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Wertingen: Notre-Dame-Brand schockt junge Wertinger

Wertingen

Notre-Dame-Brand schockt junge Wertinger

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    Karolina Wörle und junge Wertinger Musikerinnen des Vororchesters der Stadtkapelle am Dienstag vor Notre-Dame in Paris, kurz vor dem verheerenden Brand.  	„Gott sei Dank ist das nicht bei uns.“
    Karolina Wörle und junge Wertinger Musikerinnen des Vororchesters der Stadtkapelle am Dienstag vor Notre-Dame in Paris, kurz vor dem verheerenden Brand. „Gott sei Dank ist das nicht bei uns.“ Foto: Wörle/Stadtkapelle Wertingen

    „Uns geht es gut!“ – Diese Nachricht wurde gestern zig-mal von Paris nach Wertingen gepostet. Im Reisebus der Stadtkapelle Wertingen beruhigte Karolina Wörle per WhatsApp die Eltern der jungen Musiker, die derzeit auf Frankreich-Tour sind. Noch am Nachmittag hatten die Zusamtaler eine Stadtbesichtigung in der französischen Hauptstadt unternommen und waren dabei auch an Notre-Dame vorbeigekommen. „Wegen der langen Touristen-Schlangen vor der Kirche war es nicht möglich, sie zu besichtigen“, erzählt Karolina Wörle am Telefon. Deshalb schauten sie die berühmte Kathedrale nur von außen an. Nicht wissend, dass sie zwei Stunden später in Flammen stehen würde.

    Zwei Stunden nach ihrem Besuch stand die Kathedrale in Flammen

    Um so größer war der Schock im Wertinger Bus, als dieser auf der Fahrt stadtauswärts von der schlimmen Nachricht überrascht wurde. „Die Kinder waren total geschockt“, berichtet Karolina Wörle von ungläubigen Gesichtern, die sich gar nicht vorstellen konnten, dass der schöne, Jahrhunderte alte Turm, vor dem sie gerade noch ein Foto geschossen hatten, nun einzustürzen drohte. Betreten fuhren sie zurück in ihr Quartier, in die Jugendherberge in Reims. Das Vororchester der Stadtkapelle Wertingen unter Leitung von Dirigentin Karolina Wörle unternimmt bereits zum vierten Mal eine Frankreich-Tour. Ziel ist immer Wertingens Partnerstadt Fère-en-Tardenois unweit von Reims, wo die Musiker übernachten. Mit im Gepäck sind natürlich die Instrumente – traditionell gibt das Vororchester in der Kirche von Fère ein Konzert. Auch diesmal, am Vorabend der Paris-Besichtigung. Neben ausgiebigen Freundschaftstreffen in der Partnerstadt gehört auch der Besuch von Disneyland nahe Paris zum Programm. Dort vergnügen sich die Wertinger am heutigen Mittwoch, ehe es die Nacht durch mit dem Bus in Richtung Heimat geht.

    "Da blutete einem das Herz", sagt Höchstädts Stadtpfarrer

    Nicht nur bei den jungen Orchestermusikern und deren Eltern zu Hause hat die Nachricht vom Brand der Pariser Kathedrale Entsetzen ausgelöst. Auch der Höchstädter Stadtpfarrer Daniel Ertl zählte zu den vielen Menschen im Landkreis Dillingen, die in der Nacht zum Dienstag fassungslos die Nachrichtensendungen über den verheerenden Brand anschauten. „Da blutete einem das Herz. Ich saß bis kurz vor Mitternacht geschockt vor dem Fernseher“, teilt Ertl auf Anfrage unserer Zeitung mit.

    Drei Mal hat der Seelsorger Notre-Dame de Paris besucht – zuletzt im August des vergangenen Jahres mit Höchstädter Ministranten. Der Besuch der Kathedrale gehöre für ihn, wie für viele Touristen in der französischen Metropole, zum Programm in Paris. „Mir würde es nicht einfallen, nach Paris zu fahren und Notre-Dame nicht zu sehen“, sagte der Stadtpfarrer. Es sei traurig, zu sehen, was da an Kunstschätzen in Rauch aufgegangen sei. Ertl ist ein Freund der Gotik, das Gotteshaus habe kunstgeschichtlich herausragende Schätze geborgen. Bedeutende Reliquien der Christenheit wie die angebliche Dornenkrone Christi hätten offensichtlich gerettet werden können.

    Auch auf die Jugendlichen der jüngsten Paris-Fahrt wirkte die Kathedrale. Notre-Dame habe die Höchstädter Ministranten sehr beeindruckt, hat Ertl festgestellt. Als er die Bilder der brennenden Kirche gesehen habe, sei ihm klar gewesen, dass das Löschen ein schwieriges Unterfangen wird. Die 800 Jahre alten Balken mit dem Bleidach hätten wie Zunder gebrannt.

    Solche Löscharbeiten sind eine Riesenherausforderung

    Kreisbrandrat Frank Schmidt saß am Montagabend ebenfalls vor dem Fernseher. „Und mein erster Gedanke war: Gott sei Dank ist das nicht bei uns“, gibt der Dillinger zu. Mehrere Großbrände hätten ja die Region in der jüngeren Vergangenheit heimgesucht. Schmidt hält es für deplatziert, den Feuerwehrleuten in Paris aus der Ferne Ratschläge zu geben. Der US-Präsident Donald Trump hatte empfohlen, Löschflugzeuge einzusetzen. Schmidt sagt dazu: „Wenn man nicht vor Ort ist, sollte man sich mit Ferndiagnosen zurückhalten.“ Ihm sei klar gewesen, dass diese Löscharbeiten eine Riesenherausforderung waren. Und ihn habe es überrascht, dass der Brand am Dienstagvormittag weitgehend gelöscht war und die beiden Türme gerettet werden konnten.

    Schmidt erläutert, dass es auch im Landkreis Dillingen große Probleme geben würde, wenn Gotteshäuser wie etwa die Dillinger Basilika, die Studienkirche oder das Lauinger Martinsmünster zu brennen beginnen. In diesen großen Bauwerken gebe es keine Brandabschnitte. „Wenn man das Feuer nicht im Anfangsstadium löschen kann, wird es schwierig“, erklärt Schmidt. Allein schon die Höhe dieser Gebäude mache die Brandbekämpfung zu einer schwer zu lösenden Aufgabe. „Dem Feuerwehrmann geht es dann wie einem kleinen Bergsteiger, der auf den Mount Everest will“, sagt Schmidt. Ein Brandschutz in Kirchen ginge nur mit dem Einbau von Brandschutzwänden und massiven Konstruktionen. Dies wäre aber meist gar nicht möglich."

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