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Wertingen: So heftig trifft das Unwetter das Zusamtal

Wertingen

So heftig trifft das Unwetter das Zusamtal

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    Nicht nur Monika Roth am Wertinger Eisenbach hatte auch am Montag noch mit Schlamm und Wasser zu kämpfen.
    Nicht nur Monika Roth am Wertinger Eisenbach hatte auch am Montag noch mit Schlamm und Wasser zu kämpfen. Foto: Bunk

    Am Montagvormittag blinzelt die Sonne schüchtern am Himmel hervor. Als ob sie sich entschuldigen wollte, dass sie tags zuvor den Wolken, dem Regen und Wasser den Vortritt gelassen hatte. Die mittlerweile trockenen Straßen in Wertingens Innenstadt und den umliegenden Orten lassen nur noch erahnen, was sich hier am Abend vorher abgespielt hat. Sowohl der Wertinger als auch Buttenwiesens Bürgermeister tun sich schwer, das Geschehene in Worte zu fassen. Etwas, was sie beide in dieser Geschwindigkeit in diesem Ausmaß erstmals erlebt haben. Das volle Schadensausmaß werde sich erst in den kommenden Tagen zeigen. Im Moment sind sie am Koordinieren, um Privat- und Geschäftsleute zu unterstützen und das öffentliche Leben am Laufen zu halten.

    Zwei Wertinger Kindergärten betroffen

    Bereits am Sonntagabend hatten die Leiterinnen der Kindergärten in der Wertinger Kanalstraße („Kunterbunt“) und in Gottmannshofen Bürgermeister Willy Lehmeier signalisiert, dass die Wasserschäden eine Öffnung am Montagmorgen unmöglich machten. Bei den anderen geht Lehmeier am Montagmittag davon aus, dass sie öffnen konnten. Das Gleiche gilt für die Grundschule. Auch im Wertinger Seniorenzentrum St. Klara gehe das Leben „mit Einschränkungen“ weiter. Die Einrichtung war wie so viele Geschäftsleute und Privatmenschen von den blitzartig hereinströmenden Wasser- und Schlammmassen am Sonntagabend überrascht worden. Die Mitarbeiter(innen) hatten mithilfe der Feuerwehr bis in die späten Abendstunden hinein gegen die Fluten gekämpft.

    „Alles ging schneller, als ich es jemals erlebt habe“, sagt Lehmeier. Bereits am frühen Sonntagmorgen habe ein „Schnürleregen“ eingesetzt. Am späten Nachmittag regnete es dann plötzlich so, dass kaum noch etwas zu sehen war (siehe unten). Gegen 17 Uhr setzte sich Lehmeier ins Auto und machte sich auf den Weg nach Roggden, bei Stark-regen eines der anfälligsten Gebiete in seiner Stadt. Hier zeigt sich die Situation in dem Moment noch relativ entspannt. Die Roggdener haben die mobile Hochwasserwand aufgezogen, um den Aufbach zurückzuhalten. Doch Lehmeier sieht bereits, wie aus Richtung Binswangen der Schlamm den Berg herunterrollt. Als er zurück nach Wertingen fährt, ist die Innenstadt schon teilweise gesperrt. Der Bürgermeister lenkt sein Auto in Richtung Frauenstetten, will sehen, woher das Wetter kommt, ob es wieder abzieht. Da merkt er, wie die Dramatik zunimmt. Kurzerhand kehrt Lehmeier um und schaut, dass er mit seinem Pkw nach Hause kommt. Von hier aus organisiert und koordiniert der Bürgermeister dann weiter.

    Buttenwiesens Bürgermeister fährt nach Frauenstetten

    Auch Hans Kaltner verspürt den Drang, sich selbst ein Bild von der Situation in Frauenstetten zu machen. Bei einem relativ hellen Himmel in Lauterbach kann er sich nur schwer vorstellen, dass in Frauenstetten das Wetter so anders aussehen soll. So folgt er der alarmierten Feuerwehr und ist überwältigt von den Dimensionen der Wassermassen, die er wahrnimmt. Als Mitfahrer auf einem Traktor macht er sich ein Bild von den neuralgischen Punkten. In seinem Kopf arbeitet es bereits. „Wir müssen uns den Reichenbach genauer anschauen“, sagt er am nächsten Tag. Gleichzeitig wird ihm klar: „Auf ein solches Hochwasser können wir uns nicht wirklich vorbereiten.“ Gerade in seiner Gemeinde zeigte sich, wie verrückt die Natur spielen kann. Einzig Frauenstetten, Hinter- und Vorderried sowie Wortelstetten waren von dem Starkregen und Hochwasser betroffen. Ähnliche Grenzen zeigen sich im Bereich Wertingen. In Binswangen, Kicklingen und Fristingen müssen etliche Keller ausgepumpt werden. In Binswangen verrutscht zudem ein Stück des Ziegelbergs, wäscht der Regen den Kies aus den Randstreifen der Bergstraße und flößt ihn bergab. Betroffen sind zudem die Wertinger Ortsteile Roggden, Prettelshofen, Possenried, Hirschbach und Hohenreichen und – in einem großen Ausmaß – Wertingens Innenstadt.

    Kennzeichen gingen im Unwetter verloren

    Die Polizei meldet, dass am Kreisverkehr der Staatsstraße 2033 das Wasser kurzzeitig bis zu 40 Zentimeter hoch stand. Die Staatsstraße 2027 von Wertingen in Richtung Frauenstetten wurde von der Feuerwehr einseitig gesperrt, da Schotter und Schlamm auf die Fahrbahn gespült wurden. In Hohenreichen und Wertingen blieben Autos teilweise im Wasser stecken und konnten nicht mehr gestartet werden. In Possenried lief ein Forellenteich über. Zahlreiche Kennzeichen von Fahrzeugen, die während des Unwetters unterwegs waren, gingen laut Polizei verloren. Ein paar Kennzeichen wurden mittlerweile aufgefunden und bei der Polizeiinspektion Dillingen abgegeben. Auf etlichen Straßen in Wertingen und Umgebung stand der Schlamm teilweise bis zu 20 Zentimeter hoch. An einigen Anwesen musste aufgrund der vollgelaufenen Keller der Strom abgestellt werden. Weitere Straßen mussten komplett gesperrt werden.

    Der Pressesprecher der Lechwerke teilt mit, dass auch vom LEW- Verteilnetz Mitarbeiter im Einsatz waren und sind. In Wertingen mussten Stromkreise teils umgeschaltet werden. Zudem heißt es, dass Haushalte, bei denen Teile der elektrischen Anlage oder der Zähleranlage unter Wasser standen, die Hausinstallation sicherheitshalber durch einen Elektrofachbetrieb überprüfen lassen sollten.

    Wertingens Kommandant zieht erstes Fazit

    Am Montag zieht auch Wertingens Kommandant Rudi Eser ein erstes Fazit auf Anfrage unserer Zeitung: „358 Einsatzstellen in dieser kurzen Zeit – das ist was Neues.“ Eine nach der anderen arbeiteten die Feuerwehren, das THW, vier Einsatzgruppen des BRK und die Schnell-Einsatz-Gruppe des Landratsamtes ab. Je nach Dringlichkeit. „Wo Wasser und Schlamm bis zehn Zentimeter unter die Decke standen, sind wir zuerst hin.“ Die Feuerwehren arbeiteten im Schichtbetrieb. Eser selbst musste mit einer Stunde Schlaf auskommen. Den eigenen Keller hat er zwischendurch vom Wasser befreit.

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