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Wertingen: Das Wertinger Radiomuseum hat Fans in ganz Süddeutschland

Wertingen

Das Wertinger Radiomuseum hat Fans in ganz Süddeutschland

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    Fabian Frommelt (links) ist 23 Jahre alt und leitet jetzt das Wertinger Radio- und Telefonmuseum. Sein Vorgänger Otto Killensberger hat nach Meinungsverschiedenheiten mit Bürgermeister Willy Lehmeier über die Renovierung der Räumlichkeiten sein Ehrenamt niedergelegt und seine Mitarbeit beendet.
    Fabian Frommelt (links) ist 23 Jahre alt und leitet jetzt das Wertinger Radio- und Telefonmuseum. Sein Vorgänger Otto Killensberger hat nach Meinungsverschiedenheiten mit Bürgermeister Willy Lehmeier über die Renovierung der Räumlichkeiten sein Ehrenamt niedergelegt und seine Mitarbeit beendet. Foto: Benjamin Reif

    Die Besucher kommen von weit her, berichten Fabian Frommelt und Otto Killensberger. Vor dem Lockdown streifte eine Gruppe Italiener durch das Radio- und Telefonmuseum, sichtlich in den Bann gezogen von den hunderten Exponaten, die hier von verschiedenen Epochen der Funk- und Übertragungstechnik zeugen. Und genau wie die Ausstellungsstücke stammen auch Killensberger und Frommelt aus völlig unterschiedlichen Epochen. Killensberger ist fast exakt dreimal so alt wie Frommelt, doch übergibt er nun die Leitung des Museums an den 23-jährigen Wertinger, der locker sein Enkel sein könnte.

    Differenzen mit Bürgermeister Lehmeier

    Dabei merkt man, dass er auf seinen Nachfolger große Stücke hält. „Der Fabian“, sagt Killensberger, „ist wahnsinnig engagiert.“ Solche Leute brauche das Radiomuseum, das in der Wertinger Fèrestraße in einem geschichtsträchtigen Gebäude untergebracht ist, das einst in Wertingen als „HJ-Heim“ bekannt war. Killensberger selbst hat das Museum gut zehn Jahre lang geleitet, und das auch stets gerne getan, wie er sagt. Doch zuletzt gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen dem 68-Jährigen und Bürgermeister Willy Lehmeier. So entschied Killensberger sich, die Leitung des Museums und sein Ehrenamt bei den Wertinger Museen niederzulegen. Der Wechsel ging auch so schnell und unbürokratisch vonstatten, da die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Museums nicht in einem Verein organisiert sind.

    Es gibt keinen Vorstand, und es braucht deshalb auch keine Neuwahlen. Killensberger legte dem Bürgermeister ein Rücktrittsschreiben vor, und das war alles. Das Radio- und Telefonmuseum ist Eigentum der Stadt und direkt der Stadtverwaltung zugeordnet.

    Schallplattentechnik und Elektrotechniker

    Seinen Nachfolger Frommelt lernte Killensberger auf einem Flohmarkt in der Schwabenhalle kennen. Beide Männer erinnern sich noch gut an das Ereignis vor drei Jahren. Frommelt begutachtete Schallplatten der Rolling Stones, Killensberger suchte nach alten Jazzplatten. So kamen sie ins Gespräch: Es gebe da bald einen Vortrag im Radiomuseum über die alte Schallplattentechnik, so Killensberger. Vielleicht sei das ja was? Er sprach genau den Richtigen an, wie sich herausstellte, denn der gelernte Elektriker für Geräte und Systeme Frommelt hat eine besondere Affinität zu aller „alten“ Technik.

    Um zu verdeutlichen, warum, zieht er sein Smartphone hervor. „Das ist letztendlich nicht viel mehr als ein Chip und ein Bildschirm“, sagt Frommelt. Sicherlich brillant in der Technik, aber letztlich seelenlos – jedenfalls im Vergleich zu der analogen Technik, welche Radios, Fernsehgeräte und Telefone etwa ein Jahrhundert lang zum Leben erweckt hat. „Wenn an einem Handy heute etwas kaputtgeht, kann man das praktisch nie mehr selbst reparieren“, sagt Frommelt.

    Ganz anders das Innenleben der alten Geräte, die zu Hunderten, in allen erdenklichen Formen und Farben, in den Ausstellungsräumen des Museums stehen: Geht dort etwas kaputt, kann sich der Elektrofachmann mit detektivischem Eifer daranmachen, den Grund für die Störung herauszufinden – und bei erfolgreicher Suche diese auch wieder beheben. Und während die neuen, digitalen Geräte oft eine nur geringe Lebensdauer haben, bleiben Radios und andere Geräte aus der „guten alten Zeit“ praktisch unbegrenzt haltbar, solange sie gut behandelt werden. Das wichtigste Utensil für die Pflege steht im Radiomuseum stets bereit: eine Flasche mit dem legendären deutschen Geräteöl Ballistol. „Das braucht man einfach für alles“, sagt Frommelt und lacht.

    Wohnzimmer der 50-er Jahre

    Der Normalbetrieb ruht im Radiomuseum zwar coronabedingt derzeit, doch diese Zwangspause wollen die Mitarbeiter des Museums nutzen, um einige größere Veränderungen vorzunehmen. Derzeit ist das Radio- und Telefonmuseum noch in verschiedene Sammlungen aufgeteilt – mehrere begeisterte Sammler vermachten dem Museum ihre Stücke, damit sich die Allgemeinheit daran erfreuen konnte. Doch damit wurden die Ausstellungsräume unübersichtlicher und weniger zugänglich. In einem ersten Schritt soll nun ein originalgetreu nachgebildetes Wohnzimmer der 50-er Jahre entstehen, sagt Frommelt. Ein erstes Gespräch mit dem Bürgermeister sei außerdem sehr gut verlaufen, sagt Frommelt, Willy Lehmeier habe großes Interesse und Wertschätzung gezeigt.

    Durch den Weggang des Akkordeonorchesters, das bisher in dem Raum geübt hatte, ist nun im Obergeschoss des Museums recht viel Platz frei geworden. Frommelt und sein Team wollen den Raum mit einem Raumtrenner zweiteilen – in der anderen Hälfte werden dann Plattenspieler und Tonbandgeräte vorgeführt werden können, wenn alles nach Plan läuft.

    Faszinierende Technik

    So sollen die alten Telefone, Radios und Musikboxen, die Frommelt und Killensberger trotz ihres Altersunterschiedes beide gleichermaßen so schätzen, einem noch größeren Publikum gezeigt werden. Und die Interessenten sind beileibe nicht nur Männer jenseits der 60, sagt Frommelt. „Ich kenne einige Leute in meinem Alter, die diese Technik faszinierend finden.“

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