Die Segrepromenade in Lauingen ist ein beliebter Treffpunkt. Gerade bei schönem Wetter begegnet man hier einigen Menschen, die die Sonne an der Donau genießen. So war es auch an einem Julitag im vergangenen Jahr. Doch die entspannte Stimmung schlug um. Die Situation an der Promenade eskalierte derart, dass eine 36-Jährige aus dem Landkreis dafür nun fast ins Gefängnis musste. Sie und ihre 17-jährige Tochter standen als Angeklagte vor dem Dillinger Amtsgericht. Die Vorwürfe: gefährliche Körperverletzung, Beleidigung und Diebstahl.
Die Handtasche gegen den Kopf geschleudert?
Im Laufe des vierstündigen Prozesses kristallisiert sich teilweise heraus, was an jenem Juliabend in Lauingen passierte. Die 36-Jährige kam mit einer Gruppe Jugendlicher ins Gespräch. Man habe sich nett unterhalten, schildern die Beteiligten. Doch dann kam die Tochter der Frau ins Spiel. Sie entdeckte in der Gruppe ein Mädchen, mit dem sie zuvor in einer Diskothek Streitereien wegen eines Mannes hatte. Dann ging alles ganz schnell. Die Beteiligten fingen an zu schreien. Die damals 16-jährige Tochter verpasste einem Mädchen aus der Gruppe einen Faustschlag ins Gesicht. Das gibt sie zu Beginn des Prozesses zu. Über das, was ansonsten passiert ist, gibt es verschiedene Aussagen. In der Anklage heißt es, dass sowohl Mutter und Tochter die Mädchen mit Begriffen wie „Prostituierte“ oder „Schlampe“ beleidigt haben sollen. Auch die 36-Jährige soll mit der Faust zugeschlagen haben. Dazu ist die Rede davon, dass die Frau die Handtasche einer Jugendlichen genommen haben und ihr diese gegen den Kopf geschleudert haben soll. Offenbar ein Parfüm-Fläschchen im Inneren der Tasche verursachte bei dem Mädchen eine Beule. Mutter und Tochter sollen aus der Tasche außerdem eine Packung Zigaretten entwendet haben.
Die 17-Jährige streitet bis auf den Faustschlag alles ab. Und betont: „Meine Mutter hat gar nichts gemacht.“ Für die 36-Jährige steht einiges auf dem Spiel. Sie ist neunfach vorbestraft und stand zum Zeitpunkt der Tat unter offener Bewährung. Sollten sich die Vorwürfe erhärten, müsste sie mit einer Gefängnisstrafe rechnen. Die Frau gibt lediglich zu, den Geldbeutel eines der Mädchen mit dem Fuß in die Donau gekickt zu haben. „Ich war wütend, das tut mir leid.“ Zugeschlagen oder jemanden beleidigt habe sie nicht.
Die Zeugen bringen Gericht und Staatsanwalt in Rage
Es folgen diverse Aussagen der beteiligten Jugendlichen. Richtig weiter bringen sie das Schöffengericht unter Vorsitz von Gabriele Held nicht. Entweder können sich die Zeugen nicht genau an die Vorgänge erinnern – oder sie verstricken sich auf Nachfragen in Widersprüche. Mit der Zeit wird außerdem deutlich, dass sich manche Sätze in den Aussagen auffallend ähneln. Es steht der Verdacht im Raum, dass sich die Zeugen abgesprochen haben. „Es ist sehr seltsam, dass sich manche Begriffe die ganze Zeit wiederholen“, tobt Staatsanwalt Gregor Hohenadl gegenüber einer Zeugin. „Ich bin kurz davor, dass ich ein Verfahren gegen alle Zeugen einleite.“ Auch Richterin Held macht einem Mädchen zu Beginn ihrer Aussage deutlich: „Die Stimmung ist nicht so gut. Wir hätten gerne die Wahrheit.“
Am Ende hat das Gericht kaum stichhaltige Hinweise. Lediglich den Schlag mit der Handtasche sieht es als bestätigt an. „Eine Beule kommt nicht von irgendwoher“, sagt Held. Aus der gefährlichen Körperverletzung wird im Urteil jedoch eine einfache Körperverletzung – so schrammt die vorbestrafte Frau haarscharf an einer Gefängnisstrafe vorbei. Das Gericht verurteilt sie zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten sowie 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Künftig steht sie unter doppelter Bewährung. Held macht der Frau deutlich, dass sie bei der nächsten Straftat ins Gefängnis wandert. „Es darf jetzt kein Kaugummi mehr geklaut werden.“ Auch ihre Tochter wird bestraft. Sie war, wie ihre Mutter, aktenkundig und wurde bereits zu zwei Wochen Dauerarrest verurteilt. Jetzt muss sie drei weitere Wochen in Arrest gehen. Eine Vertreterin der Jugendgerichtshilfe wies außerdem darauf hin, dass die 17-Jährige „sehr impulsiv“ sei und Probleme habe, ihre Emotionen zu steuern. In einer Therapie soll sie nun lernen, ihre Aggressionen in den Griff zu bekommen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
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