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Dillingen/Gundelfingen: Prozess: Gundelfinger Storch landet vor Gericht

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Prozess: Gundelfinger Storch landet vor Gericht

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    Der Storch genießt in der öffentlichen Meinung ein hohes Ansehen. Ein Mann aus Gundelfingen stand nun vor Gericht, weil er ein Storchennest ohne Genehmigung entfernen ließ.
    Der Storch genießt in der öffentlichen Meinung ein hohes Ansehen. Ein Mann aus Gundelfingen stand nun vor Gericht, weil er ein Storchennest ohne Genehmigung entfernen ließ. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Geschichten wie die folgende erscheinen in der jetzigen Zeit irrelevant. Aber vielleicht braucht es gerade jetzt kleine Inseln der Ablenkung – mit Anekdoten aus dem „normalen“ Leben vor der Corona-Krise.

    Gundelfingen: Mann lässt Storchennest ohne Genehmigung entfernen

    Es geht um den Storch. Ein Tier, das in der öffentlichen Meinung ein derart hohes Ansehen genießt wie wohl kein anderes. Der Vogel steht symbolhaft für Nachwuchs, Menschen sehen ihn als gutes Omen und freuen sich, wenn der Storch in der eigenen Gemeinde sein Nest baut. Auch in Gundelfingen hat der Storch eine Ausnahmestellung. Als vor gut einem Jahr das Nest auf dem Rathaus saniert werden musste und die Tiere vorübergehend ohne Heimat waren, meldeten sich besorgte Bürger im Rathaus (lesen Sie hier mehr dazu). Umso bemerkenswerter erscheint vor diesem Hintergrund der Prozess, der vor kurzem am Dillinger Amtsgericht stattfand. Der Vorwurf: In Gundelfingen wurde beim Thema Storch gegen das Tierschutzgesetz verstoßen. Der Vorfall ereignete sich im Oktober 2018. Ein 54-jähriger Mieter eines Hauses im Gundelfinger Zentrum soll damals veranlasst haben, dass ein Storchennest von seinem Dach entfernt wird. Das Problem: Er besaß hierfür keine Genehmigung. Deshalb musste er sich nun juristisch verantworten.

    Der Kamin war verstopft

    Der 54-Jährige erklärt vor Gericht die Hintergründe des Vorfalls. Demnach sei das Storchennest auf dem Kamin des Hauses gewesen. Die Tiere hätten so also schädliche Abgase abbekommen, und der Kamin selbst sei verstopft gewesen, weshalb Gefahr gedroht habe. Also wollte der Mann das Nest entfernen lassen. „Ich habe nicht gewusst, dass der Storch eine besonders geschützte Art ist“, sagt der 54-Jährige. Da es in seinen Augen sehr viele dieser Tiere gibt, sei er nicht auf diese Idee gekommen. Demzufolge war ihm auch nicht klar, dass er eine Genehmigung für sein Vorhaben gebraucht hätte.

    Erst recht, weil er sich nach seinen Angaben noch beim Storchenbeauftragten der Stadt Gundelfingen, Walter Hieber, erkundigte. Auch dieser soll ihn nicht auf die Genehmigungspflicht hingewiesen haben. „Wenn mir das jemand gesagt hätte, hätte ich natürlich eine Genehmigung eingeholt“, betont der 54-Jährige. Stattdessen soll Hieber angeregt haben, das Nest auf das Dach der Walkmühle zu verlegen. Der Vorsitzende des Historischen Bürgervereins ist als Zeuge geladen, kann aus gesundheitlichen Gründen aber nicht erscheinen. Also wird seine Aussage verlesen. Hieber bestätigt, dass er nichts von einer nötigen Genehmigung wusste. Nach eigener Aussage soll er dem 54-Jährigen aber geraten haben, das Vorhaben zu lassen, da es schwierig werden könnte. „Das stimmt definitiv nicht“, reagiert der Mann auf diese Aussage.

    Auch Kaminkehrer wussten nichts davon

    Unabhängig davon erkundigt sich Staatsanwalt Konstantin Huber: „Auf welcher Rechtsgrundlage arbeitet eigentlich ein Storchenbeauftragter?“ Hieber sei die „gute Seele“ der Stadt, antwortet der 54-Jährige. Was genau hinter dieser Bezeichnung steckt, wisse er aber auch nicht. Neben dem Storchenbeauftragten hat er in der Angelegenheit vor zwei Jahren auch zwei Kaminkehrer konsultiert. Einen befreundeten aus dem Raum Günzburg, und den zuständigen Bezirkskaminkehrer für Gundelfingen. Beide sagen vor Gericht aus – inhaltlich identisch. Der Kamin sei durch Äste und diversen Dreck verstopft gewesen, die Betriebssicherheit sei gefährdet gewesen, möglicherweise hätte es zu einer Verpuffung kommen können. „Eine Störung wäre auf jeden Fall vorprogrammiert gewesen“, sagt der zuständige Kaminkehrermeister für die Gärtnerstadt.

    Beide Experten hätten zur Entfernung des Nestes geraten, geben aber auch zu, dass sie nichts von einer nötigen Genehmigung wussten. „Das war nie Thema auf einer Schulung“, heißt es. Da er auch von den Experten keinen Hinweis bekam, betont der 54-Jährige: „Ich wette, dass in meiner Position keiner anders gehandelt hätte.“

    300 Euro an das Gundelfinger Kinderheim

    Das sieht Richter Patrick Hecken ein. Er will die Sache aber nicht ohne Konsequenz vom Tisch haben. „Dass der Storch eine streng geschützte Art ist, kann man sich in kurzer Zeit zusammengoogeln“, sagt er. Also stellt Hecken das Verfahren nur gegen eine Zahlung von 300 Euro an das Gundelfinger Kinderheim ein. Die Störche können mittlerweile übrigens nicht mehr auf dem Dach des betroffenen Gebäudes nisten – der Kamin ist mit einem entsprechenden Aufsatz geschützt.

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