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Interview: Stadtpfarrer De Blasi: „Als Pfarrer ist man nur ein kleines Rädchen“

Interview

Stadtpfarrer De Blasi: „Als Pfarrer ist man nur ein kleines Rädchen“

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    Stadtpfarrer De Blasi: „Als Pfarrer ist man nur ein kleines Rädchen“
    Stadtpfarrer De Blasi: „Als Pfarrer ist man nur ein kleines Rädchen“

    Herr De Blasi, heute feiern Sie silbernes Priesterjubiläum. Wieso haben Sie vor 25 Jahren diesen Beruf ergriffen?

    Raffaele De Blasi: Das hat mich als Kind schon interessiert. Ein Freund aus Kindheitstagen war der Sohn unseres Mesners. Durch ihn hatte ich früh Kontakt zur Kirche. So bin ich langsam aber sicher hineingewachsen. Nach der Erstkommunion war schnell klar: Ich werde Ministrant. Vom ersten Tag im Gymnasium an war klar, dass ich das mit dem Priesterberuf durchziehe.

    Welche Erwartungen hatten Sie?

    De Blasi: Ich weiß nicht, ob das Wort Erwartungen passt. Ich wollte in dieser Kirche etwas tun, weil sie mir ans Herz gewachsen war und ich mich dort daheim gefühlt habe. Ich wollte eine Aufgabe übernehmen. Und ich hatte als Kind schon Freude an der Liturgie, an diesen schönen Gewändern und diesen schönen Räumen. Deshalb habe ich mich hier am richtigen Platz gefühlt. Dazu kommt: Die Botschaft, die die Kirche zu verkünden hat, ist die meine. Für sie wollte ich eintreten.

    So manche Gemeinde beneidet Lauingen

    Wie lautet diese Botschaft?

    De Blasi: Die ist eigentlich ganz kurz: Dass der Mensch in den Augen Gottes so unendlich kostbar ist, dass Gott in diese Welt eintritt, dass der Sohn Gottes einer von uns wird und das einen Weg eröffnet, der uns zu Gott hinführt.

    Wie blicken Sie auf all die Jahre als Priester zurück?

    De Blasi: Grundsätzlich dankbar. Ich habe es nie bereut, den Beruf ergriffen zu haben. Das heißt aber nicht, dass jeder Tag ein Sonnentag war. In einer Ehe ist das ja nicht anders. Aber der rote Faden war immer da und ich würde auch keinen anderen Beruf ergreifen wollen.

    Was hat sich aus Ihrer Sicht in den ganzen Jahren verändert?

    De Blasi: Das Klima ist insgesamt rauer geworden.

    Inwiefern?

    De Blasi: Gegenüber der Kirche ist es rauer geworden. Das hat sie sich manchmal sicher auch selbst zuzuschreiben. Da darf man als Vertreter der Kirche aber nicht die beleidigte Leberwurst spielen. Aber auch gesamtgesellschaftlich ist das Klima rauer als früher. Die Bereitschaft, sich einzubringen, ist gewaltig zurückgegangen. Das kann man überall ablesen, nicht nur in der Kirche.

    Die Kirchen in Veitriedhausen, Faimingen und Frauenriedhausen sollen saniert werden

    Sie sind seit 2013 in Lauingen. Wie geht es Ihnen hier?

    De Blasi: Ich fühle mich wohl. Aber natürlich war auch hier nicht jeder Tag ein Sonnentag, denn in jeder Gemeinde muss man sich erst einmal miteinander arrangieren.

    Anfangs gab es ja einige Ungereimtheiten. Wie ist das Klima in der Gemeinde heute?

    De Blasi: Das Klima in der Pfarrei ist gut. Aber natürlich gilt auch hier: Es kommt nicht jeder Mensch mit jedem gut aus, und nicht jeder Katholik kommt mit jedem Pfarrer aus. Das wäre auch eine Überforderung für uns Menschen. Aber wenn man versucht, in einer respektvollen Weise miteinander umzugehen, dann ist viel gewonnen.

    Was möchten Sie in den kommenden Jahren in der Pfarrei noch ändern?

    De Blasi: Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt. Als ich kam, war die Orgel im Martinsmünster tot und viele dachten, das bleibt so. Aber uns ist es Gott sei Dank gelungen, sie zu erneuern. Die ganze Pfarrei hat da zusammengehalten. Und ich glaube, so manche Gemeinde beneidet uns um so eine Orgel. Außerdem haben wir die Andreaskirche komplett saniert, was viel Arbeit war. Meine Erfahrung aus den 25 Jahren ist: Wenn man die Dinge positiv angeht und an einem Strang zieht, dann gelingt auch was. Und für die Zukunft: In den Filialen Faimingen, Veitriedhausen und Frauenriedhausen stehen Sanierungen an, in

     Das mächtige Martinsmünster dominiert das Lauinger Stadtbild. Ein fast 500 Jahre alter Vertrag sagt, dass die Stadt für den Unterhalt des Gotteshauses aufkommen muss. Das wollen einige Räte nicht mehr hinnehmen.
     Das mächtige Martinsmünster dominiert das Lauinger Stadtbild. Ein fast 500 Jahre alter Vertrag sagt, dass die Stadt für den Unterhalt des Gotteshauses aufkommen muss. Das wollen einige Räte nicht mehr hinnehmen.

    Die Kirchen zu sanieren ist Ihnen auch ein persönliches Anliegen.

    De Blasi: Ich habe einfach Freude an Geschichte. Wenn ich nicht Pfarrer wäre, wäre ich wohl Geschichtslehrer oder Leiter eines Museums für mittelalterliche Kunst geworden. Mir ist wichtig, dass Altes bestehen bleibt. Wenn eine Kirche gefährdet ist, dann muss man schauen, dass man sie erhält.

    Was steht noch an?

    De Blasi: Wir sind insgesamt als Kirche ein kleinerer Kreis geworden. Es wird die Aufgabe für die kommenden Jahre, dass man sich damit nicht zufrieden gibt. Wir müssen die Antennen ausfahren und schauen, dass das, was gerade so rückläufig ist, neue Kraft bekommt.

    Haben Sie da eine Idee?

    De Blasi: Ich bin nicht der, der das Rad neu erfinden kann. Mein Standpunkt ist: Was dem Menschen über viele Jahrhunderte kostbar war und geholfen hat, also der Glaube und die Sakramente, das ist das Pfund, mit dem wir als Kirche wuchern. Die Frage ist, wie wir das den Menschen schmackhaft machen. Als Pfarrer ist man da nur ein kleines Rädchen im Getriebe. Und alle, die mit dieser Aufgabe betraut sind, vom Bischof hoch zur höchsten Ebene, sind da nicht zu beneiden.

    Hat die Kirche da etwas versäumt?

    De Blasi: Ich würde mir nicht anmaßen, als kleiner Stadtpfarrer zu sagen, dass die Kirche etwas versäumt oder gar Fehler gemacht hat. Vielleicht müssen wir die Botschaft der Kirche wieder klarer formulieren. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, sie so auszulegen, wie man es gerade braucht. So kann Kirche nicht funktionieren. Die größere Einheitlichkeit der Kirche wird eine Herausforderung für die Kirche. Das habe ich in den letzten Jahren vermisst. Manches scheint beliebig zu werden. Und das finde ich nicht gut.

    Der Kirchenunterhalt bleibt ein Thema in Lauingen

    Seit zwei Jahren wird in Lauingen über den Kirchenunterhalt diskutiert. Den zahlt aktuell die Stadt, nach einem Vertrag, der noch aus dem Mittelalter stammt. Wie ist ihre Position zu dem Thema?

    De Blasi: Meine Position ist da nicht wichtig. Es gibt einen Vertrag, und dieser war bisher immer gültig. Wenn der Vertrag nicht mehr gültig sein soll, dann muss das entsprechend überprüft werden. Und solange diese Prüfung nicht abgeschlossen ist, kann ich dazu nichts sagen. Aber grundsätzlich wird es eine gemeinsame Aufgabe aller sein, das Martinsmünster in eine gute Zukunft zu führen. Denn diese Kirche überragt nicht nur die Stadt, sie übertrifft auch alles in der Stadt. An Würde, Bedeutung und Qualität. Wenn eine Gemeinde so etwas in ihrer Mitte haben darf, ist sie glücklich zu schätzen. Und für mich ist es jedes Mal eine Freude, in diese Kirche einzuziehen.

    An einem Thema kommt man derzeit nicht vorbei: Corona beherrscht uns alle. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

    De Blasi: Es war etwas ruhiger als sonst. Die ersten Wochen habe ich fast schon genossen. In Lauingen ist es sehr schön, gute Geister aus der Pfarrei haben mich versorgt. Und zum ersten Mal seit vielen Jahren habe ich wieder selbst gebacken. Gewöhnungsbedürftig war jedoch, dass ich die Gottesdienste alleine gefeiert habe. Grundsätzlich gab es für mich aber keinen Grund, zu jammern.

    Klingt wie Urlaub.

    De Blasi: Na ja, das nicht. Es war einfach ruhiger.

    Wie sehen Sie Ihre persönliche Zukunft? Bleiben Sie in Lauingen?

    De Blasi: Das vermag ich nicht zu sagen. Ich fühle mich hier sehr wohl und ich verschwende keinen einzigen Gedanken darauf, mir eine andere Stelle zu suchen. Ich bin jetzt 53. Ob ich bis 70 hierbleibe, weiß ich nicht. Das kann man nie sagen. Ich bin aber nicht der Typ, der alle fünf Jahre die Pfarrei wechselt.

    • Der Festgottesdienst mit Festpredigt findet am Sonntag, 10 Uhr, in der Stadtpfarrkirche statt.

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