Drogenhändler macht es der Polizei schwer, bevor er gefasst wird
Ein 22-Jähriger aus Dillingen handelt mit Kokain und wird dabei in Donauwörth erwischt. Nun stand er in Augsburg vor Gericht. Dort ist ein Urteil gegen den jungen Mann gefasst worden.
Ein 22-jähriger Mann aus Dillingen ist von einem Schöffengericht des Augsburger Amtsgerichts verurteilt worden. Der Mann wurde im November 2023 bei einer nächtlichen Polizeiaktion mit rund 30 Beamten an einer Donauwörther Tankstelle festgenommen, als er von einer Einkaufsfahrt aus Berlin zurückkehrte und rund 350 Gramm Kokain bei sich im Auto führte. Der Angeklagte gestand die ihm zur Last gelegten Delikte vor Gericht, nachdem er zuvor schon bei der Polizei entsprechende Angaben gemacht hatte.
Rückblick. Eine Nacht im vergangenen November an der OMV-Tankstelle in Donauwörth. Ein Team aus rund 30 Polizei-Einsatzkräften nimmt die vier Insassen eines Mietwagens mit Hamburger Kennzeichen fest, die Männer leisten keinen Widerstand. Das Auto wird durchsucht, in einer Lautsprecherbox eingebaut finden sich gut 350 Gramm Kokain. Und es finden sich etwas über 3000 Euro Bargeld, die der Angeklagte bei sich trägt. Bei einer Durchsuchung im Haus der Familie des 22-Jährigen in einer Asylbewerberunterkunft in Finningen kommen weitere rund 100 Gramm der Droge Ecstasy zum Vorschein. Nachdem die Polizei in der „chaotischen Wohnung“, so ein Zeuge, zunächst eine gewisse Zeit erfolglos gesucht hatte, habe plötzlich einer der minderjährigen Brüder des Angeklagten eine Tüte mit Inhalt aus dem Fenster geworfen – darin das gesuchte Rauschgift.
Der Mann stammt aus Syrien
Die Anklage warf dem 22-jährigen Syrer einen „schwunghaften Handel mit Drogen“, vor allem Kokain und Heroin, vor. Schwunghaften Handel, das ließ der Angeklagte bestreiten, den Drogenbesitz bestritt er nicht. Wie seine Verteidiger Peter Krauß und Felix Hägele darstellten, habe der Angeklagte Drogenhandel vor allem zur Bedienung seines eigenen Konsums betrieben. Täglich habe er bis zu zwei Gramm Kokain, dazu oder ersatzweise Schmerztabletten, eingenommen. Auch bei dem Kokain aus Berlin sei der Plan gewesen, ein Drittel selbst zu konsumieren, die übrigen zwei Drittel – laut Gutachten beste Qualität und Reinheit - zu strecken und zu verkaufen, um an Geld zu kommen. Die Verteidiger des Angeklagten führen aus, dass ihr Mandant Drogen nicht in der Öffentlichkeit verkauft habe, sondern damit Freunde und Bekannte bediente, die so wie er abhängig seien. Umgekehrt sei auch er selbst aus diesem Kreis unterstützt worden.
Trotz seiner erst 22 Jahre habe der Angeklagte professionell gearbeitet und es der Polizei schwer gemacht, ihm auf die Spur zu kommen, berichtete der zuständige Beamte der Dillinger Polizei. Immer wieder seien neue Mobiltelefone verwendet worden, darin unterschiedliche, teils anonyme SIM-Karten, es sei am Telefon möglichst wenig geredet worden. Unterhaltungen per Whatsapp oder per Snapchat seien wegen der Verschlüsselung schwer zu überwachen gewesen. Entsprechend schwierig sei es für die Polizei gewesen, bei der Telefonüberwachung an Informationen zu Drogengeschäften zu kommen.
Nicht weniger als 1400 Seiten habe die Akte der Polizei am Ende umfasst. Eine andere Schwierigkeit: Obwohl der Angeklagte keinen Führerschein besessen habe, sei er mit gemieteten Pkw immer wieder enorme Strecken gefahren. Es sei nicht unüblich gewesen, dass der Mann 4000 Kilometer in einer Woche zurückgelegt habe, 1000 Euro Kosten pro Woche fürs Auto hatte. Ob diese Fahrten allesamt zu Konsumenten oder Lieferanten erfolgt seien oder ob der Mann nur so umhergefahren sei, habe man nicht aufklären können.
Die Polizei hat sogar "Wanzen" ins Auto eingebaut
Das, obwohl die Polizei „Wanzen“ in die Autos eingebaut hatte. Dann, rund ein halbes Jahr nach dem Bekanntwerden des Angeklagten bei der Polizei, habe man von einer Kontaktperson aus der Szene einen ein Hinweis auf die bevorstehende Berlinfahrt erhalten, für die der Angeklagte eine Reisegesellschaft zusammengestellt habe. Diese Fahrt sei im November 2023 erfolgt, wobei die rund 350 Gramm Kokain beschafft worden seien. Auf der Rückfahrt nach Dillingen sei in der Nacht des 24. November in Donauwörth der Zugriff erfolgt. Schon an Ort und Stelle hatte der Angeklagte der Polizei gegenüber erklärt, der Besitzer des mitgeführten Kokains zu sein. Und er habe eingeräumt, dass man in der Wohnung zuhause noch mehr finden werde.
Der Mann muss eine Therapie machen
Dr. Thomas Wenske beschäftigte sich als Gutachter mit der Frage einer möglichen Schuldunfähigkeit des Angeklagten durch seine Drogensucht oder mit der Frage nach einer Einweisung zur Therapie in den Maßregelvollzug statt einer klassischen Haftstrafe. Hier kam der Psychiater zu einem klaren Ergebnis: Die Anzeichen für einer Abhängigkeit von Kokain seien unverkennbar. Und nachdem eine unbehandelte Abhängigkeit von dieser Droge nahezu immer zu einem Rückfall führe - verbunden mit dem Zwang zur Beschaffung von Nachschub auf illegalem Wege - sei eine Therapie beim 22-Jährigen dringend angezeigt. Dies selbst vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte aufgrund der Jahre der Familie auf der Flucht bis heute weder lesen noch schreiben gelernt habe.
Diese Ansicht macht sich nach eigenen Wortren – trotz anfänglich anderer Bewertung – auch Staatsanwalt Simon Zechmann zueigen. Zechmann kam bei der Bewertung aller Argumente zu einer Gesamtfreiheitsstrafenforderung von drei Jahren und zehn Monaten. Mindestens zwei Jahre davon seien im Maßregelvollzug eines psychiatrischen Krankenhauses zu verbringen. Diese Therapie erachteten auch die Verteidiger des 22-Jährigen für unabdingbar. Ihr Plädoyer belief sich auf eine Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren, sodass ihr Mandant, eingerechnet ein halbes Jahr in Untersuchungshaft, ohne Vorwegvollzug direkt in die Psychiatrie eingewiesen werden könnte. Das Urteil: drei Jahre und acht Monate Freiheitsstrafe wegen Drogenhandels.
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