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Beeindruckendes Theater am Dillinger Sailer-Gymnasium

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Theater am Sailer in Dillingen: Nichts … ist manchmal mehr, als man denkt

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    Die Sailer-Theatergruppe bot bei der Aufführung des Stücks „Nichts“ nach Janne Teller eine beeindruckende Vorstellung.
    Die Sailer-Theatergruppe bot bei der Aufführung des Stücks „Nichts“ nach Janne Teller eine beeindruckende Vorstellung. Foto: Felicitas Schmid-Grotz, JMS

    Erhält man auf die Frage, was die Theatergruppe der Mittel- und Oberstufe des Dillinger Johann-Michael-Sailer-Gymnasiums in diesem Jahr denn spiele, die Antwort „Nichts“, ist das natürlich gewollt missverständlich: Sollten die Mitglieder etwa nichts zustande gebracht haben? Natürlich nicht!

    Die Jugendlichen haben sich ganz im Gegenteil mit Janne Tellers „Nichts, was im Leben wichtig ist“ an ein besonders provokantes Stück Literatur gewagt: der Schüler Pierre-Anton (Simon Johan, Q12) stellt eines Tages fest, dass wirklich nichts im Leben eine Bedeutung hat, worauf er beschließt, seine Tage fortan auf einem Apfelbaum sitzend zu verbringen. Man könnte das als bedauerlichen Einzelfall abtun, doch bald beginnen auch seine Mitschülerinnen und Mitschüler (Hoang Nguyen, Q12, als „Hans“, Mia Kuchler, 9a, als „Rosa“, Celina Meringer, 11c, als „Sofie“ und Dominik Gulin, Q12, als „Jan-Johan“) alle Gewissheiten in Frage zu stellen. Um Pierre-Anton und vermutlich auch sich selbst vom Gegenteil zu überzeugen, beginnen sie, auf einem „Berg der Bedeutung“ individuell vermeintlich wichtige Dinge anzuhäufen.

    „Bedeutung ist relativ und deshalb bedeutungslos“

    Sind dies anfangs noch alltägliche Gegenstände, so werden die Forderungen der Jugendlichen, was die anderen jeweils abzulegen haben, immer abstruser und gefährlicher. Agnes, ein Mädchen aus der Gruppe (Valerie Schweyer, 9a), erkennt scharfsinnig, dass es letztlich nur darum geht, den „wunden Punkt“ bei allen zu finden. Nichts davon beeindruckt Pierre-Anton, und auch den anderen dämmert schließlich: „Bedeutung ist relativ und deshalb bedeutungslos.“ Erschüttert von dieser Erkenntnis töten die Jugendlichen den Sonderling und setzen die Leiche und „den Berg der Bedeutung“ in Brand.

    Zunächst einmal haben die beiden Regisseurinnen Ute von Egloffstein und Alexandra Wallenstein eine bereits vorliegende Bühnenfassung stark überarbeitet: Meist steht die Clique der Jugendlichen als Gruppe frontal zum Publikum und spricht chorisch. Nur kürzere Absätze werden tatsächlich szenisch dargestellt oder durch einzelne Schauspieler wie Monologe gesprochen (in weiteren Rollen: Emma Hirschbolz, 9a; Leonora Korsch und Hannah Veh, beide 9c; Lenja Friese, Nele Wirth, Maxima Nolde, Semira Reiter, Emma Hirschbolz und Rebecca Dieminger, alle Q12). Pierre-Anton erscheint als eine Art „Vorsänger“, der meist aus der Tiefe des Zuschauerraums heraus das Bühnengeschehen kommentiert. Eine weitere Auffälligkeit der Inszenierung ist die absolute Reduktion: Übermannshohe Buchstaben aus Sperrholz bilden das Wort N-I-C-H-T-S und stellen das Bühnenbild dar. Wenn nötig, können sie verschoben oder sogar umgelegt werden, während sich ein Wechsel der Räumlichkeiten durch Lichteffekte (Technik: Robin Putz, Q12) erahnen lässt. Auch Requisiten sucht der Zuschauer vergebens.

    Die Darsteller erläutern, was sie in ihrem Leben als sinnvoll erachten

    Ein Stück, in dem Jugendliche radikal allem eine Bedeutung absprechen, könnte natürlich beim Zuschauer selbst nihilistische Gedanken erzeugen. Dass genau dies nicht geschieht, verdankt die Inszenierung den Darstellern, die in kurzen Videoclips erläutern, was sie in ihrem Leben als sinnvoll erachten.

    Zum Abschluss zeigte sich die Schulleiterin Beate Merkel-Nagy tief beeindruckt von der Darbietung der Schülerinnen und Schüler, mit der sie sich weit über die persönliche Komfortzone hinausgewagt hätten: „Ihr habt mir viel geschenkt mit eurer Leistung“. Wenn junge Menschen dazu fähig sind, so sei dies nicht zuletzt den beiden Regisseurinnen zu verdanken. So eine Inszenierung, so die Schulleiterin, sei auch immer als „Gesamtkunstwerk“ zu verstehen, zu dem viele beitragen, etwa auch die beiden Hausmeister Martin Lehmann und Toma Hochdorfer durch die Fertigung der Holzbuchstaben oder die Leiterin der Cafeteria Susanne Steib für die Vorbereitung der Pausenverpflegung. Wahrscheinlich straft dieses Engagement so vieler Menschen den Titel des Stückes Lügen, denn gerade dadurch vermag der Einzelne auch unscheinbaren Dingen eine Bedeutung zu geben.

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