Dr. Annette Doll-Theissen hat sich im April in der Praxis Dr. Mühlbach als Hausärztin niedergelassen. Dr. Laysa Berger wird dies im August in Niederstotzingen tun. Das sind die beiden ersten praktischen Erfolge, die das Lehrkrankenhaus Dillingen unter der Koordination von Chefärztin Dr. Ulrike Bechtel mit dem Projekt AKADemie (Ausbildungskonzept Allgemeinmedizin Dillingen) erreicht hat. Die Kreiskliniken, das Praxisnetz Dillingen PraDix und das Institut für Allgemeinmedizin der TU München mit ihrem Leiter Professor Dr. Antonius Schneider haben sich dafür zusammengeschlossen und sind dabei führend in Bayern.
Bei der Begrüßung neuer Studenten des Praxisjahres in Dillingen am vergangenen Dienstagabend erhielt AKADemie höchstes Lob aus berufenem Munde. Die Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, selbst Medizinerin, sagte: „Dillingen steht an der Spitze der gelebten Weiterbildungsverbünde. Dillingen ist ein echtes Leuchtturmprojekt.“ Es genüge ein Blick auf die demografische Entwicklung, um zu erkennen, dass Ärzte in der Fläche besonders wichtig seien. Die ärztliche Versorgung sei inzwischen ein harter Standortfaktor und wichtig für gleichwertige Lebensbedingungen im ganzen Land, wie es seit Kurzem in der Verfassung festgeschrieben sei.
Bei allen Herausforderungen, die es noch zu bewältigen gebe, müsse aber auch die Attraktivität des Berufsstandes deutlich gemacht werden, damit sich genügend Mediziner im ländlichen Raum niederlassen. Die Ministerin wies außerdem darauf hin, dass es gelungen sei, die Honorarobergrenze für Allgemeinmediziner im Koalitionsvertrag aufzuheben.
Die Notwendigkeit der Nachwuchssuche verdeutlichte Ulrike Bechtel mit einer Zahl: Derzeit seien 30 Prozent der bayerischen Hausärzte über 60 Jahre alt. 3000 Hausärzte würden in den nächsten fünf Jahren ausscheiden. Dem stünden pro Jahr nur 150 bis 200 neue Allgemeinmediziner gegenüber. Daneben könnten im Freistaat 600 offene Klinikstellen zurzeit nicht besetzt werden. Sie dankte ausdrücklich Georg Winter und Georg Barfuß für die Unterstützung.
Ein Plädoyer für den Beruf des Hausarztes hielten Dr. Alexander Zaune, der eine Lehrpraxis unterhält („Allgemeinmedizin macht Freude“), und Dr. Max Kaplan, der Präsident der Bayerischen Ärztekammer. Kaplan sagte: „Wenn Hausarzt, dann nur auf dem Land.“ Er nannte eine weitere Zahl aus seinem Haus: Bis zum Jahr 2020 steige die Zahl der zu besetzenden Arztstellen auf 1300 (von insgesamt 9000). Der Ärztesprecher sagte: „Es ist schon fünf nach zwölf.“ Uneingeschränkt weiterempfehlen kann nach eigenen Worten auch PJ-Student Roman Ruf die Ausbildung in Dillingen.
Noch eine weitere Zahl brachte Dr. Antonius Schneider ein: In Deutschland gebe es über 2000 freie Hausarztstellen, aber nur eine freie Stelle für Urologen. Damit werde deutlich, wie wichtig Konzepte wie in St. Elisabeth seien. Er nannte Dillingen „ein Modell und ein Leuchtturmprojekt“.
Den guten Ruf von AKADemie bestätigte Privatdozent Dr. Jost Steinhäuser von der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Heidelberg. Steinhäuser hat zusammen mit seiner Kollegin Flum ein Verfahren zur qualifizierten Akkreditierung von Weiterbildungsverbünden erarbeitet und das Dillinger Konzept geprüft und positiv bewertet.
Hauptziele des Lehrkrankenhauses seien, dazu beizutragen, dass junge Mediziner den ärztlichen Beruf gerne ausüben und die gute Versorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, sagte der Dekan der TU München, Professor Dr. Peter Henningsen. Er verhehlte nicht, dass die Universität in Sachen Anerkennung als Lehrkrankenhaus „etwas über unseren Schatten“ habe springen müssen. Letztlich sei aber das überzeugende Konzept ausschlaggebend gewesen.
Landrat Leo Schrell betonte, „dass sich die medizinische Versorgung in der Region nur dann dauerhaft sichern lässt, wenn ausreichend ärztlicher Nachwuchs in den beiden Kreiskliniken ausgebildet wird“. Und er fügte an: „Denn Ärzte fallen nicht vom Himmel.“ Für Annette Doll-Theissen hatte Schrell ein Geschenk mitgebracht und gratulierte zur Niederlassung. "Kommentar