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Traktor-Pulling: "Es ist total sinnbefreit und es macht Spaß"

Holzheim

Traktor-Pulling in Holzheim: "Es ist total sinnbefreit und es macht Spaß"

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    Schon in der kleinsten Klasse, dem Garden Pulling, rauchen die Auspuffe gewaltig. Die Maschinen fahren übrigens mit Ethanol und dem deutlich weniger schädlichen HVO-Diesel.
    Schon in der kleinsten Klasse, dem Garden Pulling, rauchen die Auspuffe gewaltig. Die Maschinen fahren übrigens mit Ethanol und dem deutlich weniger schädlichen HVO-Diesel. Foto: Jonathan Mayer

    Für Lars Gilbert beginnt dieser Tag mit einem Schnaps. Morgens um 6.30 Uhr unsanft geweckt, steht plötzlich einer seiner besten Freunde mit einer ganzen Flasche vor ihm. "Ich dachte, ich hab' 'nen Albtraum", scherzt er. Wie Patrick Tamm genau in die Wohnung gekommen ist, bleibt ein Rätsel. Tatsache ist aber: Der Kurze hilft beim Wachwerden. Dann werden Zähne geputzt, danach wird ins Auto gestiegen. Der ganze Freundeskreis ist dabei. 412 Kilometer später sind allesamt in Holzheim und schauen zu, wie aufgemotzte Traktoren schwere Bremswagen über eine Wiese ziehen. Andere Freunde hatten ihren Junggesellenabschied in Düsseldorf, Köln oder sonst wo. Aber für Gilbert, der mit einem Bier in der Hand Richtung Fahrbahn schaut, steht in diesem Moment am Samstagnachmittag fest: "Das hier, das ist wirklich top."

    Junggesellenabschied mal anders: Lars Gilbert (im roten Shirt) wird im Juni heiraten. Seine Freunde haben ihn aus Hessen nach Holzheim gebracht.
    Junggesellenabschied mal anders: Lars Gilbert (im roten Shirt) wird im Juni heiraten. Seine Freunde haben ihn aus Hessen nach Holzheim gebracht. Foto: Jonathan Mayer

    Gilbert, Tamm und die anderen kommen aus Angelburg-Gönnern in Hessen. Bei ihnen im Ort gibt es einen Traktor-Club, auch Traktor-Pulling findet in der Nähe regelmäßig statt. Dort haben sie irgendwann Michael Hamprecht kennengelernt. Der Holzheimer ist Vorsitzender des Süddeutschen Traktor-Pulling-Clubs (SDTPC). "Einer meiner engsten Freunde", sagt Gilbert. Deshalb ist die Überraschung zu seinem Junggesellenabschied besonders gelungen. Man könnte meinen, beim Traktor-Pulling geht es um große Maschinen, Rauch und ein antiquiertes Bild von Männlichkeit. Doch wer sich in Holzheim am Wochenende umhört, der wird eines Besseren belehrt: Hier geht es um Freundschaften, um Familie. Gilbert findet: "Hier geht es um die Gesellschaft. Wir sind 400 Kilometer gefahren und kennen immer noch einige. Beim Traktor-Pulling sind alle eine Familie." Als ob es dafür einen Beweis bräuchte, läuft einige Meter entfernt ein Mann vorbei. Der eine schreit, der andere winkt, beide lachen. Dann lädt Gilbert ihn auf ein Bier ein. 

    Aus der ganzen DACH-Region kommen die Leute nach Holzheim

    Samuel Bott sowie Dietmar und Simon Gutheiß haben ihr eigenes Tractor-Pulling-Team gegründet.
    Samuel Bott sowie Dietmar und Simon Gutheiß haben ihr eigenes Tractor-Pulling-Team gegründet. Foto: Jonathan Mayer

    50 Meter weiter reihen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer entlang der Strecke auf. Nicht nur Kinder, auch einige Erwachsene tragen hier lieber Kopfhörer. Denn es wird laut. Gerade messen sich die Maschinen der kleinsten Kategorie im sogenannten Garden Pulling. Die umgebauten Gefährte erinnern nur noch entfernt an ihre Artverwandten, Rasenmäherbulldogs. Gerade macht sich der nächste Fahrer bereit. Er gibt Vollgas, aus dem Auspuff schießt schwarzer Rauch, übers Gelände schallt das laute Krachen des Motors. Das Fahrzeug setzt sich in Bewegung, zieht den Bremswagen hinter sich mit. 40 Meter, 45 Meter, 50 Meter. Dann, bei 54,58 Metern beißen sich die Reifen in die Erde. Das war's. 

    Der Rauch gehört einfach dazu: Dieses Team macht sich zum Wettkampf bereit.
    Der Rauch gehört einfach dazu: Dieses Team macht sich zum Wettkampf bereit. Foto: Jonathan Mayer

    Simon Schreier aus Rehling im Landkreis Aichach-Friedberg und Michael Schmidberger aus Rain am Lech haben sich unter die Leute am Streckenrand gemischt und schauen gebannt zu. "Mir geht's nicht um die Bulldogs, sondern um die Motoren", sagt Schmidberger. Die Teams schrauben alle hobbymäßig an ihren Maschinen. Das finden die beiden 18-Jährigen spannend. Sie wollen an diesem Tag auch noch auf die großen Maschinen warten. 

    Mehr als 2000 Besucher erwarten die Veranstalter beim Traktor-Pulling in Holzheim

    Die Vorsitzenden des Süddeutschen Tractor-Pulling-Clubs: Hans Schwaiger, links, und Michael Hamprecht.
    Die Vorsitzenden des Süddeutschen Tractor-Pulling-Clubs: Hans Schwaiger, links, und Michael Hamprecht. Foto: Jonathan Mayer

    Die Veranstalter des SDTPC mit Sitz in Holzheim sind schon am Samstagmittag zufrieden. Seit 2016 hat sich das Traktor-Pulling etabliert. Nicht nur Teams, auch Zuschauer aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen nur dafür nach Holzheim. Vorsitzender Michael Hamprecht und zweiter Vorsitzender Hans Schwaiger rechnen mit 2000 bis 3000 Besucherinnen und Besuchern. Auch für sie steht das Miteinander an diesem Wochenende im Mittelpunkt. "Wir sind eine große Familie", sagt Schwaiger.

    Während andere den Nachmittag genießen, steigt bei Simon Gutheiß und Samuel Bott die Nervosität. Sie sind zum zweiten Mal überhaupt mit ihrem Team beim Traktor-Pulling dabei. "Unser Fahrer ist entspannt, nur wir nicht", sagt Gutheiß und lacht. Das Team aus Dörzbach zwischen Heilbronn und Würzburg hat einen IHC 1046 umgebaut. Am Abend wird der zeigen, was er kann. Ihnen geht's bei ihrem Hobby ums Schrauben und Bauen. "Es ist spannend zu sehen, was man aus so einem Schlepper rausholen kann", sagt Bott. Dann klingt sich der Fahrer ein, Dietmar Gutheiß. Schon als Kind habe ihn das Traktor-Pulling fasziniert. Im Erwachsenenalter habe er sich dann endlich mit dem aufgemotzten Schlepper einen Traum erfüllt. Auf die Frage, was ihn so daran begeistert, hat er eine ganz eigene Antwort: "Ein Hobby darf keinen Sinn machen. Es ist total sinnbefreit und es macht Spaß." 

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