Drei Kandidaten, eine ausgewählte Jury und jede Menge Zuhörer. Was wie eine Talentshow klingt, fand am Donnerstagabend in Blindheim statt. Ähnlich zumindest und unter strengsten Corona-Regeln. Wie berichtet, haben drei mögliche Investoren für einen Supermarkt ihre Pläne bei einer nicht öffentlichen Sitzung bereits dem Gemeinderat vorgestellt. Nun sollten auch die Blindheimer Bürger die ersten Entwürfe und Ideen sehen – und dafür hat sich die Gemeinde etwas Besonderes einfallen lassen. So saß bei der Sitzung nicht nur das Gremium in der Gemeindehalle, sondern auch ein Techniker – Kabel, Mikros, Computer, Handy und Mischpult waren aufgebaut. Denn die öffentliche Sitzung wurde im Internet live übertragen. Und diese Chance nutzen fast 200 Bürger, was auch Bürgermeister Jürgen Frank beeindruckte: „Das gab es noch nie, aber wir freuen uns über Feedback, ob das für künftige Sitzungen eine Option wäre.“
Die drei Investoren für die Gewerbefläche in Blindheim haben einige Gemeinsamkeiten
Mit verschiedenen Optionen beschäftige sich auch das Gremium. Die drei Investoren, die alle Interesse haben, an der freien Gewerbefläche „An der Bahn“ in Blindheim etwas zu entwickeln, haben zwar viele Gemeinsamkeiten. Einzig bezüglich ihrer Hintergründe und Erfahrungswerte unterscheiden sie sich. Und mit ihren Emotionen.
Nachdem laut Bürgermeister im Vorfeld gelost wurde, wie die Reihenfolge der Präsentation aussieht, startete Bernhard Miller, und er machte aus seinen Gefühlen kein Geheimnis: „Ich muss mich nicht vorstellen, ihr kennt uns alle. Wir können die Vorgeschichte weglassen, aber wir sind sehr, sehr enttäuscht.“ Denn, wie berichtet, vor dem Bürgerentscheid hat die Gemeinde einen Beschluss gefasst, dass die freie Fläche an Miller verkauft werden solle.
Seit mehr als 20 Jahren ist die Erdbau und Abbruch GmbH vor Ort, beschäftigt mittlerweile rund 70 Mitarbeiter und braucht laut Miller dringend Platz. „Wir sind glücklich hier und haben immer zum Standort Blindheim gehalten. Aber wir sind voll und in der Gemeinde gibt es aktuell nur noch diese Gewerbefläche. Wir stehen deshalb vor einem Scherbenhaufen.“ Ein Grund, warum er ebenfalls den Hut in den Ring geworfen und sich dafür den Höchstädter Bauunternehmer Rudolf Kimmerle, „den stärksten Partner überhaupt“, mit ins Boot geholt habe. Denn, das betonte Bernhard Miller immer wieder: Er wolle auf der Fläche versuchen, einen Supermarkt anzusiedeln. Unterstellungen, wie die, dass er nur die Fläche haben wolle und dann alles zubaue, würden nicht stimmen. Seine Idee für eine künftige Nutzung: ein Kompromiss, der die Teilung der Fläche vorsieht. Einerseits könne er sich als Firma weiterentwickeln, andererseits könne eine Nahversorgung entstehen, die für ihn Supermarkt, Ärztehaus, Getränkemarkt, Bäcker, Metzger und Wohnungen umfasst. Die von Anwohnern gefürchtete Kieswaschanlage komme nicht, das betonte er bei der Sitzung ebenfalls. Er wolle die Fläche für Lagerhallen und Parkplätze nutzen.
Die Gewerbefläche "An der Bahn" ist interessant aber ein Grenzfall
Nach ihm trat Christina Mayr ans Mikrofon, Geschäftsführerin der Hans Mayr Hochbau GmbH in Neuburg an der Donau. Sie stellte einerseits das Unternehmen und andererseits die einzelnen Projektierungsschritte für Blindheim vor. Rund 90 Mitarbeiter des inhabergeführten Familienbetriebs kümmern sich „von Anfang bis Ende“ um die Realisierung solcher Projekte. Die Gewerbefläche „An der Bahn“ sei für sie interessant, aber ein „Grenzfall“. Dennoch stellte der Bauprofi konkrete Ideen vor: Lebensmittel, Einzelhandel, Bäckerei, Metzgerei im Erdgeschoss, aufgeteilt in verschiedenen Gebäuden; Die einzelnen Komplexe sind mit einem Obergeschoss verbunden – Platz für Wohnungen oder Arztpraxen; Lichthöfe, 170 Stellplätze und ein zusätzliches dreigeschossiges Gebäude in der Ecke zeigte sie ebenfalls – einige Platzhalter, wie sie es bezeichnete, denn einen richtigen Plan könne es erst geben, wenn die Mieter feststehen und deren Wünsche berücksichtigt würden. Dass ihr Unternehmen exakt mit solchen Projekten Erfahrungen habe, war ihr großer Pluspunkt: Der Bau von Fachmarktzentren – egal welcher namhaften Marken – ist ein Steckenpferd der Neuburger Firma. Mayr: „Zwei Lebensmitteleinzelhändler haben ihr unverbindliches Interesse bekundet, eine Antwort steht noch aus.“ Das seien keine Zusagen, das betonte sie deutlich. Auch bei Drogeristen, Apotheken, Baumärkten und mehr hätten bereits Abfragen stattgefunden, wobei regionale Firmen gewünscht und auch bevorzugt werden würden. Eine Tankstelle habe Christina Mayr bislang nicht eingeplant, „schließe ich aber nicht aus“.
Für Thilo Rinkenburger von der Firma Rinkenburger Objektbau GmbH in Dillingen ist eine mögliche Tankstelle dagegen fix – zumindest Stand jetzt. Er ist der dritte Investor, der Interesse an „dieser Herausforderung“ in Blindheim hat, „aber man wächst ja mit seinen Aufgaben und der Standort ist charmant“. Er stellte vor, dass sein Team seit 35 Jahren hauptsächlich im Hotelier-Bau tätig ist, aber auch denkmalgeschützte Objektsanierungen, Wohn- und Geschäftshäuser oder eben auch Einzelhandel zu den Aufgaben zählen. Ein Beispiel, das er nannte: Rewe-Markt mit Tiefgarage und Apotheke im Stadtzentrum Dillingen. Rinkenburger erklärte, dass sein Unternehmen immer versuche, Mischobjekte zu gestalten, um „Synergieeffekte zu schaffen“. Das seien auch seine Vorstellungen für Blindheim. Er zeigte mehrere Zeichnungen, betonte aber immer wieder, dass sich diese bei einer Realisierung immer wieder verändern könnten. Aber im Kern beinhalten seine Ideen ein Nahversorgungszentrum mit Mittelpunkt Supermarkt plus Getränkemarkt, Bäckerei, Ärztehaus/Apotheke, Wohnungen, Handwerker sowie eine Tankstelle mit Waschanlage. Rinkenburger sagte, dass selbst mit einer B16-Umfahrung dann in Blindheim die einzige Tankstelle zwischen Donauwörth und Günzburg sein könnte, die direkt an einer Abfahrt sein könnte. „Deshalb ist sie für uns wichtig“, erklärte er und ergänzte, dass solch ein Projekt nur Hand in Hand mit der Gemeinde und einem regelmäßigen Informationsfluss umgesetzt werden könnte.
Alle drei Investoren präsentieren noch mehr Details und auch Unterschiede zueinander. Aber vor allem in einer Sache waren sich alle einig: Es werde schwierig, dass überhaupt ein Supermarkt-Betreiber Interesse an dieser Fläche habe. Die Ansiedlung und die weitere Vorgehensweise seien eine Herausforderung. Und konkrete Pläne, nächste Schritte, gebe es erst, wenn Mieter feststehen, gemeinsam mit ihnen entwickle man ein Nahversorgungskonzept. Deshalb machten weder Miller, Mayr noch Rinkenburger Versprechungen, ob eine Realisierung überhaupt möglich ist. Nur den Versuch, alle Hebel in Bewegung zu setzen, den garantierten alle.
Der Gemeinderat in Blindheim muss nun eine wichtige Entscheidung treffen
Dafür muss der Blindheimer Gemeinderat aber erst eine wichtige Entscheidung treffen. Die, wer Vollgas geben soll. Und dazu, so erklärte es VG-Geschäftsstellenleiter Achim Oelkuch, empfehle er eine wahlähnliche Vorgehensweise. Heißt: Jeder Rat hat eine Stimme und drei Möglichkeiten. Nach der ersten Abstimmung fällt ein Investor raus, dann wiederum haben die Räte erneut je eine Stimme für die zweite, finale Entscheidung. Oelkuch: „Das ist ein faires Verfahren.“ Und das soll, wenn es nach Bürgermeister Frank geht, noch im Mai über die Bühne gehen. Vorab soll es eine nicht öffentliche Sitzung geben, als „internen Zwischenschritt zur Meinungsfindung“. Bis zur nächsten öffentlichen (Jury-)Sitzung.
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