Ein Auto nach dem anderen fährt an Fronleichnam auf den Parkplatz des Eichwaldbades – und nach einem kurzen Stopp wieder davon. Jeder Neuankömmling freut sich über die gewaltige Parkplatzauswahl. Und zieht zutiefst frustriert davon, nachdem er das Schild am Eingang gelesen hat: „Im Bereich des Eichwaldbades ist trotz jährlicher vorbeugender Maßnahmen der Eichenprozessionsspinner aufgetreten. Die Bekämpfung wird voraussichtlich bis Freitag andauern, das Freibad muss daher aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben.“ Petra Klauser aus Holzheim schwimmt seit einer Woche täglich im Eichwaldbad. Heuer hat sie sich zum ersten Mal eine Saisonkarte gekauft. „Es ist super da drin, das hätte ich vorher nie gedacht.“ Ausgerüstet mit Isomatte und Rucksack dreht die 46-Jährige am Tor des Bades enttäuscht um. „Dann fahr ich jetzt halt wieder heim.“ Hartmut Stoll hat überhaupt kein Gepäck. Völlig entspannt schlappt er auf das Tor zu. „Ich bin seit 20 Jahren jeden Tag hier. Vorher geh ich noch ins Fitnessstudio oder zum Joggen.“ Eine Badetasche braucht er nicht, erklärt er einem anderen Dillinger Rentner, der ebenfalls baden gehen wollte. Stoll zieht triumphierend einen Schlüssel aus der Hosentasche: Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag hat er im Freibad einen Schrank reserviert, da sei alles drin, was er dort so braucht. „Und ich muss nichts tragen.“
Elvira Bauer und Peter Radajewski sind mit dem Fahrrad aus Lauingen gekommen. Die beiden Saisonkartenbesitzer hatten schon den Verdacht, das etwas nicht stimmt, als sie den leeren Parkplatz sahen. Sie verbringen den Tag stattdessen am Auwaldsee. „So ein Ärger – und das bei dem Wetter“, ruft eine junge Mutter, nachdem sie das Schild gelesen hat. Jetzt geht es vielleicht nach Wertingen. Ein anderer Badegast ruft „Biergarten!“. Ein Opa entschließt sich spontan, mit dem Enkel in den Zoo zu fahren. Auch für Familie Hartleitner aus Bergheim sollte es ein besonderer Tag werden: Zum ersten Mal kam das Baby mit. „Jetzt geht es wohl nach Lauterbach.“ Der kleine Vincent aus Metzingen hat fast Tränen in den Augen. Jeden Tag war der Sechsjährige mit Opa und Oma im Freibad. Er möchte schwimmen lernen. „Das Bad ist eine richtige Oase“, sagen die Großeltern Johann und Luise Klauser aus Weisingen. Die Oma kommt auch bei 14 Grad nach Dillingen zum Schwimmen. Doch bei den 30 Grad an Fronleichnam bleibt dem Trio nur der Weisinger See – so wie einer anderen Dame, die ebenfalls jeden Tag zum Schwimmen geht, und meistens ins Eichwaldbad. Auch den Kioskdamen tut es leid. Alles wäre für den perfekten Badetag vorbereitet gewesen, jetzt ziehen die beiden enttäuscht von dannen. „Da kann man nichts machen, die Gesundheit geht vor“, sagt Gerhard Häutle aus Schretzheim. Am Vortag kam er von einer Motorradtour zurück, heute sollte es als Erstes ins Eichwaldbad gehen. „So ein schönes Bad wie hier ist schwer zu finden“, sagt der Dauerkartenbesitzer und fährt mit Ehefrau Manuela wieder heim, zum Frühstück auf der Terrasse.
Wer unbedingt ins Wasser wollte, konnte zum Beispiel nach Wertingen. Diese Alternative ergriffen mehrere Menschen. „Gut voll“ beschreibt Silke Schirrmacher, Betriebsleiterin des Wertinger Freibads, die dortige Situation am Nachmittag. Sehr schnell hätten sie und ihre Mitarbeiter mitbekommen, dass das Dillinger Bad schließen musste. Mit vielen Besuchern hatte sie von vornherein gerechnet. Über 1000 Badegäste seien es auf jeden Fall gewesen. Sie schätzt eher sogar 2000. „Morgen wissen wir mehr“, sagt sie fröhlich.
Wolfgang Behringer, Werkleiter der Donau-Stadtwerke Dillingen-Lauingen, bedauert die Schließung sehr. Wäre Fronleichnam aufgrund des Wetters doch ein perfekter Badetag gewesen. Doch die Haare des Eichenprozessionsspinners könnten Atemnot, ja sogar Atemstillstand auslösen. Deswegen führte kein Weg an der Schließung vorbei. „Wir kennen das Problem ja. 2010 war das Bad deswegen schon mal für eine Woche geschlossen“, erinnert sich Behringer. Seitdem werden die Kokons der Raupen jedes Frühjahr mit einem Gegenmittel behandelt und tauchten nicht mehr auf. Bis jetzt. Am Mittwochabend entdeckten Mitarbeiter die Nester der Raupen in vier Eichen. Auch Badegäste hatten das Freibadteam bereits darauf angesprochen, sagt Behringer. „Vielleicht hat der Wind sie vom Auwald aus rübergeweht“, vermutet er. Das wäre ihm auch lieber, als dass die Raupen gegen das Gegenmittel vielleicht inzwischen immun sind. „Das wäre der Hammer.“ Er betont, dass es keine Alternative zur Schließung gab. Am liebsten hätte er die betroffene Ecke im Freibad nur abgesperrt. Doch genau auf dem Baum an der Landezone der Rutsche sind ebenfalls drei große Nester. „Da war mir ganz klar, wir machen zu, es geht nicht anders.“
Voraussichtlich am Samstag wird das Dillinger Eichwaldbad wieder geöffnet. Eine Spezialfirma wird vermutlich am heutigen Freitag die Nester absaugen. Dann soll der Rasen noch mal gemäht werden, damit möglichst alle der gefährlichen Härchen verschwinden und der Badespaß weitergehen kann.