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Verlagerung der Bewertungsstelle: Höchstädts umstrittenste Baustelle

Verlagerung der Bewertungsstelle

Höchstädts umstrittenste Baustelle

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    Der Bau verläuft ziemlich reibungslos, die politische Diskussion nicht: In gut zwei Monaten soll die Bewertungsstelle des Finanzamts München am Standort des einstigen Höchstädter Krankenhauses fertig sein. 63 Mitarbeiter werden hier ab 2017 beschäftigt sein.
    Der Bau verläuft ziemlich reibungslos, die politische Diskussion nicht: In gut zwei Monaten soll die Bewertungsstelle des Finanzamts München am Standort des einstigen Höchstädter Krankenhauses fertig sein. 63 Mitarbeiter werden hier ab 2017 beschäftigt sein.

    Von Sommerferien ist auf dem einstigen Krankenhausgelände neben dem Schloss in Höchstädt nichts zu spüren. Die Arbeiten an der neu erbauten Bewertungsstelle des Münchner Finanzamts laufen auf Hochtouren. Immer wieder taucht die Schaufel eines Baggers am Krankenhausberg in den Untergrund ein: Der Kanalanschluss wird errichtet, die neue Bewertungsstelle muss ans Entsorgungsnetz angeschlossen werden. Wenige Meter weiter montiert Matthias Autenrieth von der gleichnamigen Metallbaufirma in Schierling (Oberpfalz) in luftiger Höhe Fenster. Der Blick dort oben auf die Höchstädter Altstadt und das Schloss ist gigantisch. Die 63 Finanzbeamten, die ab dem nächsten Jahr in Höchstädt arbeiten, werden schöne Zimmer mit Aussicht haben, um die sie vermutlich manch anderer Arbeitnehmer beneiden würde. Frieder Vogelsgesang, Bereichsleiter Hochbau am Staatlichen Bauamt in Krumbach, und sein Mitarbeiter Bernd Wenninger sehen den Baufortschritt mit Freude. Am 30. Oktober soll die neue Bewertungsstelle mit einer Nutzfläche von 2500 Quadratmetern übergeben werden. „In wenigen Wochen sind wir fertig, die politische Diskussion berührt uns als Bauamt nicht“, sagt Vogelsgesang.

    Insgesamt geht esum 18 Millionen Euro

    Keine andere Höchstädter Baustelle hat wohl jemals so viel politischen Wirbel verursacht. Es geht dabei um ein vom Bayerischen Landtag beschlossenes 18-Millionen-Euro-Projekt – die 11,1 Millionen Euro teure Verlagerung der Bewertungsstelle und den auf 6,8 Millionen Euro veranschlagten Umbau des einstigen Schwesternwohnheims. Dort sollte eine Unterkunft für Lehrer entstehen, die im Höchstädter Schloss eine Fortbildung erhalten. Die bayerische Staatsregierung hat aber den zweiten Bauabschnitt nach der Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH), der den Nachweis für den Fortbildungsbedarf einforderte, auf Eis gelegt.

    Claudia Stamm, die finanzpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, forderte noch Ende des vergangenen Jahres den Stopp der Behördenverlagerung von München nach Höchstädt – die Heimat des Landtagsabgeordneten Georg Winter. Sie geißelte die „dubiosen Umstände“ der Entscheidung, die unsachgemäß sei. Auch der Vorsitzende der Bayerischen Finanzgewerkschaft, Gerhard Wipijewski, sagte, es mache keinen Sinn, wenn Münchner Grundstücke im 100 Kilometer entfernten Höchstädt bewertet werden sollen. Stamm hielt der CSU Mauscheleien vor. Der frühere Finanzminister Georg Fahrenschon und sein Nachfolger Markus Söder hätten Winter, dem damaligen Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, mit der Verlagerung wohl einen Gefallen getan, vermutete Stamm. Aus der geplanten Sanierung sei zudem ein Neubau geworden. Die Akten der Finanzbehörde wären für die Decken des alten Krankenhauses zu schwer gewesen. Das Gebäude wurde abgerissen.

    Rechnungshofkritisiert das Vorgehen

    Auch der ORH kritisierte die Begleitumstände der Behördenverlagerung und machte eine ganze Reihe von Verstößen gegen das Haushaltsrecht aus. Möglicherweise sei es versäumt worden, Wirtschaftlichkeit, Sanierungsfähigkeit und Alternativen zu prüfen, den Bedarf schlüssig zu begründen, Wirtschaftlichkeitsvergleiche zu erstellen und die Gesamtkosten sorgfältig zu ermitteln, hieß es in einer hitzigen Debatte im Landtag. Zuletzt schaffte es Höch-städt gar bundesweit ins Fernsehen – in der RTL-Sendung „Mario Barth deckt auf“. Dass die Stadt das 9500 Quadratmeter große Grundstück für nur zwei Euro verkauft hat, sorgte für Staunen. Quintessenz der Barth-Recherche: „Es wurde fast jedes Gesetz gebrochen außer eines: die CSU schafft an.“

    Bei so viel Zündstoff ist es ein seltsamer Kontrast, dass die Baustelle selbst so reibungslos voranschreitet. Vogelsgesang und Wenninger führen in die lichten Räume, erklären die Technik. Die neue Bewertungsstelle, bei der Teile der einstigen Mensa des Schülerinternats integriert wurden, werde mit einer „sehr effizienten“ Gaswärmepumpe beheizt. Aufs Dach kommen Fotovoltaikanlagen. „Wir liegen um 30 Prozent unter den strengen Vorgaben der Energieeinsparverordnung“, sagt Vogelsgesang.

    Vandalen haben im einstigenSchwesternwohnheim gehaust

    Nebenan steht das alte Schwesternwohnheim, das zur Fortbildungsherberge hätte umgebaut werden sollen. „Dort haben Vandalen gehaust, eine Sanierung ist jetzt nicht mehr möglich“, informiert Vogelsgesang. Das Projekt habe der Rechnungshof leider gestoppt, bedauert Abgeordneter Georg Winter. Er weist den Vorwurf der Mauscheleien vehement zurück. Die Behördenverlagerung von Ballungszentren aufs Land sei ein Instrument der bayerischen Strukturpolitik. Dillingen habe so Teile der Münchner Finanzkasse bekommen. Unter den zwölf nordschwäbischen Städten habe Höchstädt die niedrigste Steuerkraft. Winter sagt: „Unser Ansatz war die Frage, wie wir das Höchstädter Schloss auslasten können.“ Der Freistaat habe 30 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt. Das Schloss sei aber mit den Museen allein nicht ausgelastet, stellt der CSU-Stimmkreisabgeordnete fest. Es sei ein Glücksfall gewesen, dass in unmittelbarer Nachbarschaft ein Grundstück zur Verfügung stand. Neben der Bewertungsstelle sei gerade der zweite Bauabschnitt – die Herberge für Fortbildungswillige – von entscheidender Bedeutung, betont Winter. Der ORH habe aber gefordert, zuerst den Bedarf nachzuweisen und dann zu bauen. „Ein Weg wäre es aber, zuerst zu bauen, und dann am Markt zu werben“, sagt Winter. Die Fortbildung sei ein Wachstumsmarkt und die Räume im Schloss bereits hergerichtet.

    Vor Ort hat die hitzige Debatte Winter nicht geschadet. Bürgermeister Stefan Lenz freut sich über die Verlagerung der Bewertungsstelle nach Höchstädt, ebenso Landrat Leo Schrell. „Ich bin Georg Winter für seine Initiative dankbar“, sagt er. Viele Finanzbeamte aus der Region könnten sich so das Pendeln nach München ersparen. Bei vielen Höchstädtern hat Winter mit dem Thema gepunktet. In seiner Heimat habe der Abgeordnete ein Ansehen wie ein Popstar, hieß es bei Mario Barth.

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