Als Kind hat man viele Träume. Einige von uns möchten gerne Fußballprofi werden, andere träumen von einer Gesangskarriere. Silva Metschl hatte als vierjährige andere Pläne: Sie wollte Orgel spielen. Auf einem Tagesausflug in das Benediktinerkloster Neresheim verliebte sie sich als junges Mädchen in das Instrument. Sie erinnert sich: „Ich habe jemanden spielen gehört und wusste sofort, dass ich das auch machen möchte.“
Ein ungewöhnlicher Wunsch. Das weiß auch die inzwischen 22-jährige Syrgensteinerin, die regelmäßig in der Stiftskirche in Obermedlingen die Gottesdienste musikalisch an der Orgel begleitet.
Manche Organisten spielen barfuß, verrät die Syrgensteinerin
Vor knapp 18 Jahren war sie zunächst noch zu klein für den Unterricht. „Ich habe dann beschlossen es erst einmal mit dem Klavier zu versuchen“, erklärt sie. Füße und Hände zu koordinieren, wie man es bei der Orgel muss, fällt vielen Spielern schwer. Auch Metschl musste sich erst daran gewöhnen und gibt zu: „Das bereitet mir auch noch heute immer mal wieder Probleme.“ Gerade mit dem Pedal, sagt die aufgeschlossene 22-Jährige, habe sie sich lange schwergetan und tue es noch immer.
Mit den Händen könne sie recht gut vom Blatt spielen. Für die Füße hat sie inzwischen einen einfachen Trick: Hohe Absätze helfen ihr beim Spielen. Sie verrät: „So tut man sich leichter den richtigen Ton zu treffen.“ Viele Organisten würden gerne barfuß spielen, Pedale besser drücken zu können. Das fühle sich für sie aber komisch an, sagt Metschl. Außerdem gibt es im Winter kalte Füße.
Erinnerungen an den ersten Einsatz in Obermedlingen
An ihren ersten Einsatz in der Obermedlinger Stiftskirche vor rund drei Jahren kann sie sich noch gut erinnern. Vor allem an die Stimmung und das unglaubliche Gefühl, die Tasten einer so besonderen Orgel zu berühren. Seit diesem Tag hat Metschl schon viele Auftritte hinter sich, die Nervosität konnte die 22-Jährige aber dennoch nicht ganz ablegen. Geplant, sagt sie, sei es nie gewesen, dass sie einmal in der Kirche vor Zuhörern spiele. Aber als sie damals gefragt worden sei, habe sie das Angebot einfach nicht abschlagen können.
Zuvor hatte sie an der Heimorgel, die sie von ihrer Klavierlehrerin bekommen hatte oder in der Syrgensteiner St.-Wolfgang-Kirche üben können. „Anfangs bin ich jede Woche in die Kirche und hatte sogar einen Schlüssel“, erinnert sie sich. Ein paar Lieder habe sie schnell spielen gelernt. Zumindest den Part, den die Hände übernehmen. Mit dem Üben kam die Routine. Wenn aber neue Stücke dazu kommen, schleicht sich auch heute noch der ein oder andere Fehler bei Metschl ein. „Man möchte sich natürlich vor den ganzen Leuten in der Kirche nicht verspielen“, gibt sie verlegen zu. Gar nicht so einfach.
Bis die Stimmen von der Kirche in Obermedlingen zur Empore gelangen, das dauert
Denn zu den ein oder anderen Liedern hat die 22-Jährige nicht einmal die passenden Noten. Für bestimmte Stücke musste sie sich die Begleitung sogar selbst ausdenken, weil die Noten fehlten. „Habe ich dann einen Takt vergessen, merkt das beim Singen natürlich jeder“, sagt sie und muss lachen. Dass es gar nicht so einfach ist den Gesang der Kirchengemeinde zu begleiten, hatte sie schnell gemerkt. „Bis die Stimmen von unten auf die Empore zu mir und der Orgel gelangen, bin ich schon viel weiter im Stück“, erklärt sie. Das habe sie gerade am Anfang sehr verunsichert. Inzwischen, sagt die 22-Jährige, spiele sie einfach ihr Ding und hoffe, dass alle bei ihrem Tempo auch mitkämen.
Welches Lied bei der Syrgensteinerin für Gänsehautfeeling sorgt
Die Orgel in der Obermedlinger Stiftskirche ist zu ihrem treuen Begleiter geworden. „Ich habe gehört, dass sie ein zickiges Exemplar sein soll“, verrät Metschl. Das hänge wohl von der jeweiligen Wetterlage ab. Sei es besonders kalt, hallten die Töne lange nach. Gänsehautfeeling, sagt die Syrgensteinerin, bekommt sie immer dann, wenn sie an der Orgel „Stille Nacht, Heilige Nacht“, spiele. „Die Atmosphäre ist einfach unglaublich“, schwärmt sie. Gänsehaut ist bei diesen Noten nicht nur bei den Kirchenbesuchern vorprogrammiert.
Dass es nur wenige junge Leute in ihrem Alter gibt, die das Orgeln für sich entdecken, findet die 22-Jährige schade: „Ich glaube, dass viele Angst vor der Verpflichtung haben.“ Wenn andere am Sonntag ausschlafen, macht sich Metschl auf den Weg in die Kirche. Das ist seit drei Jahren so. Im Mai und Dezember, sagt sie, sei das schon stressig. Angst machen sollte das Spielen aber trotzdem nicht.
In Obermedlingen aufhören? Keine Frage
Mit dem neuen Jahr beginnt für Metschl eine neue Zeit. Langsam neigt sich ihr Studium zur Grundschullehrerin dem Ende zu. In einem Semester steht die Bachelorarbeit an, dann folgt das Staatsexamen und dann kommt das praktische Referendariat, das alle jungen Lehrer durchlaufen müssen. An der Orgel will die Syrgensteinerin, die aktuell in Eichstätt studiert, deshalb kürzertreten. Aufhören, das kommt aber für sie nicht in Frage. Mit einem Organistenehepaar will sie sich deshalb in Zukunft abwechseln, verrät sie. Auf das Spielen verzichten, das kann sie nämlich nicht. Gerade an den Wochenenden wolle sie ihrem Pony zuliebe auch weiterhin in der Heimat sein und da lasse sich das Orgeln gut verbinden.
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