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Landkreis Dillingen: Ammoniak, Ammonium, Quecksilber: Wie schlecht geht es der Brenz?

Landkreis Dillingen

Ammoniak, Ammonium, Quecksilber: Wie schlecht geht es der Brenz?

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    Die Brenz fließt unter anderem durchs Eselsburger Tal. Dort entstand das Foto.
    Die Brenz fließt unter anderem durchs Eselsburger Tal. Dort entstand das Foto. Foto: Rudi Penk

    Die Wasserqualität der Brenz? „Sie ist gut“, sagt Uwe Bergdolt. Doch dann holt der Referatsleiter Gewässerökologie der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) in Karlsruhe weiter aus. Denn ein unter den Grenzwerten liegendes Vorkommen von Schadstoffen ist nicht mehr allein das entscheidende Kriterium zur Klassifizierung der

    Auch die Brenz ist Opfer des menschlichen Domestizierungswillens geworden, der besonders in den 50er- und 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts Flüsse zu Kanälen gemacht hat. „Naturfern“, sagt Bergdolt dazu. Eine völlige Kehrtwende hält der Fachmann heute aber für illusorisch. Diese sei nicht bezahlbar und auch technisch nicht mehr umsetzbar, weil die Orte bis an den Fluss gerückt seien. Aber eine weitere Annäherung an eine natürliche Flussstruktur hält Bergdolt für dringlich, damit mehr Leben ins Wasser einziehen kann.

    Brücke und Wehr  an der Brenz zwischen Gundelfingen und Bächingen.
    Brücke und Wehr an der Brenz zwischen Gundelfingen und Bächingen. Foto: Peter von Neubeck (Archivbild)

    Tatsächlich hat man mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie europaweit Ziele gesteckt, die bis 2027 erfüllt sein sollten. Bei der periodisch alle sechs Jahre wieder anstehenden Bestandsaufnahme der Flüsse muss auch die Brenz in einem chemisch und ökologisch guten Zustand sein. In fünf Klassen wird die biologische Güte eingeteilt. Aber nur eine Handvoll von den 175 Wasserkörpern in Baden-Württemberg, so Bergdolt, erfüllten heute schon die ökologischen Kriterien.

    Die Karten der LUBW zeigen deutlich, dass bei der Brenz und ihren Zuflüssen im Landkreis Heidenheim trotz partieller Renaturierung bei Weitem die Abschnitte überwiegen, auf denen der Flusslauf stark bis vollständig verändert wurde. Das Regierungspräsidium Tübingen führt in Sachen Wasserqualität bei der Brenz die Aufsicht. Und in

    Ausweis der Qualität sind neben dem natürlichen Flusslauf und Gewässerrandstreifen auch die Lebewesen im Wasser. Ein Blick der Kontrolleure gilt den Fischen und Wasserpflanzen, ein ebenso genauer dem Makrozoobenthos. Unter diesem Begriff summiert man wirbellose tierische Organismen, welche auf der Gewässersohle leben. Diese besiedeln Würmer, Schnecken, Muscheln sowie Krebstiere. Auch die arten- und individuenreiche Gruppe der Insekten und deren Larven prägen die Besiedlung. In Abständen zwischen drei und sechs Jahren werden im Auftrag der LUBW in der Brenz Proben genommen, um den ökologischen Zustand zu bestimmen.

    Die Brenz im Landkreis Dillingen hat verbesserungsfähiges Potenzial

    Mindestens zwölfmal im Jahr steht der Prüftrupp der LUBW auf der Brenzbrücke in Bergenweiler, um mit Edelstahlgefäßen Proben zu entnehmen, die dann auf chemische Beeinträchtigung untersucht würden. Wie auch viele andere Oberflächengewässer leidet heute noch die Brenz am gedankenlosen Umgang mit Gefahrstoffen in den vergangenen Jahrzehnten. Stoffe, die damals zum Kühlen, Imprägnieren, Aufschäumen, Reinigen, Vulkanisieren und zu weiteren Prozessen verwendet wurden, lassen sich auch heute noch in geringen Dosen nachweisen. Das Flammschutzmittel Pentabromdiphenylether führt Bergdolt als Beispiel an, oder die Perfluoroctansulfonsäure, die ab den 1950ern zur Oberflächenveredlung zahlreicher Werkstoffe genutzt wurde, aber auch Quecksilber. Auch wenn teilweise deren Einsatz verboten oder stark eingeschränkt sei. Wegen der schweren Abbaubarkeit der Stoffe fänden sich in der Brenz auch weiterhin Spuren davon, aber in sehr geringer Menge. Auch Ammonium sei in der Brenz vorhanden, das über die Kläranlagen in den Fluss komme und damit auch Ammoniak. Dieses gilt als bedenklich für Fische. Der Grenzwert werde aber nicht überschritten. Für Bergdolt leitet sich dennoch der Auftrag ab, die Kläranlagen auf Vordermann zu bringen.

    Laut Wasserwirtschaftsamt Donauwörth kommen viele dieser Stoffe auch flussabwärts auf bayerischer Seite vor, jedoch „in äußerst geringen Mengen“. Das WWA spricht beim Zustand von einem „verbesserungsfähigen ökologischen Potenzial“. Diese Beschreibung entspricht der Wasserrahmenrichtlinie. Gemessen wird bei den Untersuchungen unter anderem, wie weit ein Fluss von dem biologischen Zustand entfernt ist, der ohne menschlichen Einfluss vorherrschen würde: Welche Fische und Pflanzen würden eigentlich im Gewässer leben? Und welche Arten herrschen tatsächlich vor?

    David Ipfelkofer, der beim WWA für den Landkreis Dillingen zuständig ist, betont, dass sich die Qualität der Gewässer in Bayern insgesamt deutlich verbessert habe. Aber: Der Pflanzenbestand in der Brenz wird nach der Wasserrahmenrichtlinie als mäßig eingestuft, der Fischbestand sogar als schlecht. Flora und Fauna entsprechen nicht dem, was eigentlich im Fluss vorkommen sollte.

    Das WWA hat in den vergangenen Jahren einige Renaturierungsmaßnahmen entlang der Brenz durchgeführt. 2014 wurde aus einem begradigten Fluss mit einheitlicher Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit so ein Gewässer mit unterschiedlichen Fließgeschwindigkeiten, mit breiteren und engeren Stellen, mit Tiefenvarianz und Totholz. Zumindest auf 350 Metern. Das war aber nur eines von mehreren Projekten.

    Die Brenz soll weiter renaturiert werden

    Den ganzen Fluss zu renaturieren, hört man bei Ipfelkofer heraus, sei unrealistisch, weil teuer. Und dann bestehe da noch die Problematik mit den Eigentumsverhältnissen bei den Grundstücken. Das WWA setzt deshalb auf eine „Streuwirkung“ der einzelnen Maßnahmen. Von den Stellen, an denen sich Tiere und Pflanzen wohlfühlen, wirken sie im Idealfall auf den Rest des Flusses ein. Östlich von Bächingen sind aktuell weitere Maßnahmen zur Dynamisierung des Flusses geplant.

    Auf baden-württembergischer Seite sind zudem weitere Maßnahmen geplant. Für das Stuttgarter Regierungspräsidium ist die Gewässermorphologie ein wichtiger Baustein, um einen guten ökologischen Zustand zu erreichen. Insbesondere gehe es um die Schaffung relevanter Lebensräume für die Leitfischarten. An der Brenz sind dies Groppe, Barbe, Esche und Bachforelle. Im Rahmen der Landesstudie Gewässerökologie werde zurzeit die Rahmenplanung für Maßnahmen wie den Einbau von Totholz durchgeführt.

    Für die Herstellung der Durchgängigkeit sind im baden-württembergischen Teil der Brenz elf Fischaufstiegs- oder -abstiegshilfen vorgesehen. Für die konkrete Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen seien in der Regel die Betreiber von Wasserkraftanlagen verantwortlich. Über die Höhe der Kosten zur Umsetzung kann die Behörde daher keine Aussagen machen. Das Regierungspräsidium geht derzeit davon aus, dass die Ziele hinsichtlich der Ökologie für die Brenz oberhalb der Hürbe bis zum Jahr 2039 und für die Brenz ab der Hürbe bis zum Jahr 2033 erreicht werden können.

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