Die zwei Bodenmuster unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht wesentlich. Eines hat weniger blaue Farbe – der Favorit der Höchstädter Bücherei-Leiterin, wie Stadtbaumeister Thomas Wanner verrät. Aber: „Wir reden von circa 650 Euro mehr, wenn wir diese Variante wählen.“ Eine – im Bezug auf die Gesamtkosten – geringe Summe. Oder? „Nein. Wir haben finanziell keine Luft mehr nach oben. Wir werden alles ausschöpfen, da gibt es keinen Spielraum“, sagt Wanner deutlich. Denn das, was in der ehemaligen Mädchenschule, dem IBIZ, in Höchstädts Stadtmitte entstehen soll, ist nicht nur ein einmaliges Leuchtturmprojekt. Es ist auch kostenintensiv. Darüber und über den aktuellen Sanierungsstand informierten sich die Bauausschuss-Mitglieder bei ihrer Sitzung am Montagabend vor Ort.
Der Schützenverein wollte doch nicht ins Höchstädter IBIZ
Dass das historische Gebäude in der Nähe der Stadtpfarrkirche eingerüstet ist, daran haben sich die Höchstädter längst gewöhnt. Aber erst seit wenigen Wochen wird auch wieder richtig dort gewerkelt. Denn, so erklärt der Stadtbaumeister weiter, ein gutes halbes Jahr herrschte beinahe Stillstand. Zumindest auf der Baustelle – weil umfangreiche Umplanungen gemacht werden mussten. Wie berichtet, hat der Schützenverein, der bislang in der alten Mädchenschule untergebracht war, Anfang 2019 entschieden, dass er künftig doch nicht im IBIZ (Interkommunales Bildungs- und Integrationszentrum) beheimatet sein will. „Das hatte zur Folge, dass eben andere Nutzungen wieder möglich waren und auch andere Vereine Interesse zeigten“, so Wanner weiter, und: „Das hat aber auch bedeutet, dass wir das Raumprogramm komplett ändern mussten.“ Denn die alte Mädchenschule soll nicht nur saniert werden. Es entsteht „etwas Besonderes, etwas Einzigartiges“, so der Stadtbaumeister.
Wie berichtet, ist der Gebäudekomplex, der offiziell zu Höchstädts historischer Altstadt zählt, in der amtlichen Denkmalliste erfasst. Den Kopfbau bildet die Spitalkirche, westlich schließt ein zweigeschossiger Satteldachbau mit Giebel und Schleppgauben an und daran wiederum ein dreigeschossiger Bau – letzterer war die ehemalige Mädchenschule. In enger Zusammenarbeit mit der kommunalen Städtebauförderung wurde der erste Bauabschnitt mit einer Gesamtinvestition von knapp einer Millionen Euro im Herbst 2014 fertiggestellt. Etwa 400.000 Euro wurden insgesamt gefördert. Im sanierten Bauabschnitt eins findet derzeit mit Zustimmung der Regierung von Schwaben eine Interimsnutzung mit Vorbildfunktion statt: Flüchtlinge können dort lernen.
Denn, so auch das abgestimmte Nutzungskonzept: Im IBIZ liegen die Schwerpunkte, so erklärt Bürgermeister Gerrit Maneth bei der Ortsbesichtigung, auf Senioren, Familien, Flüchtlingsbetreuung, Vereine und Musik. „Wir können mit dem IBIZ eine neue, kulturelle Möglichkeit schaffen, mit der unsere Stadt an Attraktivität gewinnen wird. Das ist uns der Preis wert“, sagt Maneth. Und er ist auch zuversichtlich: Wie er bei der Ausschusssitzung sagt, habe er Landrat Leo Schrell für Juli dieses Jahres einen Einweihungstermin bestätigt. „Es ist eine große Herausforderung für uns und alle beteiligten Handwerker“, so Maneth. Denn, und das betont Stadtbaumeister Thomas Wanner mehrfach: „Wir erleben immer wieder Überraschungen und müssen teils umplanen.“ So werden beispielsweise die uralten Holzbalken mithilfe von speziellen Schrauben oder teils nur kleinen „Holzsteckern“ erhalten. Plötzlich kommt aber auch ein Stahlträger, der in keinen Unterlagen eingezeichnet ist, zum Vorschein. Und das Treppenhaus, so Wanner weiter, muss in jedem Fall aus Gründen des Denkmalschutzes erhalten bleiben. Die Treppe stamme laut Experten aus dem 14. oder 15. Jahrhundert – eine wahre Rarität. Für die Sanierung brauch es aber exzellente Handwerker, genaue Planungen und gute Nerven, heißt es. Deshalb, das geht ebenfalls in offiziellen Unterlagen hervor, bezeichnet die Regierung von Schwaben das Engagement der Stadt Höchstädt als „beispielhaft“.
Denn, so stellen Wanner und Maneth dem Ausschuss am Montag den Bauabschnitt zwei vor: Dort, wo vorher die Schützen waren, finden künftig Proben des Musikvereins Donauklang statt. Die Stadtbücherei zieht vom alten Rathaus am Marktplatz in die neuen Räume und auch der Pflegestützpunkt des Landkreises Dillingen soll im IBIZ einen Raum bekommen. Zudem haben weitere Vereine der Stadt ihr Interesse bereits geäußert. Deshalb, so erklärt es Bürgermeister Wanner, haben manche Räume teils Doppelnutzung – auch ein Bestandteil der Förderungsvorgaben. Alles barrierefrei, ein Personenaufzug führt in alle Stockwerke. Unterm Dach entsteht dabei ein besonderer Hingucker. Dort können – wenn die Corona-Pandemie es dann wieder zulässt – Lesungen, kleinere Konzerte oder Veranstaltungen stattfinden. Sichtbalken, indirekte Beleuchtungen, offene Gestaltung, ... Wanner: „Das wird ganz, ganz toll.“ Und teuer. Zumindest geht der Stadtbaumeister auf Nummer sicher und hat die alte Küchenzeile vom Bauhof ausbauen und aufbewahren lassen: „Ich hoffe natürlich schon, dass wir am Ende noch was für eine Neue übrig haben, aber man weiß nie“. Knapp zwei Millionen Euro Gesamtkosten sind für den zweiten Bauabschnitt eingeplant. Lange musste die Stadt auf den Bescheid warten, um weitermachen zu können. Dafür soll jetzt alles schnell gehen. Der Einweihungstermin steht – mit einem Büchereiboden, der entweder etwas mehr oder weniger blaue Farbe hat.
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