Oberliezheim Der Silberrohling liegt im Schmiedefeuer. Schon nach wenigen Minuten wechselt er seine Farbe, beginnt zu glühen. Noch wartet Roman Zanker. Bis 1000 Grad Celsius heizt der Gasbrenner auf. 850 Grad braucht das glühende Metall für eine optimale Verarbeitung. Sein Blick und die Erfahrung zeigen ihm, wann es so weit ist. Er nimmt den mittlerweile hellroten Rohling mit der Zange auf, legt ihn flink auf den Amboss – und holt aus. Mit einem einzigen kräftigen Hammerschlag prägt er das Motiv auf die Münze.
Gesenkschmiede nennt sich die uralte Technik, mit der bereits Griechen, Kelten, Römer und Germanen ihre Münzen prägten. Der 53-jährige Roman Zanker gestaltet so Amulette, Talisman, Glücksbringer, Symbolzeichen. Sie bekommen eine Bohrung und Öse, hängen am hochwertigen Lederband um den Hals oder dienen als Schlüsselanhänger. Mit ihnen startete Roman Zanker vor 26 Jahren in die Selbstständigkeit.
Ein Freund hatte ihn überzeugt, mit aufs historische Schlossfest in Neuburg an der Donau zu kommen. Zanker bietet dort Kerzenständer und Gürtelschnallen an und vereinbart mit dem Veranstalter, ein Gesenk für deren Ottheinrichstaler herzustellen. Auf dem historischen Fest prägt er vor Publikum einen Taler nach dem anderen.
Die historischen Feste kamen damals gerade groß in Mode. „Doch den passenden Schmuck zur historischen Gewandung gab’s noch nicht“, sagt Zanker. Von 1989 bis 1995 war der Oberliezheimer Kunstschmied der Einzige, der historischen Schmuck im süddeutschen Raum anbot.
Er besuchte alle möglichen historischen Feste und Kunsthandwerkermärkte, fuhr nach Wien, Graz und Südtirol ebenso wie nach Luxemburg, Hannover und Ostdeutschland. Heute ist ihm die Zeit auf der Autobahn zu schade. „Wir haben genügend gute Veranstaltungen in Süddeutschland“, sagt er mit Blick auf Bayern und Baden-Württemberg. In Oberliezheim wohnt er zentral, um alle gut zu erreichen. Der Grund, warum er vor zehn Jahren in den kleinen Bissinger Ortsteil gezogen ist, liegt bei seiner Frau. Als Montessori-Pädagogin hatten sie im größeren Umkreis von Wertingen einen Hof gesucht – und ihn schließlich in Oberliezheim gefunden. Schritt für Schritt richteten sie die Hofstelle her, verbanden Altes und Ursprüngliches mit moderner Energietechnik. Die vier Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren machen sich täglich mit der Mutter auf den Weg ins Zusamtal, während Roman Zanker in seiner Werkstatt zurückbleibt.
Dort kreiert er neuen Schmuck – Ringe und Ohrringe, Anhänger und Armreife. Gewickelte und geflochtene Modelle gehören zu seinen neuesten Ideen, dazu ein Spielring, bestehend aus zwei locker verbundenen Einzelteilen. Zwischendurch kann’s auch mal Gold sein, beispielsweise bei der Auftragsarbeit für einen Ehering. Die gestalten und hämmern sich die Eheleute auch gerne selbst, bei einem Tagesseminar in der Oberliezheimer Werkstatt. Die bietet er mittlerweile regelmäßig an. Dabei erkennen die Teilnehmer selbst, was es heißt, einen Ring intensiv zu hämmern, bis das Silber stabil und der Ring in der passenden Größe ist.
Im Laufe der Jahre hat Zanker sehr viele Ringmodelle entwickelt, jedes handgearbeitet und dadurch ein Einzelstück. So eigenwillig sich seine Kreationen heute zeigen, so individuell hatte sich einst schon sein Berufsweg gestaltet. Als Metallbauer lernte der im Landkreis Aichach geborene und aufgewachsene Roman Zanker viele Grundtechniken kennen: Schweißen, Löten, Drehen, Fräsen.
Nach der Ausbildung half er Karusselle bauen, fürs Oktoberfest und für Michael Jackson, was ihm echt Spaß machte. Und doch gab es da noch etwas anderes, was ihn faszinierte. „Schon immer“ hatte er zu Hause eine kleine Lötwerkstatt, kreierte für sich und seine Freunde kleine Schmuckteile: spitzige, auffällige Ohrringe in der Punk-Zeit und manchen Anhänger für die Freundin. „Eigentlich aus der Not heraus, weil ich nichts Fertiges fand, was mir gefiel“, sagt Zanker rückblickend.
Zunächst blieb der Schmuck Hobby. Gleichzeitig entwickelte er seine Fertigkeiten immer weiter. Während der Ausbildung zum Metallbauer beispielsweise zog es ihn wie magisch immer wieder in den Keller der Augsburger Berufsschule, wo sich damals noch eine Schmiede befand. Berufsbegleitend besuchte er als Geselle mehrere Schmiedekurse in besagtem Keller – und erinnerte sich rechtzeitig zum Neuburger Schlossfest an die beim Lehrer beobachtete Technik der Senkschmiede: „Die bildete den Grundstock für meine heutige Arbeit.“ Amulette als Glücksbringer finden sich noch immer in seinem Sortiment. Die jüngste Anfrage kommt von einer Schule, die ihren Abgängern damit eine bleibende Erinnerung mit auf den Weg geben will. Die nötigen Punzen – das Werkzeug dafür – stellt der Metallbauer selbst her.
Roman Zanker genießt es, in seiner Oberliezheimer Werkstatt in aller Ruhe vor sich hinzuarbeiten. Doch mindestens genauso liebt er die kleinen und großen Märkte. „Dort lerne ich meine Kunden kennen und merke, was Trend ist.“ So geht’s im Juli zu den Ritterspielen nach Kaltenberg.