Drei Stücke wählte Jean-Luc Thellin (*1979), seit 2013 Professor für Orgel und seit 2022 Titularorganist der bedeutenden Kathedrale von Chartres (Frankreich), für das neunte Konzert des Dillinger Orgelsommers. Dabei handelte es sich um ausgesprochene Kostbarkeiten von Johann Sebastian Bach, Camille Saint-Saëns und Wolfgang Amadeus Mozart, die er in der Basilika St. Peter zum Thema „Lebenslust und Totentanz!“ einem begeisterten Publikum präsentierte.
Mit Johann Sebastian Bachs „Passacaglia und Fuge c-Moll“ (BWV 582) eröffnete Thellin die Konzertstunde. Schon hier wurde das Leitmotiv „Tanz“ durch das immer wiederkehrende Motiv im Dreivierteltakt deutlich. Der Organist demonstrierte mit seiner sehr reflektierten Wahl der Register und Klangfarben, dass er auch die feinen Töne schätzte. Von sanften Flöten über kräftige Prinzipale bis zum hellen Mixturenplenum baute er die Dynamik dieses bekannten Stückes auf. Technische Brillanz sowie spielerische Leichtigkeit ließen dieser strengen Komposition aus der Barockzeit einen Hauch von Lebensfreude entspringen.
Der Künstler wählte unterschiedliche Klangfarben
Dass auch „Makabres“ seinen Reiz haben kann, verdeutlichte Thellin anhand von Camille Saint-Saëns‘ (1835–1921) sinfonischer Dichtung „Danse macabre“ in einer kongenialen Übertragung von Edwin H. Lemare. Seinen „Totentanz“ komponierte Saint-Saëns 1872 ursprünglich für Gesang und Klavier auf der Basis eines Gedichts von Henri Cazalis. Darin geht es um ein Liebespaar, das aufgrund von Standesunterschieden seine Liebe nicht öffentlich zeigen darf. Die Szene spielt auf einem Friedhof um Mitternacht, wo der personifizierte Tod musiziert. Im Walzertakt war diese Musik ein Potpourri an Verspieltheit und Dramatik: Trompeten und schwindelerregende Tonleitern wechselten sich ab mit Phrasen des Schwelgens im Tanze. Auch hier zeigte Jean-Luc Thellin, dass er von der Registrierungskunst etwas versteht: Er setzte auf eine differenzierte, sehr durchdachte Wahl der Klangfarben.
Dass Wolfgang Amadeus Mozart, der nur wenige Werke für Orgel hinterlassen hat, dennoch ein vorzüglicher Organist war, demonstrierte Thellin mit dessen „Fantasie f-Moll“ (KV 608). Mozart schrieb diese im Winter 1790/91 für das Wiener Wachsfigurenkabinett des Grafen Deym, speziell zur akustischen Inszenierung der Wachsfigur des im Juni 1790 verstorbenen Feldmarschalls Laudon.
Auch ein Orgelstück von Mozart
Diese Trauermusik wurde von einer mechanischen Flötenuhr stündlich zu Ehren des Verstorbenen gespielt und hinterließ bei den Besuchern einen starken Eindruck, weil darin eine enorme Bandbreite an Empfindungen zum Ausdruck kommt: Den Kampf der Leidenschaften, Wildheit, Sehnsucht und Sphärengesang packte Mozart in dieses Werk. Jean-Luc Thellin wusste diese „Klaviatur der Empfindungen“ sehr treffend zu spielen und meisterte das technisch sehr anspruchsvolle Stück mit Bravour. „Ich denke, dass ich auf der Dillinger Sandtner-Orgel Mozarts Fantasie wirklich stilgerecht aufführen kann“, meinte der gebürtige Belgier noch vor dem Konzertbeginn. Dass diese Aussage auch Substanz hatte, bewies er in seinem Dillinger Debüt sehr eindrücklich und freute sich am Ende über den verdienten, großen Applaus, den das Dillinger Publikum ihm stehend spendete.
Angetan waren auch die Geschwister Eva und Philipp Gerst aus Berlin, die derzeit auf Besuch bei ihren Großeltern in Dillingen sind. „Ich kannte die Stücke vorher noch nicht, fand sie aber sehr harmonisch“, meinte die 19-Jährige nach dem Konzert. Und ihr Bruder Philipp (16) ergänzte: „Ein schönes Konzert! Ich würde auf jeden Fall nochmal kommen.“ Am kommenden Samstag gastiert Roman Hauser, Hauptorganist der Wiener Jesuitenkirche, zum wiederholten Mal in Dillingen. Er präsentiert Werke von Jehain Alain, Franz Schmidt und eine Eigenkomposition. Das Konzert beginnt um 11.15 Uhr in der Basilika St. Peter in Dillingen.
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