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Wertingen: Am Wertinger Krankenhaus rumort es

Wertingen

Am Wertinger Krankenhaus rumort es

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    Mehrere Projekte sind am Wertinger Krankenhaus geplant. Doch wie kommen die eigentlich bei den Mitarbeitern vor Ort an?
    Mehrere Projekte sind am Wertinger Krankenhaus geplant. Doch wie kommen die eigentlich bei den Mitarbeitern vor Ort an? Foto: Andreas Schopf (Archiv)

    Gut ein Jahr ist es her, dass Dillingens Landrat Leo Schrell verkündete, ein Medizincampus komme nach Wertingen ans Krankenhaus. Das war im Dezember 2019. Auch von einem Investor sprach der Landrat damals schon. Doch die Begeisterung der Mitarbeiter in Wertingen hält sich anscheinend in Grenzen. Im Gegenteil.

    Denn ein knappes Jahr später, im Dezember 2020, verschickte der Landrat Weihnachtsgrüße, auch an die Mitarbeiter der beiden Kreiskliniken in Dillingen und Wertingen. „Aber was er da reingeschrieben hat, das gehört sich nicht an Weihnachten“, meint Ottilie Probst. Die scheidende Betriebsratsvorsitzende hat deswegen im Namen aller Betriebsratskollegen direkt auf die Grüße des Landrats geantwortet.

    In Wertingen soll nicht nur eine neue Krankenschule gebaut werden

    Schrell hatte sich bei den Mitarbeitern nicht nur bedankt. „Corona stellte alles in den Schatten. In dieser herausfordernden Zeit stellen Sie mit ihrer wertvollen Arbeit beeindruckend unter Beweis, wie wichtig unsere beiden Krankenhäuser in Dillingen und Wertingen sind.“ Der Landrat erklärte zudem, welche Maßnahmen an beiden Häusern in der nächsten Zeit anstehen. Demnach soll im Dillinger Krankenhaus die Innere Abteilung durch eine Hauptabteilung Kardiologie ergänzt werden. Deswegen werde dort ein Linksherzkatheter-Messplatz neu geschaffen.

    Dass zudem die Intensivabteilung und die Notaufnahme neu organisiert werden sollen, sei vom Aufsichtsrat Ende 2020 bereits beschlossen worden. In Wertingen soll eine neue Krankenschule gebaut werden. „Zudem wollen wir – erstmals im Landkreis Dillingen – eine neue Akutgeriatrie für den gesamten Landkreis in der Inneren Abteilung des Krankenhauses in Wertingen aufbauen.“

    Das Ziel: ein Wertinger Gesundheitszentrum, wie es sonst keines im ganzen Landkreis gibt

    Auch die Pläne der Stadt Wertingen, mit einem Investor zusammen ein Pflegeheim zu bauen, spricht der Landrat in dem Schreiben an. „Eine hervorragende Ergänzung dieser neuen Strukturen am Krankenhausstandort Wertingen wäre nach meiner festen Überzeugung der Bau eines Ärztezentrums mit dazugehörigen Wohnungen ebenfalls auf dem Grundstück des Krankenhauses“, mit der Firma Reitenberger als Investor.

    So entstünde am Krankenhaus in Wertingen ein Gesundheitszentrum, das es sonst weder im Kreis noch in der Region in dieser Form gibt. Selbstverständlich bleibe das Wertinger Krankenhaus als Haus der Grundversorgung mit den Fachgebieten Chirurgie, Innere Medizin und Anästhesie sowie die Orthopädie erhalten. Mit Blick auf die Notaufnahmen sei man sowohl in Wertingen als auch in Dillingen abhängig von den Vorgaben der Bundespolitik.

    Viele Fragen sind noch offen, meint die Wertinger Betriebsratsvorsitzende

    Der Landrat wiederholt seine feste Überzeugung, beide Häuser in kommunaler Trägerschaft zu halten, seine Wertschätzung über die Arbeit in den Kliniken, und versichert, „dass die Beteiligten alles dafür tun werden, um eine für die Stadt Wertingen, das Krankenhaus und für die Menschen in der Region sehr gute Lösung zu erarbeiten“.

    Doch diese frohe Botschaft kam so bei der Betriebsratsvorsitzenden Probst, die Ende des Monats in Rente geht, nicht an. Sie antwortete dem Landrat, nun sei man „mehr denn je in Sorge um unser Krankenhaus. Ob wir uns alle in einem Schwerpunkt Akut-Geriatrie wiederfinden können?“. Schon würden sich etliche Mitarbeiter Gedanken um eine neue Stelle machen. Denn sie würden die Weihnachtsgrüße folgendermaßen interpretieren: „Die Innere wird zur Geriatrie.“

    Ohne Innere Medizin, erklärt Probst in dem Schreiben, brauche man keine Notaufnahme und keine Intensivstation. So werde das Wertinger Haus Zug um Zug aus der Akutversorgung herausgenommen.

    Als der Wertinger Medizincampus Thema wurde, wusste in Wertingen niemand davon

    Ein Hinweis, warum der Betriebsrat nicht glaubt, dass die Geriatrie zusätzlich geschaffen wird, steht am Ende des Schreibens an den Landrat. Der Betriebsrat hatte nach unserem Bericht über den Medizincampus den Geschäftsführer beider Kliniken, Uli-Gerd Prillinger, zu einem Monatsgespräch geladen. Denn als Schrell in der Zeitung vom Medizincampus sprach, hörte die Krankenhausbelegschaft laut Probst zum ersten Mal davon. Sofort gab es Spekulationen. Doch Prillinger sagte dem Betriebsrat im Januar 2020, er wisse noch nichts. „Das steht so auch im Protokoll“, betont Ottilie Probst. Anschließend aber referierte der Geschäftsführer im Wertinger Stadtrat über die Pläne, und der Betriebsrat fühlte sich hintergangen.

    "Die Klinik in Wertingen bleibt ein Haus der Grund- und Regelversorgung"

    Weil Prillinger erkrankt ist, vertreten ihn die beiden Betriebsdirektorinnen Barbara Jahn-Hofmann (Wertingen) und Sonja Greschner (Dillingen). Letztere erklärt, dass die Weihnachtspost des Landrats so umfangreich war, weil die übliche Weihnachtsfeier coronabedingt ausfiel. Dort hatte Schrell jedes Jahr nicht nur den Mitarbeitern gedankt, sondern auch einen Ausblick auf kommende Projekte vorgestellt. „Sicher ist: Die Klinik in Wertingen bleibt ein Haus der Grund- und Regelversorgung. Eine Akutgeriatrie geht überhaupt nur mit einer Inneren – aber auf keinen Fall ohne“, betont Greschner. Man wolle das Profil der beiden Häuser schärfen und sei noch mitten in der Diskussion. Leider werde die Akutgeriatrie immer wieder mit Altenpflege verbunden, doch das sei falsch. Patienten in hohem Alter werden täglich in den beiden Krankenhäusern behandelt – darauf ziele die Akutgeriatrie.

    Auch Betriebsratsvorsitzende Probst hält ein Ärztezentrum in Wertingen und eine zusätzliche Geriatrie für sinnvoll, ist aber dennoch davon überzeugt, dass das Krankenhaus scheibchenweise abgewickelt wird. Es sei vorrangig der Bundespolitik der Vorwurf zu machen, dass kleine Krankenhäuser kaum rentabel arbeiten können. Doch wer wolle in einem Turm wohnen, an dessen Fuß Tag und Nacht Blaulicht und Martinshorn den nächsten Notfall zum Krankenhaus bringen? Sei das nicht das Ende der Notaufnahme? Und dann auch noch das: Der Herzkatheter wechselt nach Dillingen. Damit soll der Standort kardiologisch besser versorgt werden.

    Ein weiteres Gerücht über die beiden Krankenhäuser in Wertingen und Dillingen

    Parallel dazu gibt es Gerüchte über die Zukunft der beiden Krankenhäuser, nachdem ein Vertreter der Sana-Kliniken in Dillingen gesichtet wurde. Im Unterallgäu hat das Unternehmen vor gut einem Jahr den Geschäftsführerposten des Klinikverbunds Unterallgäu übernommen. Die Kliniken dort werden kommunal betrieben, das Sagen hat die Sana-Gruppe (Unruhe in den Klinken im Unterallgäu: Kreisräte fordern Aufklärung). Landrat Schrell ließ dazu mitteilen: „Wir arbeiten derzeit intensiv an zukunftsfähigen Strukturen für unsere beiden Krankenhäuser in Dillingen und Wertingen. Diese Neustrukturierung hat höchste Priorität. Wenn darüber hinaus im Interesse der Optimierung der medizinischen Versorgung der Menschen in unserer Region eine noch engere Zusammenarbeit mit Nachbarkliniken sinnvoll erscheint, muss nach meiner Überzeugung auch dieser Aspekt geprüft werden.“

    Betriebsdirektorin Greschner kann die Unruhe unter den Wertinger Kollegen verstehen. Das vergangene Jahr sei aufgrund der Corona-Pandemie für alle sehr fordernd gewesen. Doch entgegen manchen Gerüchten soll es für beide Häuser weitergehen. „Wir brauchen eine Aufbruchstimmung.“

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Vertrauen durch Kommunikation

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