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Dillingen: Dillinger Kreistag kritisiert Lauterbachs Krankenhausreform

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Dillinger Kreistag kritisiert Lauterbachs Krankenhausreform

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    Die Kreispolitiker fürchten, dass mit der Krankenhausreform einige Leistungen nicht mehr in den Kreiskliniken, wie hier in Dillingen, angeboten werden können.
    Die Kreispolitiker fürchten, dass mit der Krankenhausreform einige Leistungen nicht mehr in den Kreiskliniken, wie hier in Dillingen, angeboten werden können. Foto: Jan Koenen

    Die Deutschlandkarte auf der Präsentation von Klaus Schulenburg sieht aus wie ein Puzzle. Der Referent beim Landkreistag beschäftigt sich mit Gesundheits- und Sozialthemen. Die Puzzleteile auf seiner Karte sind die Landkreise. An manchen Stellen ist das Puzzle dunkelblau, an anderen hellblau, und hie und da auch weiß. Die Karte zeigt die Zahl der Krankenhausbetten in Deutschland pro 1000 Einwohner im Jahr 2019. Der Kreis Dillingen ist darauf babyblau. Auf 1000 Einwohner kamen demnach rund fünf Krankenhausbetten. Auch an weißen Stellen in der Karte sei man immer noch gut ausgestattet mit Krankenhausbetten, sagt der Experte am Freitag vor dem Dillinger Kreistag. Doch die Illustration zeigt ein Problem im Deutschen Gesundheitssystem. Die Organisation ist komplex und regional stark unterschiedlich. Schulenburg erläutert, welche Neuigkeiten es in dieser komplexen Lage für Regionen wie den Landkreis Dillingen gibt. Denn: Auch bei der Krankenhausreform ist kürzlich ein neues Puzzleteil öffentlich geworden. 

    "In Deutschland haben wir zu viele Betten und zu viele Krankenhausstandorte", sagt Schulenburg. Das müsse man "mit aller Härte" sagen. Hinzu komme, dass zu viel stationär und zu wenig ambulant behandelt werde. Während 99 Prozent der Leistenbruch-OPs in Deutschland einen Krankenhausaufenthalt nach sich ziehe, seien es in den Niederlanden und Dänemark nur zwischen 15 und 17 Prozent. Reformpotenzial sei also da. 

    Auch im Kreis Dillingen stecken die Kliniken in den roten Zahlen

    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte mit seinem Krankenhausversorgungs-Verbesserungsgesetz (KHVVG) unter anderem die Krankenhausfinanzierung und damit die Krankenhauslandschaft reformieren. Denn vielen Kliniken geht es finanziell schlecht. Sie kämpfen seit der Pandemie mit Defiziten. Zwar schoss der Bund immer wieder Geld zu, doch das reicht bei vielen offenbar nicht. Die Länder sind indes nur für Investitionen die Geldgeber, nicht für die laufenden Kosten. Auch im Kreis Dillingen stecken die Kliniken in den roten Zahlen. Doch um die geht es in der Kreistagssitzung nur am Rande. Hauptthema ist die Krankenhausreform, deren Wortlaut noch immer nicht vorliegt. Lediglich ein Referentenentwurf wurde Mitte März öffentlich. Ob es sich um "den" Entwurf handle, oder erneut ein durchgestochenes Papier, das sei nicht klar, so Schulenburg. 

    Viel schlauer sind die Experten nach der Lektüre des 186-seitigen Entwurfs wohl aber nicht. Schulenburg spricht von "komplexen und verschwurbelten Berechnungen". Der Eindruck entstehe, dass die Reform, anders als angekündigt, keine Entbürokratisierung, sondern eine weitere Verkomplizierung bringen könnte. Vereinfacht gesagt soll die Krankenhausfinanzierung nach Plänen der Regierungskommission künftig nicht mehr auf zwei Säulen stehen (Vergütung für die behandelten Fälle und Investitionen), sondern auf drei. Die dritte Säule soll das Vorhaltebudget sein. Also für das bloße Bereithalten einer Leistung sollen die Kliniken Geld bekommen. Das soll defizitäre Bereiche wie die Notaufnahme quer finanzieren. 

    Die wohl wichtigste Frage für kleine Kliniken in ländlichen Regionen ist, wie hoch ebenjenes Vorhaltebudget ausfallen wird und welche Leistungen sie überhaupt noch werden anbieten dürfen. Denn auch das soll die Reform regeln. Das, was nun im Referentenentwurf steht, ernüchtert aber nicht nur den Experten Schulenburg. Denn die Vorhaltepauschalen seien laut Entwurf wieder an eine zu erreichende Zahl an Behandlungsfällen gekoppelt. Immerhin stehe nun aber endlich einmal ein Wert im Entwurf, wie lange Patienten zum nächsten Krankenhaus höchstens fahren müssen, wenn sie eine Behandlung durch einen Allgemeinchirurgen oder in der inneren Medizin brauchen. 30 Minuten werden im Entwurf angegeben. Klar sei aber noch nicht, so der Experte, ob der Bund das überhaupt vorschreiben könne, weil diese Vorgabe ein Eingriff in die Krankenhausplanung sein könnte. 

    "Ich habe große Sorge, dass der Freistaat uns allein lässt mit der Krankenhausplanung vor Ort", sagt Schulenburg. Im Krankenhausplan in Bayern sei etwa die Notfallmedizin in keinem Wort erwähnt und damit auch kein Wert, wie weit eine Klinik maximal von ihren Patienten entfernt sein solle.

    Landrat Markus Müller hat sich bereits im Vorfeld der Kreistagssitzung in einem offenen Brief an den Gesundheitsminister gewandt. Darin appelliert er an Lauterbach, kleine Krankenhäuser in ländlichen Regionen nicht zu benachteiligen. Wie die Ausgestaltung der Vorhaltepauschalen das Überleben der kleinen Häuser sichern soll, erschließe sich Müller nicht. Der Landkreis habe sich bereits mit dem Medizinkonzept auf Veränderungen eingestellt. An den Kreistag appelliert Müller in der Sitzung, die Mittel bereitzustellen, die für die weitere Umsetzung des Medizinkonzepts nötig seien. In der Sitzung kritisieren mehrere Kreisräte Lauterbachs Pläne.

    Kreiskliniken Dillingen-Wertingen rechnen mit Defizit von 12,7 Millionen Euro

    Laut Klinik-Geschäftsführerin Sonja Greschner rechne man im Jahr 2024 mit einem Defizit von rund 12,7 Millionen Euro. Dabei entfallen rund 7,6 Millionen Euro auf die Dillinger und 5,1 Millionen auf der Wertinger Klinik. Wie sich die Zahlen Ende des Jahres darstellen würden, sei jedoch nicht klar. Gibt es Tariferhöhungen beim Personal, was machen die Energiepreise, nehmen die Patienten die neuen Strukturen an den Kreiskliniken an? Und nicht zuletzt: Was bringt die Krankenhausreform? "Eine Reform ist alternativlos und überfällig", sagt Greschner. "Seit zwei Jahren wird darüber diskutiert. Es ist Zeit für Entscheidungen!" 

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