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Dillingen: Otto Truchsess von Waldburg war einer der Großen der Dillinger Geschichte

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Otto Truchsess von Waldburg war einer der Großen der Dillinger Geschichte

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     Kardinal Otto Truchsess von Waldburg (1514 bis 1573) war einer der Großen der Dillinger Geschichte. Künstler Lothar Schätzl hat ihn auf seinem Triptychon im Dillinger Rathaus verewigt.
    Kardinal Otto Truchsess von Waldburg (1514 bis 1573) war einer der Großen der Dillinger Geschichte. Künstler Lothar Schätzl hat ihn auf seinem Triptychon im Dillinger Rathaus verewigt. Foto: Jan Koenen, Stadtverwaltung

    Vor 450 Jahren ist eine der großen Gestalten (nicht nur) der Dillinger Historie gestorben, Kardinal Otto Truchsess von Waldburg. Zur Erinnerung daran fanden viele Besucherinnen und Besucher zu einem Gottesdienst und einem anschließenden Vortragsabend zusammen. In der Aula der Akademie konnte deren stellvertretender Direktor, Ewald Blum, als Gastgeber einen vollen Saal begrüßen.

    Die Kunsthistorikerin Dr. Christine Schneider bezog sich in ihrem Vortrag auf das Gemälde im vordersten linken Seitenaltar der Studienkirche, das die legendäre Endzeit-Vision des hl. Hieronymus thematisiert, den Otto sehr verehrt und zum Universitätspatron erwählt hatte. Der Altar markiert freilich so wenig wie irgendein anderes Denkmal im Gotteshaus, wo genau der in Rom verstorbene und 1613 über Zwischenstationen nach Dillingen überführte Kardinal seine letzte Ruhe gefunden hat. Nichts darüber verrät auch das dem Altar benachbarte Epitaph. Neben seinen Titeln verzeichnet das eindrucksvolle Schnitzwerk die Lebensdaten des Verewigten, rühmt seinen Eifer für die katholische Religion, seinen seelsorgerischen Einsatz, wie auch seine Leistungen für

    Er erhielt wichtige diplomatische Aufträge

    Von Lothar Schätzls Triptychon im Rathaus mit Kardinal Otto (1514 bis 1573) als Hauptfigur ausgehend, entfaltete Dr. Walter Ansbacher vom Akademikerkreis seine Darstellung des schwäbischen Adelssprosses: Schon seine Erziehung wies den 1514 geborenen Truchsess von Waldburg in die Treue zur katholischen Kirche und zum Kaisertum ein, die er denn auch - durchaus selbstbewusst zwar und nicht unkritisch - ein Leben lang hielt. Früh zum geistlichen Stand bestimmt, erwarb er sich eine umfassende universitäre Bildung mit juristischem Schwerpunkt. Sie trug ihm, gepaart mit staatsmännischer Gewandtheit, das Vertrauen von Päpsten und Fürsten und wichtige diplomatische Aufträge ein. 

    Der Teilnahme an bedeutenden Kirchenversammlungen verdankte er zwei wegweisende Anstöße: 1540/41 schloss er die lebenslange Freundschaft mit dem Jesuiten und engen Ignatius-Vertrauten Peter Faber und beim Reichstag 1543 erkannte er seine Chance auf den Augsburger Bischofssitz und erhielt ihn noch im selben Jahr. Den zum Reichsfürst Gewordenen ernannte Kaiser Karl V. 1544 zum Generalkommissar für Deutschland, und der Papst verlieh ihm wenige Monate darauf den Kardinalshut. 

    Sie erinnerten an Otto Truchsess von Waldburg: (von links) Dr. Walter Ansbacher, Dr. Christine Schneider,
Dr. Thomas Groll, Dr. Ewald Blum.
    Sie erinnerten an Otto Truchsess von Waldburg: (von links) Dr. Walter Ansbacher, Dr. Christine Schneider, Dr. Thomas Groll, Dr. Ewald Blum. Foto: Hermann Müller

    In den Streitigkeiten um die Kirchenreform stand Otto auf der katholisch-kaiserlichen Seite. Zugeständnissen an die Protestanten widerstand er, bis hin zu den 1555 im Augsburger Religionsfrieden getroffenen Regelungen. Wegen der Ressentiments, die sich deswegen immer mehr gegen ihn anstauten, übersiedelte er 1556/57 nach Rom. Am Ziel der religiösen Erneuerung seiner Heimat aber hielt er weiterhin fest. Anläufe dazu hatte er schon bei seinem Amtsantritt und nach dem Schmalkaldischen Krieg 1558 unternommen. 1567 nun berief er die erste Diözesansynode im Reich ein, die die Beschlüsse des Tridentiner Reformkonzils auf das eigene Bistum anpassen sollte. Seinen Plan, 1573 noch einmal persönlich nach Dillingen zurückzukehren, vereitelte ein Magenleiden, dem er am 2. April des Jahres erlag. In Erinnerung bleibt er als typischer Renaissance-Mensch: einerseits stolzer, Pracht liebender Fürst, Musik und Kunst fördernder Mäzen, reger Bauherr; andererseits gerühmter Wohltäter und überzeugter und nimmermüder Reformbischof.

    Der Universitätsgründung Otto Truchsess von Waldburgs widmete der Bistumshistoriker Dr. Thomas Groll einen eigenen, den dritten Vortrag: Vor der Reformation wurden die meisten Geistlichen nur von einem Pfarrer "angelernt", nur wenige studierten an Hohen Schulen. Das musste sich ändern, sollte die Erneuerung des katholischen Lebens gelingen. Eine Bildungseinrichtung für den künftigen Klerus im großenteils protestantisch gewordenen Augsburg empfahl sich nicht. Otto entschied sich deshalb für das zum Regierungssitz avancierte Dillingen. Er unterstellte das neue Collegium, das ab 1549 Gestalt annahm, dem Wissenschaftspatron Hieronymus. Mit der römischen Bulle (1550) und dem kaiserlichen Mandat 1553 stand schließlich der Eröffnung von Universität und Gymnasium nichts mehr im Wege. Doch die Finanzierung blieb schwierig; das Domkapitel verweigerte die Unterstützung, andere Geldquellen waren dürftig; viel musste Otto aus Eigenem aufbringen.

    Dillingen wurde zur ersten reinen Jesuitenuniversität in Deutschland

    Zähe Verhandlungen mit dem Jesuiten Petrus Canisius führten 1564 zur Lösung der problematischen Situation: Dillingen wurde zur ersten reinen Jesuitenuniversität in Deutschland, die sich schnell eines großen Zulaufs erfreute und zum Gegenpol der 1543 evangelisch gewordenen Universität Tübingen wurde. Des ungeachtet zerstreuten sich die Vorbehalte des Domkapitels gegen Ottos Gründung nur langsam. Erst unter seinem vierten Nachfolger, Fürstbischof Heinrich von Knöringen, gelangten das Jesuitenkolleg und die Universität mit allen Rechten und definitiv in den Besitz der Gesellschaft Jesu.

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