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Dillingen: Amtsgericht Dillingen: Gewürgt, geschlagen und mit Messer bedroht

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Amtsgericht Dillingen: Gewürgt, geschlagen und mit Messer bedroht

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    Einer der Geschädigten wurde von den Angeklagten gezwungen, vor ihnen niederzuknien, um ihre Dominanz zu zeigen. Teils wurde er dann geschlagen.
    Einer der Geschädigten wurde von den Angeklagten gezwungen, vor ihnen niederzuknien, um ihre Dominanz zu zeigen. Teils wurde er dann geschlagen. Foto: Christina Brummer (Archivbild)

    Drei junge Männer haben zwei Mitschüler an einer berufsbildenden Schule im Landkreis Dillingen über Monate hinweg regelmäßig gemobbt, geschlagen und gewürgt. Teils geschahen die Taten in der Gruppe, teils gingen sie alleine vor. Der Prozess am Amtsgericht am vergangenen Dienstag war wahrlich nicht leicht zu durchschauen. Einige Male kamen die Beteiligten, auch die Staatsanwaltschaft, durcheinander. Und sogar die Angeklagten verloren teils den Überblick über ihre Taten.

    Denn einer der geschädigten Schüler verneinte im Zeugenstand, dass er von einem der Angeklagten gewürgt wurde. Diese Tat wurde von einem vierten Mitschüler begangen, der nicht angeklagt wurde. Die drei Angeklagten wiederum hatten bereits zu Beginn des Prozesses vollumfänglich alle Taten gestanden, die ihnen von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurden; unter anderem eben auch das Würgen. „Oh, da hat er etwas gestanden, was er gar nicht gemacht hat“, sagte Richterin Andrea Eisenbarth nach einer Zeugenaussage.

    In Nördlingen bedrohte einer der Angeklagten seinen Mitschüler mit einem Messer

    Einer der Geschädigten berichtete, wie er mehrmals vor den Angeklagten niederknien musste. Sonst hätten die Täter ihn geschlagen; was teils dennoch geschah. „Sie wollten Dominanz zeigen, und dass ich schwach war“, erklärt er. Die Täter und Opfer waren im Tatzeitraum alle zwischen 17 und 18 Jahre alt und waren im selben Jahrgang, teils in derselben Klasse.

    Doch das war nicht alles. Der Geschädigte und die Angeklagten waren der Ausbildung wegen in Nördlingen. Dort habe einer der Angeklagten ein Klappmesser gezogen und auf den Bauch des Geschädigten gerichtet: „Damit könnte ich einiges bei dir anstellen“, sagte er dann zum Zeugen. Bei der Polizei gemeldet hat sich der Geschädigte zu diesem Zeitpunkt nicht. „Ich habe mich nicht getraut“, erzählt er im Zeugenstand.

    Ein Mitschüler wurde von einem Angeklagten mit einem Messer bedroht

    Die Angriffe wurden erst publik, nachdem einer der Angeklagten ein Messer in die Schule mitgenommen und eine Lehrkraft die Polizei gerufen hatte. Neben dem anwesenden Zeugen war noch ein zweiter Schüler Opfer von verbalen und physischen Attacken der drei Angeklagten. Der zweite Geschädigte war zwar auch als Zeuge geladen, erschien jedoch nicht. „Umso wertiger die Geständnisse“, quittierte Verteidiger Helmut Linck die Abwesenheit.

    Die verschiedenen Taten wurden nicht immer in der gesamten Gruppe begangen, teilweise wurden die Angeklagten auch einzeln aktiv. Vor Gericht räumten alle ihre Taten ein. Damals hätten sie es als Spaß gesehen. Dass daraus Ernst wurde, sei ihnen mittlerweile bewusst. Bei einem der drei Angeklagten wiegen die Vorwürfe schwerer. Denn er war es, der den Geschädigten mit dem Messer bedrohte, zudem wurde bei ihm im Zuge einer Hausdurchsuchung ein Schlagring gefunden, der laut Waffengesetz verboten ist. Zudem beschlagnahmte die Polizei eine Schreckschusspistole und eine Machete „Ich habe es cool gefunden, aber es war natürlich dumm von mir.“

    Bei allen Angeklagten wurde im Amtsgericht Dillingen Jugendstrafrecht angewandt

    Eine zentrale Frage des Prozesses vor dem Jugendschöffengericht war, ob die Taten einer Dynamik der Schule entsprangen, wie die Verteidigerinnen und Verteidiger argumentierten. „Einer will cooler als der andere sein“, sagte Rechtsanwältin Christina Mucha. Linck sprach vom Gesamtgefüge und der insgesamt aggressiven Dynamik an der Schule. Staatsanwalt Sebastian Ehinger wiederum bezeichnete die Angeklagten als Mobbing-Clique, die massiv gewalttätig gegen die Geschädigten vorgegangen sei. Richterin Eisenbarth sah es ähnlich, wie sie in ihrer Urteilsverkündung verdeutlichte.

    Bei allen drei Angeklagten wird das Jugendstrafrecht angewandt, da sie entweder minderjährig waren oder laut Gerichtshilfe Reifeverzögerungen nicht auszuschließen seien. Bei keinem der drei Angeklagten sieht das Gericht schädliche Neigungen, zudem sind sie alle zum ersten Mal vor Gericht. Zwei Angeklagte wurden zu Geldstrafen in Höhe von 900 Euro beziehungsweise 1000 Euro verurteilt. Einer der beiden muss zudem ein Sozialkompetenztraining absolvieren. Gegen den anderen verhing Richterin Eisenbarth eine sechsmonatige Betreuungsweisung. Im Zuge derer soll über seinen beruflichen Werdegang sowie ein mögliches Wiederholen der Abschlussprüfungen gesprochen werden; aktuell arbeitet er nach nicht bestandener Ausbildung im Sicherheitsbereich.

    Das Jugendschöffengericht verurteilt die Angeklagten zu Geldstrafen und sozialen Trainings

    Der zum Tatzeitpunkt 18-jährige Angeklagte, dessen Taten schwerer wiegen – Besitz eines Schlagrings sowie Bedrohung eines Geschädigten mit einem Messer – wurde zu einer Geldstrafe von 2000 Euro sowie dem Besuch eines konfrontativen sozialen Trainings verurteilt. Als strafmildernd wurde ihm angerechnet, dass er im Zuge der Anklage seinen Ausbildungsplatz verlor und sich einen neuen Arbeitgeber suchen musste.

    Außerdem hatten sich alle drei Angeklagten im Gerichtssaal beim anwesenden Geschädigten entschuldigt, seit Aufkommen der Taten gab es zudem keine weiteren Vorfälle. „Wäre seit der Anklage auch nur ein Hauch passiert, säßen sie alle mit einem Fuß im Gefängnis“, belehrte Eisenbarth die drei Angeklagten. Dann wünschte sie den nun Verurteilten – alle nahmen die Strafe an – alles Gute auf ihrem weiteren Weg und viel Glück bei den Abschlussprüfungen.

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