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Interview mit Monsignore Gottfried Fellner: Gottfried Fellner: "Diskussion um die Weihe von Frauen muss in der Weltkirche weitergehen"

Interview mit Monsignore Gottfried Fellner

Gottfried Fellner: "Diskussion um die Weihe von Frauen muss in der Weltkirche weitergehen"

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    Monsignore Gottfried Fellner (hier am Traunsee) hat als Regionaldekan und Dillinger Stadtpfarrer viele Spuren in der Region hinterlassen. Am 30. Juni wird der heute 79-Jährige in der Dillinger Basilika sein 50. Priesterjubiläum feiern.
    Monsignore Gottfried Fellner (hier am Traunsee) hat als Regionaldekan und Dillinger Stadtpfarrer viele Spuren in der Region hinterlassen. Am 30. Juni wird der heute 79-Jährige in der Dillinger Basilika sein 50. Priesterjubiläum feiern. Foto: Fellner (Archivbild)

    Warum sind Sie denn nach Ihrem Abschied als Kurat der weltberühmten Wieskirche nicht in den Landkreis Dillingen zurückgekehrt? Immerhin haben Sie hier 26 Jahre lang als Dillinger Stadtpfarrer viele Spuren hinterlassen?
    GOTTFRIED FELLNER: Es gab für mich mehrere Optionen: Steingaden-Wies, Dillingen, Traunkirchen, meine Geburtsheimat, Stift Wilten Innsbruck oder Feldheim – meine Primizpfarrei. Schließlich bin ich mit meiner langjährigen Hausfrau Rita Beißer beim Angebot meines ehemaligen Dillinger Kaplans Andreas Straub hängengeblieben. Er ist jetzt Stadtpfarrer und Dekan von Mindelheim und suchte für das Haus eines verstorbenen Mitbruders in Oberauerbach einen Ruheständler. Ich sagte zu, und es war eine gute Entscheidung, die ich auch dem „Wiesheiland“ zuschreibe.

    Ist die Wieskirche auch an Pfingsten einen Besuch wert oder ist dieses Barock-Juwel inzwischen zu überlaufen?
    FELLNER: Die Wieskirche als ein „Stück Himmel auf Erden“ ist immer einen Besuch wert! 

    Ihr 50. Priesterjubiläum steht vor der Tür. Warum feiern Sie es in Dillingen?
    FELLNER: Hier in Dillingen, wo ich fast 50 Jahre meines Lebens verbracht habe, bin ich am 14. Juli 1974 in der Studienkirche zum Priester geweiht worden. So liegt es nahe, dass ich mit Dillingen, meiner „zweiten Heimat“, das Patrozinium Peter und Paul am 30. Juni, mit Gedenken an 50 Priesterjahre, feiere. Meinem Nach-Nachfolger Monsignore Harald Heinrich bin ich dankbar, dass er auch die Festpredigt übernimmt. 

    Warum wollten Sie Priester werden?
    FELLNER: Das hat viele Gründe: eine Reihe von geistlichen Berufungen in der Fellner- und Wolfsgruber-Familie. Hervorragende leidenschaftliche Dorfpfarrer, die das Herz am Ohr der Menschen und die Hand am Puls der Zeit hatten. Die geistliche Ausrichtung auf den Priesterberuf im Seminar. Auch die Ermutigung durch Freunde und Freundinnen, diesen Weg zu beschreiten, die Liebe zur Liturgie, zur Kirche, der ständige Kontakt zu Mitbrüdern und geistlichen Begleitern.

    Haben Sie die Entscheidung gelegentlich bereut?
    FELLNER: Wie jeder Mensch, ob verheiratet oder zölibatär, kenne auch ich Zeiten des Zweifels am rechten Weg, die Versuchung auszusteigen und einen anderen Weg zu beschreiten. Jedenfalls bin ich bis heute zu meinem einmal gegebenen „Ja“ gestanden, weil ich dazu immer wieder von Freunden und vom Herrgott ermutigt wurde.

    Der katholischen Kirche laufen derzeit – ebenso wie der evangelischen – die Mitglieder in Scharen davon. Bedrückt Sie das?
    FELLNER: Natürlich bedrückt und schmerzt mich das! Umso mehr versuche ich, den Menschen eine Pastoral (Seelsorge) der Barmherzigkeit in Wort und Tat anzubieten. Da gelingt es mir aber oft nicht, zu überzeugen. Letztlich gibt es immer wieder auch Menschen, die ich nicht erreicht habe und überzeugen konnte, zu bleiben. Dann wünschte ich mir, dass alle, die aussteigen, bei unserem Gott geborgen bleiben. Es bleibt mir nur die Segensgeste jeden Abend.

    Seit 50 Jahren im Weinberg des Herrn: Gottfried Fellner feiert demnächst sein 50. Priesterjubiläum.
    Seit 50 Jahren im Weinberg des Herrn: Gottfried Fellner feiert demnächst sein 50. Priesterjubiläum. Foto: Fellner

    Reicht es, auf Gott zu vertrauen, oder müsste sich die katholische Kirche nicht selbst deutlich ändern?
    FELLNER: Ohne das Gottvertrauen würde ich an der Menschheit und an der Kirche verzweifeln. Mein innigstes Gebet beim Wiesheiland war immer: „Geißelheiland mach du’s, ich kann es nicht. Ich verlasse mich darauf, dass du es gutmachen wirst!“ Natürlich muss sich die Kirche immer wieder ändern. „Eccelsia semper reformanda“ – die Kirche ist immer reformbedürftig. Kirche – das sind wir alle! – muss an die „Ränder gehen“, wie es Papst Franziskus ständig fordert, um die Trauer und Angst, die Freude und Hoffnung der Menschen zu teilen. Mit dem verstorbenen Bischof von Evreux, Jaques Gaillot, bin ich der Meinung: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts mehr.“

    Die unzureichende Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche wird von vielen heftig kritisiert. Ist diese Kritik berechtigt?
    FELLNER: Ja, sie ist berechtigt, weil die Missbrauchsskandale ans Licht gebracht haben, dass die Sexualmoral der Kirche in vielen Fällen mit Macht und falsch verstandener Sexualität zu tun hat. Im Sexualleben geht es um Ehrfurcht und Verantwortung vor den Menschen. Überall wo diese Ehrfurcht und Verantwortung fehlen, kommt es zu kriminellen Handlungen. Das gilt für die ganze Gesellschaft. Die Kirche hat als erste Großinstitution mit diesem schmerzhaften Prozess der Aufarbeitung begonnen, auch wenn teilweise unzureichend.

    In einem Interview in unserer Zeitung haben Sie schon vor fast 35 Jahren gesagt, dass Sie sich die Weihe von Frauen zu Diakoninnen vorstellen können. Bedauern Sie es, dass dies noch immer nicht passiert ist?
    FELLNER: Ja, das bedauere ich sehr. Das Diakonat von Frauen war schon in den ersten Jahrhunderten der Kirche ein wichtiger Dienst. Ich hoffe, dass sich Papst Franziskus bald für das Diakonat der Frauen entscheidet, auch wenn dies weite Teile der Weltkirche (noch) nicht fordern. 

    Verstehen Sie den Unmut vieler Frauen, die sich als Kirchenmitglied zweiter Klasse fühlen, weil sie von den Weiheämtern der katholischen Kirche ausgeschlossen sind?
    FELLNER: Gott sei Dank hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass das frauliche, mütterliche, geistliche Element mehr als bisher in der Kirche eingesetzt werden muss. Viele verantwortliche Stellen in der Kirche werden jetzt auch mit Frauen besetzt. Die Diskussion um die Weihe von Frauen muss in der Weltkirche unbedingt weitergehen. Dass das ein schwieriger Prozess ist in einer Weltkirche mit unterschiedlichsten Vorstellungen, ist nachvollziehbar und braucht Geduld. Ich vertraue auf die Kraft des Heiligen Geistes!

    Der Papst hat Vertreter und Vertreterinnen des Synodalen Weg zurückgepfiffen. Können Sie den Frust der Beteiligten verstehen?
    FELLNER: Auf dem Hintergrund des Briefes von Papst Franziskus an die Gläubigen in Deutschland – man sollte dieses Schreiben unbedingt lesen! – ist die Sorge des Papstes um einen „Alleingang“ der Kirche in

    Übernehmen Sie in Oberauerbach als Pfarrer im Ruhestand noch Aufgaben als Seelsorger?
    FELLNER: Als „adscribierter“ Pfarrer im Ruhestand arbeite ich gerne mit in der Pfarreiengemeinschaft Mindelheim. Ich werde als Pfarrer i. R. (in Reichweite) sehr gebraucht, bin erwünscht und anerkannt. Es macht mir große Freude, auch im Alter noch die Frohe Botschaft verkünden zu dürfen. Es wird mir nicht langweilig.

    Pfingsten ist ein Hochfest der Kirche. Mögen Sie dieses Fest?
    FELLNER: Pfingsten ist für mich ein Fest, das in die Zukunft der Kirche weist. Was damals an Pfingsten geschah, geschieht immer wieder. Menschen wissen nicht mehr weiter. Sie haben Angst vor der Zukunft. Aber – sie kommen zusammen, weil sie unerschütterlich an Gott glauben, sie vertrauen ganz fest, dass Gott sie nicht im Stich lassen wird. Sie beten einmütig und zuversichtlich um den Geist Jesu. Und er kommt. Ihre Herzen werden stark und sie spüren den Mut, das, was sie erfahren, auch anderen weiterzuerzählen. Für immer hat sich das Wort Jesu an schwachen Menschen erfüllt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und meine Zeugen, meine Märtyrer sein, bis an die Grenzen der Erde.“ (Apg 1,8).

    Was macht Sie optimistisch, dass der christliche Glaube und die Kirche eine Zukunft haben?
    FELLNER: Ein Gebet des Jesuitenpaters Theo Schmidkonz – mein geistlicher Begleiter durch 50 Jahre –, das mir immer wieder Ermutigung und Kraft gibt, soll diese Frage beantworten: "Gott, unser Vater, Du hast Deinen Geist der Kirche verheißen und sie berufen, das Werk Jesu auszubreiten. Du hast Deinen Geist uns allen geschenkt und uns befähigt, Dir grenzenlos zu vertrauen, auf Deine neue Welt zu hoffen, einander aufrichtig zu dienen. Bleibe bei uns mit Deinem Heiligen Geist. Amen."

    Zur Person

    Gottfried Fellner wurde am 15. April 1945 geboren. Er stammt aus Altmünster im österreichischen Salzkammergut. 1969 kam Fellner nach Dillingen, er wurde Präfekt am Bischöflichen Studienseminar St. Ulrich. Die Priesterweihe empfing der heute 79-Jährige in der Dillinger Studienkirche. Ab 1975 unterrichtete Fellner am Sailer-Gymnasium Religion, von 1975 bis 1985 war er Pfarrvikar in Finningen. Danach wurde Fellner Dillinger Stadtpfarrer und 1987 Regionaldekan der Diözesanregion Donau-Ries. 2012 berief Bischof Konrad Zdarsa Fellner als Kurat der Wieskirche. Dieses Amt füllte der Seelsorger bis 2022 aus. Seit zwei Jahren ist Fellner nun Ruhestandspfarrer in Oberauerbach bei Mindelheim. 

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