18.57 Uhr. Es ist fast gespenstisch leise in der Nordschwabenhalle. So pünktlich sitzen die Höchstädter Stadträte selten an den Tischen. Und schon drei Minuten vor offiziellem Beginn kann Bürgermeister Gerrit Maneth die Sitzung eröffnen – die erste in der neuen Periode. Fünf neue Stadträte sind dabei. Nicht die einzige Veränderung. Statt im schönen Sitzungssaal im Rathaus am großen Tisch, ähnelt die Sitzverteilung in der kühlen Halle eher an eine Prüfungssituation: viel Abstand zwischen den einzelnen Tischen, weiße Paketkleber als Markierungen auf dem Boden, keine Wassergläser. Dafür gibt es kleine, eingepackte Schokolädchen für jeden Stadtrat – mit Bild und Dank von Bürgermeister Maneth. „Sie alle wissen, warum wir hier tagen und ich bin sehr dankbar, dass wir es so umsetzen können“, sagt er. Die Corona-Pandemie erfordere neue Lösungen und Wege – von Stadtrat, Verwaltung, Mitarbeitern und Bürgern.
Keine Kampfabstimmung gewünscht
Eines ist aber am Montagabend unverändert. Auch in der ersten, konstituierenden Sitzung. Das Höchstädter Gremium bleibt diskutierfreudig und Abstimmungen sind knapp. Vor allem die Entscheidung, wer künftig Bürgermeister Gerrit Maneth vertreten soll, ist dabei ein heikles Thema, was alle Beteiligten – inklusive Zuschauer – schon im Vorfeld der Sitzung vermuteten. Es geht um die Position des Dritten Bürgermeisters. Zwölf Jahre hat Hans Mesch von den Freien Wählern dieses Amt bekleidet. Seit Montag nicht mehr. Er stellt sich nicht mehr zur Wahl, seine Fraktion nominiert keinen Kandidaten – unfreiwillig. Mesch: „Ich muss nicht in einer unnötigen Kampfabstimmung der Presse Negativschlagzeilen liefern.“ Denn, so rechnet es Mesch vor, das Kräfteverhältnis im Stadtrat hat sich nach der Kommunalwahl verschoben. Das Umland ist nun mit sechs gewählten Vertretern die stärkste Gruppierung und beanspruche laut Mesch damit die Position des Dritten Bürgermeisters und die CSU fühle sich dieser Argumentation verpflichtet. Das ergebe in der Stumme elf Stimmen für Umland/CSU, bei gutem Verlauf wäre er seiner Meinung nach demnach höchstens auf zehn Stimmen für sich gekommen. „So einfach geht Politik“, sagt Mesch.
Hans Mesch wird die Trauungen vermissen
Der langjährige Stellvertreter macht am Montag aber kein Geheimnis daraus, dass ihn der Verlust des Postens schmerze. Aber er werde „sicherlich nicht daran zerbrechen“, und: „Mitleid Fehlanzeige, Bedauern erlaubt.“ Es tröste ihn, dass alle Stadträte und Beteiligten ihm für sein großes Engagement danken und es keine Entscheidung gegen ihn als Person sei. Er habe die Aufgaben des dritten Stellvertreters mit Herzblut all die Jahre ausgeübt und werde vor allem die Trauungen, die er als Standesbeamter lange durchgeführt hat, vermissen. Aber: „Wer glaubt, ich werde mich in den Schmollwinkel zurückziehen oder die beleidigte Leberwurst spielen, der wird enttäuscht sein.“
Enttäuscht ist am Montagabend auch Armin Hopfenzitz, wie er sagt. Er ist nun der neue Dritte Bürgermeister. Der Deisenhofener ist seit zwölf Jahren im Stadtrat aktiv und vertritt dort die Umlandfraktion. „Und ich habe bestimmt viel Gutes getan in dieser Zeit. Deshalb treffen mich ein paar Wortmeldungen wirklich. Vor allem, dass ich als schlechter Demokrat hingestellt werde. Das ist schade“, sagt Hopfenzitz, nachdem er offiziell von Bürgermeister Maneth vereidigt wird.
Geheime Wahl und ungültige Stimmen
Der Grund: Auch wenn die Freien Wähler den Posten kampflos aufgeben, so wollen sie den neuen Stellvertreter nicht unterstützen. Eva Graf-Friedel sagt: „Aus unserer Sicht kann Armin Hopfenzitz nicht die Belange der Stadt Höchstädt vertreten. Die Umlandfraktion hat in der Vergangenheit immer wieder wichtige und zukunftsweisende Themen boykottiert. Wir fühlen uns deshalb von einem Dritten Bürgermeister aus Deisenhofen nicht gut vertreten.“ Die Diskussion ist eröffnet. Ludwig Kraus, CSU, findet es „seltsam, dass so diskutiert werden muss“, Rainer Wanek, Pro Höchstädt, ist enttäuscht über die Vorgehensweise, und Johann Jall, Umland, ist entsetzt über die „schweren Demokratie-Defizite“ seiner Kollegen. Denn laut Jall sei der Wählerwille nach dem 15. März klar erkennbar: Das Umland ist die stärkste Partei und so stehe ihr der Posten des Dritten Bürgermeisters zu. Das Ergebnis der geheimen Wahl: 5 ungültige Stimmen, 12 für Hopfenzitz, 4 für Günter Ballis.
Stephan Karg bleibt Zweiter Bürgermeister
Armin Hopfenzitz nimmt die Wahl, wenn auch sichtlich geknickt, an und betont: „Ich werde mein Bestes geben und ich will die Stadtteile und die Stadt wieder näher zusammenbringen.“ Das wünscht sich auch Bürgermeister Gerrit Maneth. Er sichert seinem Dritten Bürgermeister dabei seine vollste Unterstützung zu. Die genießt auch Stephan Karg – von der großen Mehrheit des Gremiums. Denn seine erneute Wahl zum Zweiten Bürgermeister der Stadt Höchstädt ist fast ein Selbstläufer. Kein anderer Kandidat wird vorgeschlagen, von 20 gültigen Stimmen fallen 17 auf ihn. Maneth: „Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit mit Stephan Karg immer angenehm ist. Ich kann diese Nominierung nur unterstützen.“
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