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Dillingen: Tino Cours ist der Leiter des Dillinger Jugendamtes

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Tino Cours ist der Leiter des Dillinger Jugendamtes

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    Tino Cours leitet das Dillinger Jugendamt.
    Tino Cours leitet das Dillinger Jugendamt. Foto: Cordula Homann

    41 Jahre ist er alt, stammt aus Sachsen-Anhalt, wohnt im Landkreis Günzburg, ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder: Tino Cours ist der neue Leiter des Dillinger Jugendamtes.

    Ausgerechnet zum Einstand im Herbst passierte in Dillingen ein tragisches Ereignis: Ein Dreijähriger aus dem Landkreis starb (wir berichteten) – und die zuständigen Behörden standen unter Druck. „Als wir von dem Kind Kenntnis hatten, haben wir binnen Minuten einen runden Tisch einberufen und den Fall adäquat behandelt“, sagt Cours. Der Bub stammte aus Halle an der Saale, lebte erst kurz im Landkreis und war in der Augsburger Uniklinik gestorben. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen noch.

    Warum Inobhutnahmen ein heikles Thema sind

    Parallel dazu wurden im Landkreis Dillingen wesentlich mehr Kinder in Obhut genommen als im Vorjahr. Das ist laut Cours ein sehr heikles Thema, weil eine Inobhutnahme den stärksten Eingriff in das Familienrecht bedeutet. Etwa bei Kindeswohlgefährdung. Bei einer Inobhutnahme wird das Kind vorerst woanders untergebracht.

    Das Jugendamt prüft dann, wie man der Familie helfen kann. Entweder mit ambulanter oder stationärer Hilfe. Ist etwa eine Erziehungsbeistandschaft notwendig oder eine Schulbegleitung? Es gehe nicht nur um den Nachwuchs, sondern um die ganze Familie, betont Cours. Er hatte in Thüringen Rechtswissenschaften studiert und hat dann in Augsburg im sozialen Bereich, darunter auch im Jobcenter, gearbeitet. Über seine Stelle als Teamleitung „Beistandschaft und Unterhaltsvorschuss“ im Günzburger Jugendamt kam er schließlich nach Dillingen.

    Wieso die Öffentlichkeit wachsamer geworden ist im Umgang mit Kindern

    Auch Eltern bräuchten oft Unterstützung – und da könne das Jugendamt helfen. „Die Gesellschaft hat sich im Umgang mit Kindern schon verändert“, sagt der 41-Jährige. In der Öffentlichkeit sei die Sensibilität für mögliche Kindeswohlgefährdung gestiegen, und damit entsprechende Meldungen aus der Öffentlichkeit. Die braucht das Jugendamt auch. „Wir müssen Kenntnis haben über einen Fall. Ohne bestimmte Anhaltspunkte können wir nicht agieren“, betont Cours.

    Das aber wiederum führt zu einem teils schlechten Bild des Jugendamts in der Öffentlichkeit. Wenn Mitarbeiter der Behörde in der Nachbarschaft auftauchen, würden die Menschen immer das Schlimmste annehmen: Da wird ein Kind abgeholt und weggebracht. „Viele Eltern haben Vorbehalte. Sie sollten sich aber darüber bewusst werden, dass das Jugendamt hilft. Es geht nicht darum, dass jemand etwas falsch gemacht hat – so sollte das die Öffentlichkeit sehen“, appelliert Cours. Dann würden die vielfältigen Maßnahmen des Jugendamtes besser angenommen werden. Man könnte Familien etwa über die koordinierende Kinderschutzstelle (Koki) schon ab der Schwangerschaft bis zum dritten Lebensjahr des Kindes begleiten, unterschwellig, unkompliziert, kostenlos.

    „Ich denke, in vielen Fällen sind die Eltern der Schlüssel. Sie sollten uns als Unterstützung sehen, das hätte ich gern.“ Bei entsprechenden Nachfragen von Eltern könnte sich der Jugendamtsleiter neue Konzepte vorstellen, etwa mehr Gruppenarbeit. Zum Beispiel Kochkurse für Eltern mitsamt ihrem Nachwuchs. Dafür bräuchte es einen Träger, vielleicht eine Krankenkasse, erklärt Cours. Doch es sei eine einfache Möglichkeit, damit die Familie miteinander ins Gespräch kommt. Sich auf die Kinder einlassen, ihnen Fragen stellen und ihre Antworten abwarten, dafür, so meint Cours, fehle manchen Eltern, gestresst durch Überforderung, finanzielle Probleme und abgelenkt vom Smartphone, Zeit und Geduld. Manche könnten bestimmte Werte auch gar nicht vermitteln, weil sie sie selbst nicht gelernt haben, sucht Cours nach Gründen. Das Jugendamt könne dabei helfen, dass Familien sich weiterentwickeln.

    Wie die Schulen dem Jugendamt helfen können

    Mittelfristig wünscht sich der Familienvater mehr Kontakt zu den Schulen, um die Hilfen besser zu koordinieren. „Wenn ein Schüler abends vom Hort nach Hause kommt, und dann wartet noch eine Mitarbeiterin der Erziehungsbeistandschaft auf ihn, wird das zu viel. Das kann ein Kind nicht bewerkstelligen. An solchen Themen arbeiten wir auch.“ Doch Prozesse zu optimieren und Bedarf zu prüfen, koste viel Zeit.

    Die ist gerade knapp: Anfang März zieht das Amt mit seinen 40 Mitarbeitern komplett von der Dillinger Weberstraße ins sanierte und erweiterte Landratsamt in der Großen Allee. Zurzeit sei das Team mitten in der Planung. Parallel würden interne Prozesse geprüft und optimiert und danach die Personalsituation betrachtet. Cours findet sein Team sehr gut. „Wir haben tolle Mitarbeiter. Sie sind sich alle ihrer Verantwortung bewusst, das hat mir sehr geholfen.“

    Seine Freizeit verbringt der 41-Jährige mit seiner Familie. Sein sechsjähriger Sohn ist schwerstbehindert, die kleine Tochter erst eineinhalb Jahre alt. Mit seinen Lieben könne er gut abschalten, das ist ihm wichtig. „Ich weiß aber aus eigener Erfahrung auch, wie wichtig es ist, zu wissen, dass es Hilfe gibt und dass man sie auch bekommen kann.“ Zum Beispiel in seinem Amt.

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