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Porträt: Die Corona-Krise aus Sicht einer 19-Jährigen

Porträt

Die Corona-Krise aus Sicht einer 19-Jährigen

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    Patricia Geißler aus der Klasse MIM12, Auszubildende zur Industriemechanikerin bei der Grünbeck Wasseraufbereitung in Höchstädt, hat über ihre Erfahrungen in der Corona-Krise geschrieben.
    Patricia Geißler aus der Klasse MIM12, Auszubildende zur Industriemechanikerin bei der Grünbeck Wasseraufbereitung in Höchstädt, hat über ihre Erfahrungen in der Corona-Krise geschrieben. Foto: Elias Geißler

    Die Corona-Krise, die Ausgangsbeschränkungen, das betrifft alle. Auch junge Menschen. Für den Jahresbericht der Berufsschule Lauingen hat eine Schülerin aus Bissingen aufgeschrieben, was sie in den vergangenen Wochen erlebt hat. Die 19-Jährige macht eine Ausbildung bei Grünbeck in Höchstädt.

    Kaum einer hätte sich vorstellen können, dass aus dem kleinen Virus ein so großes Problem entstehen könnte: Läden sind geschlossen, Hamsterkäufe werden getätigt, keine Menschenseele ist auf der Straße und die Quote der Infizierten und Toten wird immer höher. So erleben wir die Krankheit heute und es scheint kein Ende zu nehmen. Doch wie habe ich meine Zeit in der Corona-Krise verbracht und wie hat mein Arbeits- und Privatleben sich dadurch verändert? Ich bin Patricia Geißler aus der Klasse MIM12, Auszubildende zur Industriemechanikerin bei der Grünbeck Wasseraufbereitung in Höchstädt, und das ist meine Geschichte.

    Anfang März: Im Radio berichten die Reporter alle halbe Stunde in den Nachrichten über Corona. Corona, Corona, Corona … Ich kann es nicht mehr hören. In der Arbeit: genervte Kollegen, der dauernde Senderwechsel, bis zum Ausschalten des Radios. Genau das ist langsam zur Routine geworden. In China gab es schon sehr viele Infizierte und viele Tote, aber in Deutschland kann man die Einzelnen/Betroffenen noch an einer Hand abzählen.

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    Am Wochenende geht’s zum Skifahren. Endlich mal mit Freunden in der ernsten Situation ein bisschen Spaß haben. Um 7 Uhr fährt der Bus mit der ganzen Mannschaft nach Tirol/Erwald. Das Wetter ist super und es schneit. Das perfekte Wetter für einen Skiausflug. Die negativen Gedanken verfliegen sofort und die Angst vor der Ansteckung mit Corona gleich mit. Neben den top Pistenverhältnissen gibt es zu Mittag Spaghetti mit Tomatensoße. Ein schöner, aber auch sehr anstrengender Tag vergeht und der Bus fährt wieder nach Hause.

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    Neue Woche, neues Glück. In dieser Woche haben wir Schule. Die Lehrer reden auch über dieses neuartige Virus. Wir bekommen dauernd gesagt, dass jeder, der in letzter Zeit in einem Risikogebiet war, sofort nach Hause gehen soll, um die anderen im Falle einer Infektion nicht anzustecken. Das Risikogebiet ist hauptsächlich Südtirol. Puh. Unser Skiausflug war in Österreich, jedoch an der deutschen Grenze, also darf ich in der

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    Mitte März: Am Sonntagnachmittag erfahre ich, dass das Robert-Koch-Institut nun Tirol auch zu einem Risikogebiet erklärt hat. Ob ich am Montag in die Arbeit darf, weiß ich nicht. Ich entschließe mich dazu, morgen früh in der Arbeit anzurufen und nachzufragen.

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    Endlich klingelt der Wecker. Die ganze Nacht konnte ich aus Ungewissheit nicht schlafen und bekam kein Auge zu. Tausend Gedanken hielten mich wach und die Fragen: Kann ich morgen in die Arbeit? Und was, wenn ich sogar infiziert bin?

    Endlich kann ich meinen Ausbilder anrufen. Doch auch er hat wenige Antworten. Er verordnet mir, auf jeden Fall heute zu Hause zu bleiben, um niemand anstecken zu können, falls ich infiziert bin. Die Personalabteilung meldet sich am Nachmittag: Aufgrund der 14-tägigen Inkubationszeit muss ich die ganze restliche Woche vorsorglich zu Hause bleiben! Ich darf frühestens nächsten Montag, aber auch nur, wenn ich mich fit fühle und die Ansteckungszeit vorbei ist, wiederkommen. Ja toll! Was mach’ ich jetzt? In die Stadt darf ich nicht. Und Freunde treffen geht auch nicht. Also habe ich mir alte Abschlussprüfungen zur Übung zukommen lassen. Dies ist neben Spaziergängen im Wald meine einzige Beschäftigung in dieser Woche.

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    Inzwischen ist die Zahl der Infizierten so enorm gestiegen, dass unser Ministerpräsident Markus Söder eine Ausgangsbeschränkung ausgesprochen hat. In meinen Augen eine wichtige und sinnvolle Entscheidung, um die Ansteckung der Bevölkerung zu verlangsamen.

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    Jedes Jahr im Frühling und Herbst machen wir als Familie, wie auch an diesem Wochenende, Holz, und das schon seit langer Zeit. Es läuft immer gleich ab: Erst fahren wir mit dem Schlepper in den Wald, dort wird das Holz auf den Wagen geladen. Danach fahren wir nach Hause, dann wird das Holz auf Maß zugesägt, im Anschluss gespalten und schließlich im Garten angebeigt.

    Wenn das Wetter gut ist, fahren wir gleich zwei- oder dreimal in den Wald. Aber wenn die ganze Familie mithilft, ist die Arbeit in wenigen Stunden getan. Bei uns im Dorf gibt es bisher keinen Corona-Fall.

    Man hilft sich gegenseitig: Wir kaufen beispielsweise für unsere Großeltern ein und unterstützen sie in ihrem Tun. Auch andere Familien bieten an, für Ältere oder Kranke mit einzukaufen oder Medizin aus der Apotheke abzuholen.

    Wir haben sehr viele Leute im Dorf, die zur Risikogruppe gehören. Somit finde ich, ist es als junger, gesunder Mensch meine Pflicht, ihnen in solch einer Krise beizustehen und mich zu kümmern.

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    Endlich geht es wieder in die Arbeit. Da ich keine Symptome habe, gehe ich davon aus, dass ich nicht infiziert bin. Ich komme gut gelaunt in die Arbeit. Es gibt einige neue Regeln: 1,50 Meter Abstand zu den Kollegen, regelmäßig Händewaschen und Lüften, bei einer Begrüßung kein Händeschütteln mehr. Außerdem müssen nach Arbeitsende nach Desinfektionsplan häufig genutzte Gegenstände desinfiziert werden.

    Auch unsere Firma fängt jetzt mit dem Schichtbetrieb an. Von 6 bis 12 Uhr ist die erste Schicht, und von 12.30 bis 18.30 Uhr ist die zweite. Diese Maßnahmen sind nötig, um die Krankheit sich nicht so schnell ausbreiten zu lassen. Eine kleine Umstellung ist das schon, aber man kann sich daran gewöhnen.

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    Ende März: In dieser Woche hätten wir eigentlich Berufsschule gehabt. Da diese aber leider nicht stattfinden kann, schicken uns die Lehrer die Unterrichtsmaterialien über unsere E-Mail-Adresse nach Hause. Das klappt so weit ganz gut. Es ist aber ein seltsames Gefühl, unter der Woche zu Hause zu sitzen und Arbeitsaufträge zu bearbeiten ohne die visuelle und auditive Unterstützung unserer Lehrkräfte.

    Über die E-Mail-Adressen bleiben wir mit unseren Lehrern in Kontakt, die wahrscheinlich viel Arbeit haben mit den ganzen Schülern. Bei Unklarheiten können wir jedoch trotzdem immer auf sie zählen.

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    So habe ich Corona erlebt. Im Dorf merkt man allerdings die Veränderungen nicht so stark wie in der Stadt. Unser Tag mit der Familie verging genauso wie jeder andere auch. Nur durch Nachrichten und Zeitungsartikel hat man gemerkt, dass das Virus im Umlauf ist.

    Ich persönlich muss sagen, ich habe dieses Virus anfangs als zu harmlos eingestuft. Ich hab es, wie viele andere auch, mit einer einfachen Grippe verglichen. Doch die steigenden Zahlen der daran gestorbenen Menschen bewiesen das Gegenteil.

    Ich weiß nicht, wie diese Krise sich in Zukunft entwickeln wird, doch egal wie: Wir müssen alle zusammenhalten und an einem Strang ziehen. Außerdem ist es wichtig, die neuen Regeln ernst zu nehmen und sich auch daran zu halten. Sie wurden ja nicht einfach so eingeführt, um uns zu ärgern. Nein, nur wenn alle mitmachen, können wir das Virus besiegen!

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