Ausschweifende Wanderungen, Radtouren entlang der Donau oder die lang ersehnte Abkühlung in einem der vielen Baggerseen. Der Landkreis Dillingen hat für den Urlaub daheim so einiges zu bieten – und lockt jedes Jahr zahlreiche Touristen an. Jetzt, im wohl ungewöhnlichsten Sommer seit Jahrzehnten, wählen viele die Heimat anstelle des Mittelmeers. Merken das auch Gasthöfe und Hotels im Landkreis?
Gasthof Sonne in Gundelfingen bietet Besuchern viel Platz
„Es läuft gut. Der August ist sehr stark“, sagt Jutta Delle vom Gasthof Sonne in Gundelfingen. Ihr Vorteil sei, dass der Gasthof viel Platz biete. „Da lassen sich die Hygieneregeln leicht einhalten. Und die Leute fühlen sich sicherer. Man hockt einfach nicht so aufeinander drauf.“ Natürlich habe auch Familie Delle die Pandemie mit voller Wucht getroffen. Während des Lockdowns im Frühjahr gab es im Restaurant nur noch Essen-to-go. Besonders der Muttertag ist der Betreiberin in Erinnerung geblieben: „Man glaubt gar nicht, was es für Arbeit macht, das Essen in die To-Go-Boxen zu packen“, erzählt sie und lacht kurz auf.
Das Hotel, das die Familie neben der Metzgerei und dem Restaurant betreibt, sei in den vergangenen Wochen ganz unterschiedlich ausgelastet gewesen. Bei schlechtem Wetter sei weniger los, bei gutem die meisten der 15 Zimmer belegt. Denn eines ist anders als in den Jahren zuvor: Statt der Geschäftsreisenden übernachten in diesem Jahr wieder mehr Touristen in Gundelfingen, vor allem Radfahrer. „Und die kommen bei schlechtem Wetter natürlich nicht.“ Delle jedenfalls blickt zuversichtlich in die Zukunft. „Das wird wieder.“
Vor dem Kannenkeller Hotel steht ein Foodtruck
Neue Geschäftsideen wie das Essen-to-go haben sich viele Gastronomen und Hoteliers im Landkreis einfallen lassen. Vor dem Hotel Kannenkeller in Lauingen hat der Betreiber im Frühjahr einen Foodtruck aufgestellt, wo es Burger gibt. Betreiber Philipp Pippert ist überzeugt: „Das war eine super Kompensationsmöglichkeit.“ Rund ein Drittel seines Umsatzes habe er im Zuge der Corona-Pandemie einbüßen müssen. Ohne den Truck, so Pippert, hätte er noch deutlich mehr Umsatz verloren.
Inzwischen habe sich auch in Lauingen die Situation etwas entschärft. Die Nachfrage im Hotel sei aktuell sehr gut, die 30 Zimmer nahezu ausgelastet. Im Kannenkeller, wo normalerweise sehr viele Geschäftsreisende übernachten, bleiben jetzt im Sommer viele Touristen, die Radtouren unternehmen oder das Legoland besuchen. „Wir werden nicht überrannt, aber die fehlenden Business-Reisenden werden zumindest kompensiert“, sagt Pippert.
Mittelfristig sieht er die Situation der Hotelerie als nicht gerade einfach an: „Man kann die Einbußen theoretisch schon wieder reinholen. Aber ich glaube, dass wir in den kommenden zwei bis drei Jahren nicht die wirtschaftliche Situation haben werden, um die Verluste zu kompensieren.“ Denn in Zeiten schwächer werdender Wirtschaft und der Pandemie seien auch weniger Geschäftsreisende unterwegs, die außerhalb der Ferien so wichtig für die Hotels sind.
Corona-Sommer spiegelt sich in der Statistik wider
Der schwächere Corona-Sommer spiegelt sich auch in den Zahlen des Landesamts für Statistik wider, die der Tourismusverein Donautal Aktiv auf Nachfrage zur Verfügung stellt. Die aktuellsten Zahlen beziehen sich auf Juni: Waren 2019 in der ersten Jahreshälfte noch 9650 Besucher im Landkreis, die insgesamt 18156 Übernachtungen generierten, so kamen im selben Zeitraum 2020 nur noch 5383 Gäste, die 11357 Übernachtungen mit sich brachten. Die Zahlen der Statistik beziehen sich auf Betriebe ab zehn Betten.
Bei Donautal Aktiv ist man mit Blick auf die Entwicklung des Tourismus im Landkreis Dillingen optimistisch: Angelika Tittl teilt mit: „Seit den Lockerungen nach dem Shutdown verzeichnen wir eine erhöhte Nachfrage an Infomaterialien zu den Rad- und Wanderangeboten sowie dem Freizeitangebot im Dillinger Land.“ Im Zuge der Pandemie, aber auch durch die Wander- und Radwege, sei mit einer positiven Entwicklung der Übernachtungszahlen zu rechnen. Beim Verein geht man zudem davon aus, dass der Tagestourismus wieder zunehmen wird.
Ähnliches ist auch von Gabriele Stoiber vom Hotel Zur Glocke in Höchstädt zu hören. „Es hätte deutlich schlimmer sein können“, sagt sie. Hotel und Restaurant waren neun Wochen lang geschlossen, inzwischen sei zumindest das Restaurant wieder voll ausgelastet. Und im Hotel nehmen die Aufträge ebenfalls wieder zu. Für die Zeit nach den Ferien hätten sich schon die ersten Geschäftsreisenden angemeldet. „Wenn es so bleibt wie jetzt, sind wir zufrieden. Aber das ist schon etwas ungewiss“, sagt Stoiber.
Vor allem Radler kommen am Dillinger Hof vorbei
Optimismus ist auch von einigen anderen Hotelbetreibern zu hören. Jana Bauer vom Dillinger Hof ist ebenfalls zufrieden, auch wenn das Hotel nicht ganz ausgelastet sei. Vor allem Radler aus der weiteren Umgebung, die auf dem Donauradweg unterwegs sind, kämen im Dillinger Hof unter. Aber auch einige Arbeiter aus Italien, die in Dillingen zu tun haben. Bauer hat Grund zur Freude: „Letztes Jahr im August waren weniger Gäste da als heuer“, sagt sie. Der Corona-Sommer hat für manche eben auch Vorteile.
Doch Bauer äußert auch Bedenken. Denn die vergangenen Monate seien für die Branche schwierig gewesen, erst vor wenigen Wochen etwa sind die Mitarbeiter des Dillinger Hofs aus der Kurzarbeit zurückgekehrt. Und jetzt steigen die Infektionszahlen wieder. „Wir haben große Angst vor einer zweiten Welle. Das wäre furchtbar für uns“, sagt Bauer. Denn für September haben sich auch im Dillinger Hof zahlreiche Gäste angemeldet. „Ich wüsste gar nicht, wie das bei einer zweiten Welle gehen soll.“ Doch die Betreiberin will sich davon zumindest aktuell nicht ihre Zuversicht nehmen lassen.
Wertingerin bietet ihr mobiles Haus Gästen an
Realistisch in die Zukunft schaut die Wertinger Künstlerin Barbara Mahler. „Sowohl Corona- als auch umweltbedingt wird Süddeutschland ein beliebtes Urlaubsgebiet werden“, mutmaßt die 56-Jährige. Motiviert durch die derzeitig unsicheren finanziellen Einkünfte hat sie sich entschieden, ihr Haus aufzuteilen. Die Hälfte wird sie ab kommender Woche vermieten. Dabei gehört ihr mobiles Haus mit 70 Quadratmetern ohnehin zu den kleinsten im Landkreis.
Im September 2014 hat sie es bezogen und im Laufe der Jahre festgestellt, wie gut es ihr tut, sich auf das Wesentliche zu reduzieren. Kurzerhand ließ sie somit ein zweites kleines Bad einbauen lassen und hat das Bett im Gästezimmer frisch überzogen. Über der gemütlichen Couch finden sich zahlreiche Bücher, auf einem Ecktisch Wasserkocher, Kaffeeautomat und Mini-Kühlschrank. Und wer neben Radeln, Schwimmen, Wandern im Donauried und entlang der Zusam sowie Ausflügen in die Umgebung gerne Mal- und Yogakurse besuchen will, dem könne sie beides problemlos anbieten. „Ich bin bereit“, sagt sie lachend.
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