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Mobilität: Ruf nach Änderungen bei Nahverkehrstarifen

Mobilität

Ruf nach Änderungen bei Nahverkehrstarifen

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    Drei Jahre nach Inkrafttreten der bei vielen Fahrgästen heftig umstrittenen Tarifreform im Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV) gibt es in Teilen der Politik im Raum Augsburg nun die Forderung, das Tarifsystem weiterzuentwickeln. Vor allem aus Reihen von Grünen und SPD, aber auch aus der Augsburger CSU kamen am Mittwoch bei einer gemeinsamen Sitzung von Stadt- und Kreisräten entsprechende Forderungen.

    Die Sitzung in der Neusässer Stadthalle, zu der Stadt und Kreisräte aus Augsburg und den Landkreisen Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen zusammenkamen, geriet zu einer fast zweistündigen Generaldebatte über das Tarifsystem.

    Wie Dillingens Landrat im Nachgang sagte, hatte die Reform Vorteile für Kunden, die weiter und regelmäßig fahren. So seien Monatstickets etwa von Wertingen nach Augsburg wesentlich günstiger. „Für unsere Region brachte die Reform mehrere Verbesserungen, wir sind sehr zufrieden“, sagte Schrell. In Augsburg dagegen sorgten die Folgen der Zusammenlegung der Zonen 10 und 20 für Barzahler für Proteste, weil sich für einen Teil der Kunden der Fahrpreis dadurch verdoppelte. Zwar stiegen die Abozahlen in der Stadt deutlich, gleichzeitig kehrten manche Gelegenheitsfahrgäste dem Nahverkehr komplett den Rücken. Formal sollte es eigentlich nur darum gehen, die Ergebnisse einer Evaluierung durch ein Beratungsunternehmen im Auftrag des AVV zur Kenntnis zu nehmen.

    Die Berater des auf Nahverkehr spezialisierten Unternehmens Civity bewerten die Tarifreform als Erfolg, gemessen an den damaligen Zielen. Priorität hatte, mehr Einnahmen für den AVV zu erzielen, um die jährlichen Defizite zu verringern und die Fahrgastzahlen zu steigern. Die Reform sei „nahezu komplett erfolgreich“, so Civity-Berater Jan Heistermann. Die Einnahmen stiegen in den Jahren 2018 und 2019 (2020 mit der Corona-Pandemie war nicht Untersuchungsgegenstand) um mehr als zwei Prozent, die Fahrgäste legten fünf Prozent mehr Kilometer zurück (die Zahl der Fahrten stieg aber nur um bescheidenere 0,8 Prozent).

    Die Evaluierung wurde fraktionsübergreifend fast einstimmig zur Kenntnis genommen. Die Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg bezuschussen den Nahverkehr mit zehn beziehungsweise acht Millionen Euro pro Jahr, in Augsburg fallen bei den Stadtwerken mehr als 40 Millionen Euro Defizit pro Jahr in der Verkehrssparte an.

    Eine gute Nachricht gibt es für Schüler und Auszubildende: Zum kommenden Schuljahr wird das 365-Euro-Ticket eingeführt. Es gilt das ganze Jahr über, also auch in den großen Ferien im kompletten AVV-Bereich. Man rechnet mit 13,7 Millionen Euro Mindererlös, so Landrat Schrell. Doch zwei Drittel davon trägt der Freistaat, das andere Drittel die Stadt und die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen. Landrat Leo Schrell rechnet damit, dass das Defizit für ein komplettes Jahr für den Kreis Dillingen rund 140000 Euro beträgt. Der Nahverkehr sei im Landkreis Dillingen insgesamt nicht schlecht aufgestellt. Wie berichtet, wird über einen kompletten Beitritt zum AVV nachgedacht. Ein Gutachten darüber wird bis 2023 erwartet.

    Speziell von SPD und Grünen aus Stadt und Land gab es am Mittwoch den dringenden Appell, die Reform nicht so zu lassen, wie sie ist. „Wir brauchen eine Weiterentwicklung“, so der Augsburger Grünen-Stadtrat Matthias Lorentzen. Bei der Reform habe der Fokus auf Abonnenten gelegen, doch wenn nun viele Gelegenheitsfahrgäste den Nahverkehr meiden, müsse man sich Gedanken machen. Inzwischen kämen auf den Nahverkehr noch ganz andere Herausforderungen zu. Corona habe viele Berufstätige zu Radlern gemacht, die den Nahverkehr nur im Winter nutzen wollen, gleichzeitig sei Homeoffice mit weniger Büro Tagen wohl dauerhafte Realität. „Wir verlieren diese Abonnenten jetzt im Moment, weil es sich für sie nicht mehr lohnt. Da müssen wir schnell reagieren“, so Kreisrätin Gabi Olbrich-Krakowitzer (ÖDP; Landkreis Augsburg). Ihr Kollege Harald Güller (SPD) sagte, man müsse sich Gedanken machen, warum es nicht gelungen sei, Bürger, die keinen Nahverkehr nutzen, durch die Reform anzusprechen. „Das wäre ein großes Potenzial“, so Güller.

    AVV-Geschäftsführerin Linda Kisabaka sagte, dass Änderungen bei den Tarifen vor allem für bestehende Nutzer von Bedeutung seien. „Diejenigen, die eh schon im System waren, wurden zur Mehrnutzung animiert“, so Kisabaka. „Aber jemanden, der eh Auto fährt, wird nicht durch Tarifänderungen gewonnen, sondern durch Änderungen beim Angebot.“ Diese Diskussionen werde man in den kommenden Monaten und Jahren führen müssen.

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