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Interview: Wie sensationsgierig sind die Medien?

Interview

Wie sensationsgierig sind die Medien?

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    Rainer Bonhorst, der ehemalige Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, war zu Gast beim Peterswörther Sofagespräch.
    Rainer Bonhorst, der ehemalige Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, war zu Gast beim Peterswörther Sofagespräch. Foto: Hans Gusbeth

    Kann Söder Kanzler? Das war nur eine von zahlreichen Fragen, die auf Rainer Bonhorst am Freitagabend im Peterswörther Bürgersaal einprasselten. Der frühere Chefredakteur unserer Zeitung (1994 bis 2009) war Gast beim 32.

    Nach der Flüchtlingskrise kam das Schlagwort "Lügenpresse"

    Breiten Raum nahm in der Diskussion das Thema Flüchtlinge und der auch damit verbundene Aufstieg der AfD ein. Viele Menschen hätten nach 2015 den Eindruck gehabt, dass man ihnen nicht die Wahrheit sage. Vielmehr sei ein geschöntes Bild von diesem Zustrom geliefert worden, betonte Bonhorst. Da sich bei den Menschen der Eindruck verfestigte, dass die Berichterstattung in vielen Medien einseitig gewesen sei, habe bald das Schlagwort von der „Lügenpresse“ die Runde gemacht. Die Medien sollten immer „berichten, was ist“ und nicht in pädagogischer Absicht beschönigen oder auf der anderen Seite verteufeln oder vermeintlichen Sensationen hinterherrennen.

    Auch der Klimawandel sei inzwischen besonders in Deutschland zu einem großen Medienthema geworden, mit Greta Thunberg als globaler Symbolfigur. Der Aufstieg der Grünen sei direkt damit verknüpft. Das Thema sei populär, habe aber etwas Modisches. „Man kann es sich nur leisten, wenn es einem gut geht“, gab Bonhorst zu bedenken. Wenn die Angst um den Arbeitsplatz umgehe, würden die Prioritäten anders gesetzt.

    Im Zusammenhang mit dem Coronavirus kam von einem Zuhörer der Vorwurf der Sensationsgier der Medien. Bonhorst räumte ein, dass Medien das Sensationelle liebten. Den Ball aus dem Publikum spielte er aber umgehend zurück: „Weil Sie genauso gern etwas Sensationelles lesen wollen.“

    "Ich halte den Brexit für Blödsinn"

    Großes Interesse zeigten die Zuhörer bei den Fragen, wie es hinter den Kulissen der Journaille zugehe, wie Politiker Interna durchsteckten, wie Gerüchte gestreut würden. Auch die Frage von Manfred Gloss, was der häufigste Grund für die Kündigung eines Zeitungsabos sei, wurde diskutiert. Der Vhs-Leiter gab gleich selbst die Antwort: „Tod des Abonnenten.“

    Die Reaktion von Rainer Bonhorst: „Das ist so“. Die gedruckte Zeitung werde von „älteren Leuten“ gelesen, während die Jungen verstärkt online gingen und soziale Netze nutzten. Allerdings lockten Veranstaltungen, Sport und gedruckte Fotos die Jungen wieder näher zum Print. Zudem werde auf dem Land mehr Zeitung gelesen als in der Stadt. Die Augsburger Allgemeine sei mit ihren Heimatzeitungen, darunter die Donau-Zeitung, schon immer die größte Zeitung in Bayern und eine der größten Deutschlands gewesen.

    Am Schluss der kurzweiligen eineinhalb Stunden stand das Thema Brexit. Bonhorst, zehn Jahre Korrespondent in London, ist überzeugt: „Durch den Brexit verlieren beide, England genauso wie die EU.“ Der Engländer sei eben anders als der Kontinentaleuropäer. Bonhofs Fazit: „Ich halte den Brexit für Blödsinn.“

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