hilfe gefunden. Bei der Caritas in Dillingen. „Man ist nicht alleine und wird verstanden“, erzählt sie, und ergänzt: „Ich weiß, dass es jetzt wieder aufwärtsgeht.“ Auch dank der Kartei der Not, des Leserhilfswerks unserer Zeitung, das eng mit der Caritas zusammenarbeitet. Die Geschichte von Katrin zeigt eines: Armut kann jeden treffen. Menschen können unverschuldet in Not geraten. Auch bei uns in der Region.

    Der kleine Junge wurde viel umhergereicht

    Die Frau sitzt am Tisch. Ein Ordner liegt vor ihr, darin sind wichtige Unterlagen enthalten, die sie und ihren Sohn betreffen. Streng genommen ist Lukas* nicht ihr Sohn, sondern „nur“ ihr Pflegekind. Im April 2018 hat sich Katrin dazu entschieden, den damals Eineinhalbjährigen bei sich aufzunehmen – trotz aller Umstände. Denn Lukas ist global entwicklungsverzögert, hat Zysten im Kopf, ADHS und sehr schwache Muskeln. „Ich habe mich dennoch bewusst für ihn entschieden, mit all seinen Behinderungen. Er wurde nur herumgereicht. Er hatte eine Chance verdient“, sagt die selbstbewusste Frau. Auch, weil der kleine Junge zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Pflegestationen hinter sich hatte.

    Die besondere Herausforderung: Lukas war auch das erste Pflegekind für Katrin. „Ich habe immer schon mit Kindern gearbeitet und wollte etwas noch Intensiveres machen“, erzählt sie. Die gelernte Erzieherin hat sich deshalb entschlossen, als Pflegemutter zu arbeiten. So kam Lukas in ihr Leben, und der Anfang war alles andere als leicht. „Er konnte nicht sprechen und nicht laufen. Ich konnte seine Bedürfnisse nur erahnen“, schildert sie.

    Mittlerweile lebt der Bub seit rund sechs Jahren bei ihr, eine mögliche Rückführung zur leiblichen Mutter sei mehr oder weniger ausgeschlossen. Zwischenzeitlich hat Katrin auch eine Vollmacht bekommen, um Entscheidungen für „meinen Sohn“ auch allein treffen zu können. Etwa die, dass sie gemeinsam aus dem Landkreis Günzburg in den Landkreis Dillingen ziehen.

    Die junge Frau hat noch einen Nebenjob

    Seit Anfang des Jahres lebt das Mutter-Sohn-Team hier, Lukas geht in die Theresia-Haselmayr-Schule und sei dort sehr glücklich und gut aufgehoben. Sein Leben, seine Krankheiten, bestimmen dabei den Alltag. Physio-, Ergo-, Logotherapie, Arztbesuche ... viel Freizeit bleibt den beiden nicht. Und plötzlich ist auch das Geld knapp.

    Denn war Katrin bisher in Vollzeit als Pflegemutter selbstständig, hat sich das nun mit dem Umzug geändert. Das, so erklärt sie, hänge mit ihrer früheren Eigentumswohnung zusammen, diese sei mit dem Arbeitsvertrag verknüpft gewesen. „Ich konnte die Wohnung leider nicht gewinnbringend verkaufen, sondern werde noch sieben Jahre abzahlen müssen.“ Und statt eines Vollzeitgehaltes wird sie inzwischen nur noch für Teilzeit bezahlt. Dabei haben sich die Aufgaben für ihr Pflegekind nicht verändert. Katrin hat sofort einen Nebenjob zusätzlich angenommen, mehr gehe aber nicht. „Ich bin Lukas und damit auch meinem Arbeitgeber ja auch Rechenschaft schuldig. Wie soll ich da Vollzeit was anderes arbeiten können?“ Schnell habe sie das große Auto gegen einen Kleinwagen getauscht. Trotzdem: „Ohne das Pflegegeld für Lukas würden wir kaum über die Runden kommen“, sagt sie.

    Jeder Weg zur Krankenkasse ist eine Herausforderung

    Sie habe ihr Leben lang gearbeitet, nie über ihre Verhältnisse gelebt. „Und plötzlich steht man da und weiß eigentlich nicht, wie man diese Rechnungen zahlen soll“, sagt sie. Dabei gehe es ihr vor allem um ihr Pflegekind. Lukas brauchte neue Orthesen, ein spezielles Fahrrad für seine Bedürfnisse wollte sie ihm schon lange kaufen, und weil der Achtjährige bei Nacht so stark schwitzt, wären eine sogenannte Gewichtsdecke und ein passendes Kissen dazu ebenfalls mehr als nur Wünsche. „Natürlich bekomme ich von der Krankenkasse hier und da Unterstützung. Aber ohne Zuzahlungen geht gar nichts“, sagt sie.

    Bei der Caritas in Dillingen wird Katrin nicht abgewiesen, bekommt Verständnis für ihre Situation und Hilfe. So bezahlt etwa die Kartei der Not Decke, Kissen und Fahrrad, die Caritas hat einen einmaligen Zuschuss für das Fahrrad bewilligt. „Wir sind so dankbar, ich freue mich so sehr, dass ich Lukas damit sein Leben erleichtern kann“, sagt die Pflegemama. Dabei, das betont sie immer wieder, wolle sie niemandem eine Last sein oder sich unnötig finanziell abhängig machen. „Ich habe schon immer gearbeitet und mein Geld selbst verdient. Aber es ist einfach traurig, dass man sich überall rechtfertigen muss, wenn es mal knapp wird. Dabei geht es mir nur um mein Kind“, sagt sie. Jeder Schritt zur Behörde, zum Amt oder zur Kasse sei eine Hürde, jedes Mal ein Kampf. „Es heißt doch eigentlich, dass alle Menschen ein Recht auf Bildung und Teilhabe haben. Aber selbstverständlich ist das nicht. Erst recht nicht, wenn man knapp bei Kasse ist.“

    Was die junge Frau motiviert: Zu sehen, wie sich ihr Lukas entwickelt hat. Der Junge kann sprechen, laufen und sogar allein mit dem Bus in die Schule fahren. „Uns geht es gut, das ist das Wichtigste. Es wird sich schon wieder alles einspielen“, sagt Katrin. Solange ihr Sohn glücklich sei, habe sie alles richtig gemacht. „Und vielleicht kann ich auch mal wieder mit Freunden ins Kino, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.“

    Info: Unsere Zeitung stellt in der Adventszeit Menschen vor, die unverschuldet in Not geraten sind, und bei der Caritas in Dillingen in Zusammenarbeit mit der Kartei der Not Ansprechpartner und Hilfe finden. Sie sind in einer ähnlichen Situation? Hier der Kontakt: www.caritas-dillingen.de

    *Namen wurde von der Redaktion abgeändert.

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