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Gundelfingen: Wie Conny Deisler ein Stück Gundelfinger Geschichte bewahrt

Gundelfingen

Wie Conny Deisler ein Stück Gundelfinger Geschichte bewahrt

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    Conny Deisler hat die alte Gundelfinger Rathausuhr aus dem Jahr 1904 restaurieren lassen. Das Sammlerstück steht nun in seinem Zimmer.
    Conny Deisler hat die alte Gundelfinger Rathausuhr aus dem Jahr 1904 restaurieren lassen. Das Sammlerstück steht nun in seinem Zimmer. Foto: Andreas Schopf

    An der Türe kündigt ein Schild das an, was den Besucher im Inneren des Raumes erwartet. „Opas unglaubliches Uhrenmuseum“, steht da handgeschrieben. Die Zeilen stammen vom achtjährigen Vincent, dem Enkel von Conny Deisler. Er ist der „Opa“, der in seinem Zimmer zahlreiche historische Uhren sammelt. 18 sind es allein in diesem Raum, 22 in der gesamten Wohnung. „Uhren haben mich schon immer fasziniert“, sagt Deisler, der in Gundelfingen unter anderem durch seine Büttenreden im Fasching bekannt ist. Die Leidenschaft für Zeitmesser habe er von seinen Eltern und Großeltern geerbt. Kleinere Reparaturen an den Uhren könne er sogar selbst durchführen.

    Conny Deisler findet alte Gundelfinger Rathausuhr

    Deislers Sammlung hat vor kurzem einen ganz besonderen Neuzugang erhalten. Es ist das Uhrwerk der alten Gundelfinger Rathausuhr aus dem Jahr 1904, das in den 1970er-Jahren gegen ein neues ausgetauscht wurde. Das Werk stammt vom berühmten Uhrmacher Johann Mannhardt aus München. Er hat unter anderem auch die historischen Turmuhren in der Münchner Frauenkirche sowie im Kölner Dom gefertigt. Auf das Sammlerstück aus Gundelfingen ist Deisler durch Zufall gestoßen. Vor etwa drei Jahren stand im Raum, dass das katholische Pfarrheim verkauft werden sollte. Um dort Platz zu schaffen, sollte das Mobiliar in einen Lagerraum gebracht werden, wo auch das Burggrabentheater Requisiten und Bühnenmöbel lagerte. Der Bestand des Theaters, bei dem auch Deisler mitspielt, musste also verkleinert werden. Aus diesem Anlass lief er erstmals durch die ganze Halle und entdeckte hinten im Eck die alte Turmuhr. „Ist die schön“, dachte sich Uhrenliebhaber Deisler, der das Sammlerstück behalten mochte. 

    Es stellte sich heraus, dass es sich um die alte Gundelfinger Rathausuhr handelt. Deisler fragte bei der Stadt nach, ob das Stück zu verkaufen sei. Zunächst bekam er eine Absage. Die historische Uhr kam zur Aufbewahrung in den Bauhof. Im Herbst 2019 erhielt Deisler dann einen überraschenden Anruf von der Stadt, berichtet er. Falls er weiterhin Interesse habe, könne er die Uhr nun erwerben, hieß es, jedoch unter einer Bedingung: Das Stück Gundelfinger Geschichte muss in der Gärtnerstadt bleiben und darf nicht weiterverkauft werden. Deisler griff zu – und musste die Uhr erst einmal restaurieren lassen. Durch die Lagerung hatte sich deren Zustand verschlechtert, es hatte sich Rost gebildet. 

    Auch die Stadt Gundelfingen freut sich

    Der 68-Jährige machte sich auf die Suche nach Experten für historische Uhren. Deutschlandweit gebe es nur noch fünf Firmen, die sich auf Turmuhren spezialisiert haben, so Deisler. Anfang Januar brachte er das Stück zu einer Firma nach Rothenburg ob der Tauber. „Sie haben ein Juwel“, bekam er dort nach eigenen Angaben zu hören. Experten nahmen das Uhrenwerk Schraube für Schraube auseinander und behandelten es mit einem speziellen Uhrenöl. Auch Gewichte und zwei Glocken verbauten die Spezialisten in das Uhrwerk – eine kleinere Glocke für Viertel-, Halb- und Dreiviertelstunden, und eine größere für die vollen Stunden. In Betrieb kann die Uhr so alle 15 Minuten läuten.

    Das frisch restaurierte Uhrwerk mit einem Gewicht von 40 Kilogramm stellte sich Deisler schließlich in sein Zimmer. Von seinem neuen Sammlerstück ist er vollkommen entzückt. „Die Uhr ist in ihrer Art perfekt erhalten“, schwärmt er. Für das Uhrwerk sei viel Messing verbaut worden, außerdem ist es eingefasst mit Goldfarbe. Zwei- bis dreimal pro Woche zieht er die Uhr auf und lässt sie für etwa zwei Stunden laufen. Manchmal spielt er dazu Musik auf einem Grammophon. „Diese Rückbesinnung auf alte Zeiten, das mag ich einfach“, sagt er. Seine neue Uhr möchte er „um keinen Preis“ wieder hergeben. „Ich besitze jetzt ein Stück Gundelfinger Geschichte, worüber ich überglücklich bin.“ Das wolle er für die Nachwelt erhalten. Auch die Stadt Gundelfingen ist froh über den neuen Besitzer. „Wir freuen uns sehr, dass die Rathaus-Turmuhr in beste Hände gekommen ist und sich nun in einem super Zustand befindet“, so Hauptamtsleiter Heinz Gerhards.

    Deisler will auf jeden Kirchturm im Kreis Dillingen steigen

    Deisler hat nun endgültig die Uhren-Leidenschaft gepackt. Er liest historische Fachbücher und besuchte beispielsweise das Turmuhrenmuseum in Mindelheim – die 70 Kilometer dorthin einfach fuhr der fitte 68-Jährige übrigens mit dem Fahrrad. Auch mit dem berühmten Uhrmacher Johann Mannhardt beschäftigt er sich intensiv. In der Region gibt es neben dem Werk aus Gundelfingen offenbar nur noch eine Mannhardt-Uhr: in der evangelischen Kirche in Haunsheim. Um zu überprüfen, ob nicht doch irgendwo noch ein Uhren-Schatz versteckt ist, hat sich Deisler etwas vorgenommen: Er will auf jeden Kirchturm im Kreis Dillingen steigen.

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