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Programm: Wo sind die unsichtbaren Jugendlichen?

Programm

Wo sind die unsichtbaren Jugendlichen?

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    Manche Jugendlichen haben Angst vor der Lehrstelle. Oder den Anschluss an die Klassenkameraden verloren. Manchen fehlt die Motivation für eine Ausbildung. Und andere haben es daheim einfach so gemütlich, dass sie gar nicht arbeiten gehen müssen. Im Landkreis gibt es ein Programm für verschwundene Jugendliche, die in keiner Liste mehr auftauchen. Der Start verlief bereits sehr erfolgreich.
    Manche Jugendlichen haben Angst vor der Lehrstelle. Oder den Anschluss an die Klassenkameraden verloren. Manchen fehlt die Motivation für eine Ausbildung. Und andere haben es daheim einfach so gemütlich, dass sie gar nicht arbeiten gehen müssen. Im Landkreis gibt es ein Programm für verschwundene Jugendliche, die in keiner Liste mehr auftauchen. Der Start verlief bereits sehr erfolgreich.

    Manche haben einen Schulabschluss, manche nicht. Sie treffen sich im Park, am Bahnhof oder sitzen zu Hause vor dem Computer. Haben keine Ausbildung, keine Perspektive, vielleicht keine Lust und vielleicht auch kein Zuhause. Auch im Landkreis Dillingen leben junge Menschen, die plötzlich von der Bildfläche verschwinden. Die keine Ausbildung machen – oder nicht antreten, weder vom Jobcenter noch von der Agentur für Arbeit unterstützt werden. Die den Anschluss verloren haben. Im Rahmen eines Projekts sollen sie gefunden und betreut werden. Im allerbesten Fall haben sie danach eine Lehrstelle. Doch bis dahin ist es ein weiter Weg.

    Auch "Wohlstandsverwahrlosung" ist ein Problem

    Werner Möritz
    Werner Möritz

    Im vergangenen Jahr hat „Finde deinen Weg“ im Landkreis Dillingen begonnen. Das Projekt wird durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert und vom BIB Augsburg (gemeinnützige Gesellschaft für Bildung, Integration und Beruf) in Dillingen umgesetzt. Projektpartner sind die Agentur für Arbeit in Donauwörth, das Jobcenter Dillingen und das Jugendamt Dillingen. Die Teilnahme ist kostenlos. Werner Möritz, operativer Geschäftsführer der Donauwörther Arbeitsagentur, erklärt, dass man junge Menschen zu nichts zwingen kann. Maßnahmen der Arbeitsagentur sind freiwillige Angebote. Das Jobcenter wiederum kann junge Menschen, die an bestimmten Programmen nicht teilnehmen, sanktionieren. Doch das bringt nichts, meint Möritz. Und aufsuchende Hilfen gibt es nicht. In Großstädten werden vor allem Kinder von Hartz-IV-Empfängern unterstützt. Doch im ländlichen Raum sind es laut Möritz eher andere Probleme. Er spricht auch von „Wohlstandsverwahrlosung“: Jugendliche, die nicht arbeiten wollen oder müssen, deren Eltern aber durchaus Geld verdienen.

    Im vergangenen Jahr wurde das Programm „Finde deinen Weg“ auf weitere Zielgruppen ausgeweitet – und kommt deswegen auch für den Landkreis Dillingen infrage. Im Rahmen dessen gingen das Jobcenter und Sozialpädagogen des BIB gezielt auf bestimmte junge Leute zu, auch unter der Zielgruppe sprach sich das Thema schnell herum. Im Sommer waren dann acht Jugendliche gefunden, die für das Projekt infrage kamen. „Die Zahl hat uns überrascht“, meint Möritz. „Da sind durchaus junge Leute dabei, die einen qualifizierenden Abschluss in der Tasche haben. Trotzdem fassen sie nicht Fuß.“ Manch einer brachte gleich noch einen Freund mit. Auch ein Obdachloser kam.

    Mit lockeren Treffen werden Beziehungen zu den Jugendlichen aufgebaut

    Michael Künast
    Michael Künast

    Von den insgesamt zwölf Plätzen sind laut Jolanda Palanga vom BIB in Dillingen zehn besetzt. Sozialpädagogen des BIB hatten zuvor über Wochen hinweg versucht, eine Beziehung zu den jungen Menschen aufzubauen. Aus anfangs ganz lockeren Treffen wurden immer regelmäßigere. Laut Michael Künast, Leiter des Dillinger Jobcenters, seien Coaching und sozialpädagogische Begleitung über den ganzen Zeitraum wichtig. Dann würden sich die verschwundenen Jugendlichen für so ein Projekt gewinnen lassen. Nicht, weil sie einen Job suchen, sondern, weil sie bemerkt haben, dass ihnen jemand zuhört, meint Möritz. Seit Oktober vergangenen Jahres treffen sich die jungen Erwachsenen täglich acht Stunden im BIB.

    In den 40 Unterrichtseinheiten pro Woche sollen sie sich an den Rhythmus eines normalen Arbeitstages gewöhnen. Dass sie während des Projekts Gleichgesinnte finden, gemeinsam etwas unternehmen, etwa Bogenschießen und klettern, das schweiße die Gruppe zusammen, sagt Künast. Daneben werden immer wieder auch Einzelgespräche angeboten. Durchhaltevermögen sei laut Jolanda Palanga auch ein großes Thema.

    „Die eine Hälfte der Zeit verbringen die Teilnehmer in den Werkstätten im Haus, bei ‚Kette und Kurbel‘ oder der ‚Manufaktur der schönen Dinge‘. Die andere Hälfte Zeit verbringen sie als Gruppe in sozialpädagogischen Coachings, Workshops und mit Sport mit uns als Betreuungspersonal“, sagt Jolanda Palanga. Zudem würden die Teilnehmer regelmäßig für Praktika in Firmen entsandt. Auch dabei seien erste erfolgreiche Kooperationen entstanden. „Erst mal geht es darum, jeden wieder an einen normalen Tagesablauf zu gewöhnen“, betont Möritz. Im Oktober endet der erste Durchgang Manche könnten dann vielleicht eine Ausbildung anfangen, wenn sie stabil genug sind und etwas finden.

    Auch eine assistierte Ausbildung oder ausbildungsbegleitende Hilfen sind möglich. „Teilweise geht es einfach darum, eine Motivation für eine Lebensplanung aufzubauen“, fügt Möritz an.

    Bei manchen müssten zuvor noch ganz andere Probleme geklärt werden. Themen wie eine Unterkunft, Schulden oder ein Suchtproblem. Das Projekt zieht sich insgesamt über drei Jahre. Allmählich beginnt die Werbephase für eine neue Gruppe, die wiederum im Oktober startet. Auch Eltern oder Großeltern können sich melden, die keinen Zugang mehr zu ihrem Nachwuchs haben. Die Zielgruppe der Jugendlichen und Erwachsenen liegt zwischen 16 und 23 Jahren.

    Ein erstes erfolgreiches Beispiel gibt es auch schon

    Ein erstes sehr erfolgreiches Beispiel gibt es schon: Einer der beiden Obdachlosen hat einen Platz in einer betreuten WG gefunden und auch eine Arbeitsstelle. Das ist ein Meilenstein, freut sich Jolanda Palanga. Und fünf von zehn wollen jetzt den qualifizierenden Abschluss machen und gemeinsam darauf hinlernen. Die Gruppendynamik sei toll. „Wir hoffen, dass das ‚Finde deinen Weg‘ jetzt bekannt ist und der nächste Durchgang so ein Erfolg ist.“

    Das BIB befindet sich in Dillingen in der Großen Allee 32. Die Teilnahme ist kostenlos. Kontakt: Jolanda Palanga (Projektleiterin), Telefon 09071/7700- 280, E-Mail: jolanda.palanga@bibaugsburg.de

    Lesen Sie dazu auch unsere weiteren Folgen über Jugendhilfe im Landkreis Dillingen:

    Eine kostenlose Entlastung für Zuhause

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    Manche Jugendlichen bekommen besondere Hilfe

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