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Prozess: Totschlag-Prozess: So wollten die Angeklagten Spuren verwischen

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Totschlag-Prozess: So wollten die Angeklagten Spuren verwischen

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    An diesem Parkplatz am Lutzenberger See nahe Günzburg legten im November 2017 ein heute 32-Jähriger sowie eine 30-Jährige die Leiche ihres Freundes ab. Damals suchte die Polizei vor Ort nach möglichen Spuren.
    An diesem Parkplatz am Lutzenberger See nahe Günzburg legten im November 2017 ein heute 32-Jähriger sowie eine 30-Jährige die Leiche ihres Freundes ab. Damals suchte die Polizei vor Ort nach möglichen Spuren. Foto: Bernhard Weizenegger (Archiv)

    Tag zwei im Totschlag-Prozess zu einem Vorfall im Dillinger Land: Das Gericht vernahm ein Dutzend Zeugen, um die genauen Todesumstände eines 36-jährigen Drogenkonsumenten, der ursprünglich aus Monheim (Kreis Donau-Ries) stammte und dessen Leiche an der B16 bei Günzburg gefunden wurde, aufzuklären (lesen Sie hier weitere Hintergründe).

    Verteidigung will nicht von Totschlag sprechen

    Die Verteidigung verkündete eine Stellungnahme zu einem Video vom ersten Verhandlungstag, um den Vorwurf des Totschlags gegen eine 30-Jährige und ihren mit angeklagten 32-jährigen Partner – beide aus dem Landkreis Dillingen – abzumildern. Bereits am ersten Verhandlungstag hatte sich das Gericht einen knapp vier Minuten langen Film angesehen, den die 30-Jährige am Tag vor dem Tod des Geschädigten aufgenommen hatte.

    Auf diesem Film ist unter anderem zu sehen, wie der 32-Jährige dem bereits massiv unter Drogen stehenden, schwer atmenden Geschädigten eine Zigarette und eine Spritze anbietet. Dies jedoch als Beweismittel dafür zu werten, dass die beiden Angeklagten den Tod ihres Kumpels billigend in Kauf genommen oder gar mitverursacht hätten, sei nicht zulässig, so die Meinung von Rechtsanwalt Georg Zengerle, der den 32-Jährigen verteidigt. Der Film sei vielmehr eine Momentaufnahme während einer Nacht unter Drogeneinfluss.

    Freund konsumierte mit der Gruppe immer wieder Drogen

    Längere Zeit verwendete das Gericht für die Vernehmung eines 34-jährigen Operators aus Aalen. Er bezeichnete die Angeklagte als seine beste Freundin aus Kindertagen. Den Verstorbenen und den Mitangeklagten kenne er jeweils, seit diese Beziehungen mit der 30-Jährigen hatten. Er räumte ein, mit allen drei Personen auch Drogen konsumiert zu haben, entweder in der Wohnung im Kreis Dillingen oder bei sich zu Hause.

    Er berichtete auch über seine Freundschaft zum Verstorbenen. Dieser habe erst kurz vor seinem Drogentod im November 2017 noch seine Zähne im Kosovo richten lassen. Von dort habe er jede Menge Medikamente als Rauschmittel nach Deutschland mitgebracht und konsumiert. Bereits kurz nach dem Auffinden des Toten am 15. November sei er von der 30-Jährigen angerufen und informiert worden. Er habe ihr geraten, den Notarzt zu rufen und mit Wiederbelebung zu beginnen.

    Entdeckung des Toten vorgespielt

    Näheres zur Nacht, in der der Verstorbene auf einem Park- und Rastplatz an der B16 zwischen Günzburg und Lauingen vorgeblich gefunden worden war, berichteten die beiden Polizisten, die als Erste am Ort des Geschehens eingetroffen waren. Seinerzeit hätten sie noch keine Anhaltspunkte dafür gehabt, dass der 36-Jährige bereits Stunden zuvor gestorben und von den beiden Angeklagten aus deren Wohnung im Kreis Dillingen auf den Parkplatz geschafft worden war. Anschließend waren es die beiden Angeklagten, die einen Notruf abgesetzt hatten, um die Entdeckung des Toten vorzuspielen. Selbiges hatten die beiden bereits am ersten Verhandlungstag gestanden.

    Der Polizeibeamte hatte frische Reifenspuren an dem abgelegenen Teil des Rastplatzes ausfindig machen können, Spuren, die auf zweimaliges Hin-und Herfahren schließen ließen. Er habe auch als Erster die 30-Jährige vernommen, die gemeinsam mit ihrem Freund im Rettungswagen gesessen hatte. Während er einen abwesenden Eindruck gemacht habe, habe die Frau geweint. Eine Kollegin des Polizisten beschrieb die 30-Jährige gar als „hysterisch“. „Ist er erschlagen worden?“, habe die 30-Jährige über ihren Bekannten gefragt.

    Frau spielt offenbar Anfall vor

    Dass die heute des Totschlags beschuldigten Angeklagten anfangs möglicherweise nicht mit offenen Karten mit der Polizei spielten, zeigte die Aussage eines 60-jährigen Kripobeamten aus Neu-Ulm (die dortige Kripo war zuständig, weil der Auffindeort des Toten in ihrem Zuständigkeitsbereich liegt). Während er zwei Tage nach dem Leichenfund die 30-Jährige vernommen habe, sei diese zusammengeklappt, habe sich auf den Boden des Reviers gelegt und sich ins Krankenhaus bringen lassen. Der Verdacht sei aufgekommen, sie habe so ihre Vernehmung steuern wollen. Auch sei es zunächst nicht gelungen, des Handys der Frau habhaft zu werden. Erst Tage später sei es bei ihr im Krankenhaus gefunden worden.

    Ihr Freund, der 32-Jährige, hatte sich derweil am ganzen Körper rasiert, „weil ihm danach gewesen sei“, so ein anderer Kriminalbeamter. Eine Haarprobe, die Aussagen über Drogenkonsum erlaubt, sei somit nicht möglich gewesen.

    Erbrochenes auf einer Decke im Auto

    Ein weiterer Polizeibeamter und ein Diplom-Biologe der Rechtsmedizin in München hatten sich mit Spuren in den Autos der Tatbeteiligten befasst. So habe laut Biologe an einer Decke, die im Kofferraum in einem Auto des Angeklagten lag, Erbrochenes des Verstorbenen festgestellt werden können.

    Eine Diplom-Ingenieurin des Landeskriminalamtes hatte die Kommunikationsspuren der Mobiltelefone der beiden Angeklagten nachvollzogen. So könne davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte am 15. November bis 20.09 Uhr in seiner Wohnung gewesen sei. Dann sei er 20 Minuten lang im Bereich der Funkzelle Sontheim/Brenz unterwegs gewesen, jene Zelle, die den Auffindeort der Leiche abdeckt. Zu Hause zurück sei er ab 21.19 Uhr dann wieder im Bereich der Funkzelle Sontheim unterwegs gewesen. Um 21.48 Uhr war die Polizei über den Leichenfund informiert worden. Der Prozess wird am 17. Dezember fortgesetzt.

    Lesen Sie hier den Bericht vom ersten Verhandlungstag:

    Mann stirbt nach Drogenrausch: Sind Freunde mitschuldig?

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