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Wertingen: Freischaffende Künstler in Wertingen stehen vor dem Nichts

Wertingen

Freischaffende Künstler in Wertingen stehen vor dem Nichts

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    Hartmut Welz ist als Tontechniker bei Musikern und Veranstaltern gefragt. Weil alle Termine bis zum Sommer abgesagt sind, hat er keine Arbeit.
    Hartmut Welz ist als Tontechniker bei Musikern und Veranstaltern gefragt. Weil alle Termine bis zum Sommer abgesagt sind, hat er keine Arbeit. Foto: Bärbel Schoen

    Stillstand seit acht Wochen! Hartmut Welz wurde besonders hart getroffen von den Beschränkungen in der Corona-Krise. Der Wertinger Tontechniker ist Solo-Selbstständiger und verdient sein Geld als Dienstleister im Dunstkreis von Künstlern.

    Die Arbeit geht oft bis tief in die Nacht

    Ein stressiger Beruf, der oft bis tief in die Nacht geht. Doch dann kam buchstäblich über Nacht der Shutdown: „In der zweiten Märzwoche klingelte bei mir tagelang das Handy.“ Und immer bekam er dieselbe Nachricht: „Abgesagt.“ Konzerte, Festivals, Betriebsversammlungen und Kabaretts dürfen in den kommenden Monaten nicht stattfinden. Für Hartmut Welz bedeutet das einen hundertprozentigen Ausfall seiner Einnahmen. „Das ist schon bitter, wenngleich ich die Notwendigkeit durchaus einsehe“, sagt er. Noch bis vor kurzem hoffte er, den im Botanischen Garten stattfindenden Augsburger Jazzsommer als technischer Leiter zu betreuen, so wie in den vergangenen 15 Jahren. „Daraus wird wohl nichts“, weiß Welz aus Gesprächen mit dem Veranstalter.

    Der Wertinger tourt neben seinem Job mit der Band „Trio Prosecco“ als Schlagzeuger durch die Region. Selbst die kleinen Gigs im Sommer in den Biergärten könnten voraussichtlich ins Wasser fallen. Und ob er für das Augsburger Staatstheater die Freilichtbühne mit Licht und Ton ausstatten darf, steht ebenfalls in den Sternen. Im vergangenen Jahr war der 58-Jährige in der Sommersaison für die Technik der Rockoper „Jesus Christ Superstar“ verantwortlich.

    Finanzielle Unterstützung gibt es von der Familie

    Im Moment arbeitet Hartmut Welz kleine Aufträge ab. Er produziert in seinem heimischen Tonstudio CDs für Chöre und Konzertveranstalter. Finanziell kommt er mit Unterstützung seiner Familie über die Runden. Weil er als Selbstständiger durch alle Hilfsraster fällt, wird es immer wahrscheinlicher, dass er Arbeitslosengeld beantragen muss, wenn der Stillstand nicht endet. „Um zu überleben, werde ich vielleicht aus dem Musik-Genre aussteigen müssen und etwas ganz anderes machen“, überlegt der Tontechniker.

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    Vor dem Nichts steht auch Barbara Mahler: „Ich erwäge tatsächlich, mich als Erntehelfer zu bewerben, um etwas zu verdienen.“ Bei der freischaffenden Malerin und LTTA (Lernen durch die Künste)-Pädagogin, die ihr Atelier in der Kunstschule KUK hat, würde zwar die staatliche Soforthilfe greifen. Aber Geld hat sie bisher noch nicht bekommen. Nicht einmal von der Künstlersozialkasse (KSK), bei der sie versichert ist. Dabei sind laufende Kosten wie Raummiete, Telefon und Rundfunkgebühren zu begleichen. Vor vier Wochen hat sie einen Antrag gestellt, doch immer noch keine Antwort erhalten.

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    Dieselbe Erfahrung macht Ursula Echl, Gesangs- und Klavierlehrerin im KUK. „Die Hotline des Ministeriums ist dauerbelegt“, erzählt sie von ihren Bemühungen um Informationen zum Unterricht. Während viele Menschen im Home-Office arbeiten, kann die Musikerin nicht einfach auf Online-Unterricht umstellen. Diverse Orchestermessen, zu denen sie als Sängerin gebucht wurde, mussten ausfallen. Singen über eine der Plattformen sei überhaupt nicht geeignet. Es braucht physische Nähe und genaues Hören, um komplizierte Kompositionen zu einer Einheit zu formen.

    In der Kunstschule wäre die Sache einfacher

    Lange war unklar, wie mit Privatunterricht umzugehen ist. Echl: „Ich darf jetzt zwar meinen Beruf ausüben, aber nicht im KUK. Der Unterricht kann nur bei meinen Schülerinnen und Schülern zu Hause stattfinden“, schüttelt sie den Kopf. In der Kunstschule wäre es einfach gewesen, die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Nun bleibe nicht nur viel Zeit auf der Strecke. Die Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken, sei größer.

    Die beliebten Veranstaltungen im KUK – der Blaue Montag, Konzerte, Malkurse und Yoga – sind ebenfalls bis zum Sommer abgesagt worden. Keine Veranstaltung, keine Einnahmen!

    Zur Corona-Krise hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder den Kulturschaffenden jüngst ein Zeichen der Anerkennung ihrer prekären Lage gegeben und konkrete finanzielle Hilfe versprochen – drei Monate lang 1000 Euro Unterstützung für die 30000 in der KSK Organisierten. Doch die Not hält dennoch für viele andere an. Denn in der KSK sind beileibe nicht alle Künstler organisiert, die etwa das aktuelle Veranstaltungsverbot trifft. Laut dem jüngsten Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht des Freistaats gibt es knapp 400000 Erwerbstätige, die privatwirtschaftlich auf diesem heterogenen Sektor arbeiten. So wie Hartmut Welz. Er hat jetzt seinen Blick auf den Herbst gerichtet und hegt große Hoffnung auf ein Comeback ab September.

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