Der Angeklagte zeigt keine Regung und auch seine Ehefrau im Zuschauerbereich wirkt nicht überrascht. Für neun Jahre schickt das Augsburger Landgericht einen 46-jährigen Angeklagten aus dem Landkreis Dillingen wegen diverser Drogengeschäfte ins Gefängnis. Der Angeklagte gilt als Kopf einer Gruppe von mindestens vier Personen, die ausgehend von einem Seegrundstück bei Blindheim einen schwunghaften Handel mit Heroin und Kokain betrieben haben.
Neun Jahre, nach Worten von Vorsitzendem Richter Michael Schneider keine überzogene Strafe angesichts der Mengen, die unter der Anleitung des 46-Jährigen umgeschlagen worden seien. „Nur“ neun Jahre, so Schneider, der sich damit auf die Zehn-Jahre-neun-Monate-Forderung von Staatsanwältin Yvonne Möller bezog, weil sich das vollumfängliche Geständnis, das viel Verfahrensarbeit ersparte, für den Angeklagten auch „lohnen“ müsse. Die Staatsanwältin war in ihrem Plädoyer bezüglich der 14 angeklagten Einzelstrafen zu einer Gesamtstrafen-Forderung von besagten zehn Jahren und neun Monaten gekommen. Deutlich niedriger hatten die beiden Verteidiger Sabrina Philipps und Michael Menzel angesetzt. Sie hielten eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten für angemessen. Vor allem aufgrund des Geständnisses ihres Mandanten. Philipps gab zu bedenken, dass im gesetzlichen Strafrahmen zwischen fünf und 15 Jahren immerhin auch Drogenfunde von 200 Kilo Kokain wie kürzlich am Hamburger Hafen verhältnismäßig Platz finden müssten.
Das Gericht hatte keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten
Das Landgericht verurteilte den Angeklagten letztlich wegen einer menge von 7,2 Kilogramm Heroin, welches gehandelt worden sei und von zwei Kilogramm Kokain. Nach mehrmaligem Neuberechnen setzte das Gericht zudem einen Wertersatz („Gewinnabschöpfung“) von 91.400 Euro fest, den der Angeklagte zu leisten hat.
Nach Schneiders Worten habe das Gericht keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten gehabt. Es habe sich nicht von Umständen des Verfahrens ablenken lassen, sich allein auf die individuelle Schuld des Angeklagten konzentriert. Nicht zum ersten Mal müsse der Angeklagte, Vater einer dreijährigen Tochter, das Aufwachsen eines Kindes aus dem Gefängnis miterleben. Es sei auch nicht strafmildernd, dass die Polizei zum Zwecke der Wohnungsdurchsuchung beim Angeklagten eine Haustüre samt Türstock aus der Wand heraus gesprengt und zerstört habe, weswegen die Familie des Angeklagten Reparaturkosten in fünfstelliger Höhe für diesen Einsatz drückten.
Das Urteil im Blindheimer Drogenprozess wird noch im Gerichtssaal rechtskräftig
Ein Gutachten über eine möglicherweise eingeschränkte Schuldfähigkeit des Angeklagten blieb ebenso negativ wie jenes darüber, ob der Angeklagte wegen einer möglichen Abhängigkeit statt ins Gefängnis in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden müsste. Auch hierfür hatte Gutachter Martin Gürtner keine Anhaltspunkte gefunden. Ja, der Angeklagte habe konsumiert, er sei aber als „Genusskonsument“ zu bezeichnen.
Wie berichtet, haben der Angeklagte, nach Überzeugung des Gerichts als Zentrum der Gruppe, dessen Ehefrau, ein Schwager und ein vierter Beteiligter im Jahr 2023 von einem Seegrundstück bei Blindheim aus einen schwunghaften Handel mit „harten“ Drogen, vor allem Heroin und Kokain, betrieben. Über Monate hatte die Polizei das Tun der Gruppe überwacht. Telefone wurden abgehört, Autos „verwanzt“, geschäftliche Begegnungen heimlich gefilmt und fotografiert. Ende Dezember 2023, nachdem eine Wanze in einem Kurierauto entdeckt worden war, hatte die Polizei zugegriffen und die Beteiligten verhaftet. Bereits im Vorfeld war die 40-jährige Ehefrau des Hauptangeklagten zu einer Bewährungsfreiheitsstrafe verurteilt worden, ein weiterer Beteiligter hatte eine siebenjährige Freiheitsstrafe ausgesprochen bekommen. Das Urteil gegen den 46-Jährigen wurde noch im Gerichtssaal rechtskräftig.
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