Intensiv befasst sich Maria Burlefinger seit vielen Jahren mit Kräutern – im Garten, in Wäldern und auf Wiesen. Und noch heute fasziniert sie, wie Pflanzen sich komplett nach dem Licht und der Temperatur ausrichten. „Wenn’s kalt ist, legen sie einen Stopp ein und wachsen weiter, sobald’s wieder wärmer ist.“ In diesem Sinne geben sie jetzt gerade Vollgas. So finden die Menschen genügend Wildkräuter für die traditionelle Kräutersuppe zum Gründonnerstag und darüber hinaus, um Salate, Suppen, Gemüse und Aufläufe nicht nur ästhetisch aufzupeppen, sondern vor allem mit wertvollen Inhaltsstoffen anzureichern – „Medizin“ vor der Haustüre sozusagen.
Alljährlich geht Maria Burlefinger seit vielen Jahren mit Gruppen in die Natur. Die Angebote der Volkshochschule, des Landwirtschaftsamtes und mehrerer Vereine sind meist schnell ausgebucht. Während die Natur auch in diesem Jahr ihre Wunderkräuter aus dem Boden sprießen lässt, haben die Institutionen notgedrungen einen Stopp eingelegt. Die Vhs-Kräuterwanderungen, die ersten im Frühjahr, sind komplett abgesagt. Ein Grund mehr, sich auf die eigenen Möglichkeiten zu besinnen und sich persönlich auf die Suche nach wertvollen Wildkräutern zu machen.
Seit 2010 beschäftigt sich die Buttenwiesenerin mit Kräutern
Als Maria Burlefinger 2010 anfing, sich intensiv durch Ausbildungen mit Kräutern zu beschäftigen, entdeckte sie überrascht: „Vieles davon hab ich ja selbst im Garten.“ Seitdem achtet die 57-Jährige ganz bewusst darauf, dass ihre Kräuter sich aussäen und vermehren können. So breitet sich in ihrem Garten, an einem schattigen Platz entlang der Stadelmauer, die Vogelmiere neben der Knoblauchrauke aus. Bei letzterer verwendet Burlefinger die Rosetten im Frühling als Gemüse. Den Sommer über lässt sie die Pflanze in Ruhe. Erst im Herbst wird sie wieder interessant, wenn die intensiv scharf schmeckenden Samen – „früher der Pfeffer des armen Mannes“ – sich zum Sammeln und Kosten anbieten.
Doch zurück in den Frühling und in die Auwälder am Donauufer bei Blindheim. Mit dem ersten Schritt in die grüne Vielfalt riechen wir einen bereits intensiv – den Bärlauch. Ganze Flächen des lichten Waldes bedeckt er mit seinem Grün. Maria Burlefinger kniet nieder und legt ein paar Stängel frei von braunem Laub, zwischen dem sich die Zwiebelpflanze dem Licht entgegendrängt. „Bei ihm ist es wichtig, mit offenen Augen zu sammeln“, sagt die Kräuterexpertin, „gibt es doch ein paar Pflanzen, mit denen wir ihn verwechseln können.“ So treiben die Herbstzeitlosen ihre Blätter bereits jetzt aus. Und auch der Aronstab und die Maiglöckchen, die allerdings erst später mit dunklerem Grün treiben, ähneln dem Bärlauch.
„Beim Bärlauch wächst aus jedem Stängel nur ein Blatt“, vermittelt Burlefinger ein sicheres Erkennungsmerkmal. „Darum ist es gut, Stängelchen für Stängelchen zu pflücken und niemals großflächig mit einem Messer den Bärlauch abzuschneiden.“ Zwar rieche er auch intensiv nach Knoblauch, zerreibt man ihn zwischen den Fingern. „Doch wenn Sie bereits mehrere Blätter zerrieben haben, riechen ihre Hände ohnehin nach Knoblauch.“ Bei Burlefinger kommt Bärlauch am Karfreitag – mit Wasser püriert – in den Teig für die Kässpätzle.
Auch der Giersch wächst in Buttenwiesen
Gleich neben und zwischen den Bärlauchpflanzen wächst eine andere, weit verbreitete Wildpflanze – der Giersch. Er ist einer der allerersten, die sich im Frühling aus dem Boden ins Licht winden. „Drei mal drei ist Giersch dabei“ rezitiert Burlefinger einen altgedienten Merkspruch, kennzeichnen ihn doch ein dreikantiger Stängel – „ähnlich einer Dachrinne“ – sowie ein dreigeteiltes Blatt, von dem mindestens das oberste nochmals dreigeteilt ist. Große Blätter, empfiehlt die Kräuterpädagogin, an gekochte Gerichte zu mischen.
Die frischen, mit oft noch eingeklappten Blättern und feinerem Geschmack rät sie, roh zu verspeisen. „Ich bin ein absoluter Giersch-Fan“, gesteht die Unterthürheimerin. Solange es noch keine Petersilie im Garten gibt, kommt er bei ihr an deren Stelle an alle Salate, über die gekochten Kartoffeln, an die Semmelknödel, in alle Aufläufe oder direkt als Spinat – gemischt mit Löwenzahn und Brennnesseln – auf den Tisch. Während die Augen bereits Ausschau nach den beiden zuletzt genannten halten, zählt Burlefinger allgemein die Vorzüge der wilden Frühlingskräuter auf: konzentrierte Vitamine und Mineralstoffe, kostenloses Sammeln in der Natur und eine Ausweitung der Geschmacksvielfalt. „Es gibt sie eigentlich überall.“
Kräuter sollten nicht überall gesammelt werden
Gleichwohl sollte man sie nicht überall sammeln, Straßenränder, Hundepfade und überdüngte Wiesen eher meiden. Und da dreht sie noch einmal eine Runde zurück zum Giersch: „Sie können damit natürlich auch ein Pesto kreieren oder eine Kräuterlimo ansetzen, mit Apfelsaft, Mineralwasser und Gundermann – ein Rieddudler statt des gekauften Almdudlers.“
Für Maria Burlefinger bietet der Frühling einfach eine „tolle Nahrung für Körper und Geist“. Sie bleibt stehen, lässt den Blick über Märzenbecher, moosbewachsene Zweige und strahlende Blausternchen gleiten, ehe sie ihrer Nase in Richtung eines kleinen Baumes folgt. „Seidelbast.“ Der Duft der helllila Blüten erinnert an Hyazinthen. Nichts zum Essen, dafür wunderbar zum Riechen. Weitere Kräuter für die traditionelle Neun-Kräutersuppe zum Gründonnerstag finden sich noch genug im Wald und Garten: Sauerampfer, Taubnesseln und Spitzwegerich, Brunnenkresse, Schafgarbe und Labkraut. Als Grundlage bieten sich Brot- oder Kartoffelsuppe an, als wertvolle Deko Gänseblümchen.
Auf ihren traditionellen Kräuterwanderungen bespricht Maria Burlefinger zehn bis 15 Pflanzen. „Mehr können die Menschen nicht aufnehmen.“ Selbst das scheint ihr manchmal zu viel. So rät sie allen, sich nach und nach vertraut zu machen mit den stärkenden Geschenken der Natur: „Lieber kennen Sie drei richtig gut und trauen sich diese zu pflücken und essen, als dass sie viele theoretisch kennen und dann doch zögern.“
Unsere Redakteurin Birgit Alexandra Hassan hat einen Kommentar zum Artikel verfasst:
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