Den Anfang mach der Wagen mit dem Logo der Höchstädter Schlossfinken. Ruckzuck fährt er über den Höchstädter Marktplatz. Dann kommen auch schon die Faschingsfreunde Münsterhausen mit Hänsel und Gretel um die Ecke, gefolgt von einem Wagen von Mad Max. Gebaut hat sie alle einer. Rico Laukner. Der 17-jährige Dillinger, der eine Autismus-Spekturm-Störung hat, liebt den Fasching. Besonders angetan haben es ihm die bunten, großen Faschingswagen. Die baut er in Miniaturformat bereits seit rund vier Jahren nach. Für die Höchstädter Schlossfinken hat er nun sogar einen ganzen Umzug nachgestellt, der auf einem Video festgehalten ist.
Seine Mutter Ines Laukner erklärt: „Rico sammelt Bulldgs und Autos. Das ist sein Steckenpferd.“ Mit seiner Begeisterung hat er inzwischen längst die ganze Familie angesteckt. Und so kommt es, dass jeder von ihnen eine feste Aufgabe bei der Produktion innehat.
Der Jugendliche findet Inspiration bei alten Umzügen
Inspiration erhält Rico unter anderem aus Flyern von alten Faschingsumzügen. Hat er sich entschieden, was er bauen möchte, muss es schnell gehen. „Er ist manchmal sehr ungeduldig und alles muss immer sofort sein“, verrät seine Mutter. Sie ist bei seinen Faschingswagen für den Feinschliff verantwortlich. Rico sagt ihr ganz genau, was sie aufmalen muss. Das Holz für die Verkleidungen schneidet der 17-Jährige Größtenteils selbst aus. Nur bei schwierigen Parts wie Treppen oder Geländer bekommt er Hilfe von seinem Papa Uwe Laukner. „Mein Mann hat sich sogar extra eine Säge für diese Arbeit gekauft, die jetzt im Keller steht“, sagt Ines Laukner und lacht. Sind alle Holzteile ausgesägt, klebt Rico sie mit Heißkleber an seinem Bulldog fest. Und malt anschließend dunkle Flecken auf die Wagen. „Das sind die Lautsprecher“, erklärt seine Mutter. Die mache er immer selbst.
Inzwischen haben die Laukners in ihrem Einfamilienhaus schon fast ein komplettes Zimmer mit den Faschingswagen voll. Ines Laukner verrät: „Wenn ihm einmal etwas nicht mehr gefällt, dann wird alles weggerissen und es kommt etwas Neues drauf.“ Das sei aber nur selten der Fall. Deshalb braucht der 17-Jährige auch regelmäßig Nachschub bei seinen Bulldogs. Dafür kommen aber nur ganz bestimmte Fahrzeuge in Frage. „Er achtet sehr auf Details“, erklärt seine Mutter. Das könne schon mal teuer werden. Die Familie unterstütze ihn aber dennoch gerne bei seinem Hobby.
Eine Leidenschaft für Faschingswagen
Seine besondere Leidenschaft kennt auch sein ehrenamtlicher Betreuer Marius Zimmermann. Seit sechs Jahren verbringt er bis zur Corona-Zwangspause einmal in der Woche einen Abend mit Rico. „Ich kenne seine Begeisterung und freue mich, dass er so viel Spaß daran hat“, sagt er. Angefangen habe alles noch mit ausgedruckten Papierbildern, die Rico auf die Wagen geklebt hatte. Mit der Zeit seien seine Arbeiten aber immer professioneller geworden. Auch ihn habe der 17-Jährige ab und an beim Basteln um Hilfe gegeben. Beim Anmalen, habe er aber abgelehnt. „Bei mir wären das alles nur Strichmännchen geworden“, scherzt er.
Zimmermann, der selbst bei den Schlossfinken aktiv ist, hat Rico überhaupt erst mit der Höchstädter Narrengesellschaft zusammengebracht. Gemeinsam mit der Familie Laukner hatte er das Projekt mitbetreut und fleißig Ideen gesammelt. Als er den Vorschlag schließlich den Schlossfinken gemacht hatte, war die Resonanz durchweg positiv. Er erklärt: „Alle haben unsere Idee gefeiert und sich riesig über die Aktion gefreut.“ Dass die Kooperation so einfach und schnell zustande kam, freut auch Ricos Mutter.
Vor dem Greenscreen fahren die Wagen auf und ab
Dann ging es also an die Umsetzung. Dazu hatten die Laukners extra ein Set aufgebaut. Vor einem grünen Hintergrund, einem sogenannten Greenscreen, sollten die Wagen auf und ab fahren. Im Nachgang konnte anschließend ein Bild vom Marktplatz in Höchstädt in das Video eingefügt werden. Damit der Dreh reibungslos ablaufen konnte, hatte jeder seine Aufgabe. Mama Ines Laukner musste die Kamera bedienen. Papa Uwe Laukner die Faschingswagen bringen. Marius Zimmerman zog sie anschließend an einer Angelschnur durch das Bild. Kommentiert wurde all das von Rico, der gemeinsam mit alter Faschingsmusik für Stimmung sorgt.
Das fertige Video kann sich sehen lassen, da sind sich alle Beteiligten einig. „Wir vermissen alle den Fasching“, sagt Zimmermann. Deshalb sei der Umzug im Miniaturformat wenigstens ein kleines Trostpflaster. Und auch Rico ist gerade mächtig stolz auf das Feedback, das bei ihm ankommt. „Er freut sich riesig über die ganze Aufmerksamkeit für seine nachgebauten Faschingswagen“, verrät Mutter Ines.
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