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Foto: Ozga
Foto: Ozga

Janina Ozga, 38, lebt in New York. Gebürtig ist sie aus Lauingen. Nach einem Urlaub in den USA hat sie sich vor 14 Jahren entschieden, auszuwandern. Auf dem Foto ist sie mit einem „Voted Early“-Aufkleber zu sehen. Sprich: Sie hat ihre Stimme für den neuen Präsidenten bereits abgegeben.

Lauingen/New York
30.10.2020

Wahl in Amerika: Eine Lauingerin wünscht sich einen Neustart für die USA

Von Simone Bronnhuber

Janina Ozga ist vor 14 Jahren nach New York ausgewandert. Die gebürtige Lauingerin erzählt im Interview, warum sie glaubt, dass Donald Trump knapp wiedergewählt wird .

Normalerweise ist Janina Ozga einmal im Jahr auf Heimatbesuch in Lauingen. Doch 2020 ist alles anders – und die Reise von New York in die Herzogstadt aufgrund der Corona-Pandemie unmöglich. Zwei Mal musste die 38-Jährige die geplante Flugreise bereits verschieben. Dank Internet und Smartphone ist die gebürtige Lauingerin aber fast täglich in Kontakt mit Familie und Freunden aus dem Landkreis Dillingen. Aktuell gibt es bei diesen Gesprächen vor allem ein Thema: die anstehende Präsidentenwahl. Am Dienstag, 3. November, entscheidet sich, ob Donald Trump weiter im Amt bleibt oder Joe Biden ihn ablöst. Der Wahlkampf in den USA ist im Endspurt. Im Interview erzählt die gebürtige Lauingerin, die seit 14 Jahren in Amerika lebt, wie das momentan vor Ort aussieht. Und sie spricht darüber, wie Covid-19 ihr Leben in den USA verändert hat.

Frau Ozga, Sie sind im September 2006 ausgewandert. Warum und wieso Amerika?

Ozga: Mit meinem ersten richtigen Gehalt habe ich mir einen dreiwöchigen Trip nach New York gegönnt, der mich von den Socken gehaut hat. Ich war begeistert von der Diversität der Menschen und den vielen Möglichkeiten, die man hier so hat. Ich kann mir keine tollere Stadt als New York vorstellen. Ausschlaggebend für die Auswanderung war aber tatsächlich nur die Abenteuerlust.

Dabei haben Sie ganz „ordentlich“ eine Lehre in Lauingen gemacht.

Ozga: Stimmt. Ich habe die Realschule in Lauingen besucht und danach eine Ausbildung bei Same Deutz Fahr gemacht. Meine komplette Familie lebt im Landkreis Dillingen und natürlich vermisse ich meine Freunde, aber der Kontakt ist auch nach 14 Jahren noch rege.

Wie sieht Ihr Leben heute aus?

Ozga: Ich wohne mit meinem Freund in einer für deutsche Verhältnisse viel zu teuren, viel zu kleinen Wohnung in Astoria, einem Stadtteil von Queens. In Astoria leben viele griechische und italienische Einwanderer und deren Nachkommen, was der Gegend einen mediterranen Touch verleiht.

Mit Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich alles verändert. Auch oder gar erst recht in den USA. Oder?

Ozga: Früher habe ich mich mehrere Male pro Woche mit Freunden getroffen, war in Musikproben und hatte Auftritte mit der Band. Das passiert jetzt alles nicht mehr. Wir können noch im Park musizieren, aber das geht wohl auch nur noch wenige Wochen, bis es hier kälter wird. Allerdings habe ich wahnsinniges Glück, da ich meine Arbeitsstelle noch habe und keine finanziellen Einbußen hinnehmen muss. Im Vergleich zu vielen meiner Freunde, die im März ihre Arbeit von heute auf morgen verloren haben, geht es mir sehr gut.

Das Virus ist auch eines der Wahlkampfthemen. Wie ist die Stimmung?

Ozga: Das Virus polarisiert die Menschen extrem und mancherorts wird gar die Existenz von Covid-19 angezweifelt. Das wird natürlich von beiden Parteien im Wahlkampf ausgeschlachtet. New York scheint sich allerdings momentan wacker zu schlagen: Die Maskenpflicht – auch im Freien – wird größtenteils gut angenommen. Erst seit 30. September dürfen Restaurants wieder bis zu 25 Prozent Kapazität in geschlossenen Räumen bewirten, aber die Menschen weichen immer noch auf Tische im Freien aus. Die Subway wird nach wie vor kaum benutzt, dafür werden plötzlich die Fahrradwege rege genützt. Außerdem wurden mehrere Straßen für den Verkehr gesperrt, damit sich Fußgänger ungehindert bewegen können. Das Konzept einer Fußgängerzone wäre vor einem Jahr kaum denkbar gewesen, jetzt haben wir sie zumindest an den Wochenenden.

Wahlgeheimnisse sind wichtig. Dennoch die Frage: Trump oder Biden?

Ozga: Donald Trump war für mich schon vor vier Jahren unwählbar und obwohl er drei Millionen weniger Stimmen erhalten hat, wurde er Präsident, was mich natürlich sehr beunruhigt. Die Wahlbeteiligung scheint dieses Jahr allerdings viel höher zu sein, in New York kann man nämlich erstmalig schon eine Woche vor dem eigentlichen Termin wählen und jeden Tag sind lange Schlangen vor den Wahllokalen. Mir scheint, dass es sehr viele Leute gibt, die Donald Trump immer noch als den unfehlbaren Fernsehstar, den erfolgreichen Geschäftsmann, sehen und nicht hinter sein „scripted reality show Image“ blicken. Hinzu kommt, dass Religion in den USA eine viel größere Rolle als in Deutschland spielt und er in diesen konservativen Kreisen kritiklos als der neue Messias vermarktet wird. Diese Menschen sind seine sogenannte Basis und haben in den wichtigen Swing States leider großen Einfluss.

Wie ist Ihre Wahlprognose?

Ozga: Meine Prognose ist leider ein knapper Wahlsieg von Trump.

Froh, wenn der Wahlkampf ein Ende hat?

Ozga: Nach der ersten Fernseh-Debatte hatte ich ehrlich gesagt die Nase voll und habe die anderen Wahlveranstaltungen komplett ignoriert. Sachlichkeit und gute Argumente gab es nicht und ich fühlte mich nicht gut informiert. Schon vor dem eigentlichen Wahlkampf gab es ja jede Woche eine neue Hiobsbotschaft aus der Politik, das wird sich auch in den nächsten Monaten nicht ändern.

Wenn Sie die Amtszeit von Trump beurteilen müssten, dann wie?

Ozga: Trotz aller Differenzen haben frühere Präsidenten es immer geschafft, die Menschen zu vereinen und eine gewisse Stabilität zu vermittelt. Leider scheint Trump eher unberechenbar zu handeln. Er schürt jede Auseinandersetzung an, anstatt zu schlichten, er agiert zu autoritär, aus Eigennutz und mit falschem Selbstbewusstsein. The American Dream, gemäß der Vorstellung, dass jeder Mensch sich durch harte Arbeit in diesem Immigrationsland hocharbeiten und selbstverwirklichen kann, hat Trump schwer beschädigt.

Was wünschen Sie sich?

Ozga: Ich wünsche mir für die USA einen Neustart.

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