Für Menschen, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen, war er eine willkommene Anlaufstelle: der Rotkreuz-Laden „Vielerlei“ in der Höchstädter Herzogin-Anna-Straße 5. Doch die Tage des Kleiderladens und des Möbellagers sind gezählt. Die Einrichtung schließt zum Monatsende, bestätigt der Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands, Stephan Härpfer, auf Anfrage.
Härpfer begründet die Schließung mit finanziellen Gründen. Bereits im vergangenen Jahr habe das Rote Kreuz mit dem Vielerlei ein Minus von etwa 30.000 Euro gemacht, und heuer wäre seinen Worten zufolge das Defizit weiter angestiegen. „Mir tut das leid, wir hätten den Gebrauchtwarenladen gerne weitergeführt, aber wir können ihn nicht langfristig aus Rotkreuz-Mitteln finanzieren“, erläutert der Geschäftsführer.
Bis zu 13 Langzeitarbeitslose arbeiteten im Möbellager des BRK im Landkreis Dillingen
Der Betrieb des Möbellagers sei ein Projekt des Roten Kreuzes zusammen mit dem Dillinger Jobcenter gewesen, informiert Härpfer. Bis zu 13 Langzeitarbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund, die dort Möbel hergerichtet und ausgeliefert haben, seien anfangs in der 2017 eröffneten Einrichtung beschäftigt worden. Mit dem Ziel, sie in den sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Dazu hatte das BRK einen Psychologen und einen Schreinermeister angestellt. Im Laufe der Zeit habe das Jobcenter aber immer weniger Ein-Euro-Jobber geschickt, am Schluss nur noch drei oder vier. Der Beitrag zur Finanzierung der Einrichtung sei deshalb gesunken. Und wegen der Pandemie seien auch die Einnahmen im Möbellager stark gesunken. „Corona war am Ende noch der Sargnagel“, sagt Härpfer. Lange Schließzeiten, keine Langzeitarbeitslosen – da habe er die Notbremse ziehen müssen, bittet der Kreisgeschäftsführer um Verständnis.
Der Leiter des Dillinger Jobcenters, Michael Künast, weist darauf hin, dass das Vielerlei eine Einrichtung des Roten Kreuzes sei. Das Jobcenter habe Ein-Euro-Jobber geschickt und dem BRK dafür pro Teilnehmer den Mehraufwand für die Betreuung bezahlt. Das Potenzial an Ein-Euro-Jobbern sei aber nach unten gegangen, informiert Künast. Der Grund: Es hätten viele Kunden in reguläre Arbeitsverhältnisse vermittelt werden können. Und es gebe auf dem Arbeitsmarkt auch andere Instrumente, um Langzeitarbeitslose zu fördern, wie Künast erläutert. Etwa durch die 100-prozentige Übernahme der Lohnkosten des Arbeitnehmers. „Wir hatten bei uns nicht mehr Kunden, die wir schicken konnten“, bedauert Jobcenter-Leiter Künast. Und es sei ja auch für alle gut, wenn Langzeitarbeitslose auf dem ersten Arbeitsmarkt unterkommen.
Das Möbellager des BRK in Höchstädt wird aufgegeben
Menschen mit geringem Einkommen konnten sich gut im Vielerlei versorgen. Kleidungsstücke gab es dort schon für 50 Cent. Schuhe, Haushaltswaren, Spielsachen, Matratzen, Stockbetten, Tische, Schränke – all dies war zu äußerst günstigen Preisen zu erhalten. BRK-Kreisgeschäftsführer Härpfer sagt, dass der Rotkreuzladen auf ehrenamtlicher Basis weitergeführt werden soll. Dazu habe es in Höchstädt bereits einen Besichtigungstermin gegeben. Die Örtlichkeit sei geeignet, jetzt müssten nur noch ehrenamtliche Helfer gefunden werden. Das Möbellager, das für Bedürftige im gesamten Landkreis Dillingen konzipiert war, werde aber aufgegeben. Es wäre laut Härpfer sinnvoll, wenn ein Nachfolger gefunden werden könne, der diese Einrichtung weiterbetreibt.
Eigentümer des Ladens, in dem früher einmal der Schlecker-Markt und der Discounter Plus untergebracht waren, ist der Höchstädter Max Lipp. Im Vielerlei habe es gute Kleidung und schöne Möbel für wenig Geld gegeben, sagt der Vermieter. Er habe aber bereits einen Nachmieter gefunden, informiert Lipp, ohne Details zu nennen. Bereits am 1. Juli soll dort nach Informationen unserer Zeitung die Neueröffnung sein.
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