Für Bernd Schwenk ist die Situation nicht einfach. Allein 150 Kalender mit mühevoll gesammelten historischen Bildern aus Lauingen liegen im Lager seiner Geschenkmanufaktur bereit. Dazu Christbaumkugeln mit dem Lauinger Mohr, Glühwein, Prosecco, Puzzle und sogar Mund-Nasen-Masken – alles mit Bezug zu Lauingen. Ware im Wert von 4000 Euro hat er eigenen Angaben zufolge im September bestellt. Denn eigentlich sollte kommendes Wochenende die verkaufsstarke Zeit beginnen, wenn wieder einige tausend Besucher auf den Lauinger Weihnachtsmarkt geströmt wären. Doch der ist abgesagt. Und Schwenk droht auf seiner Ware sitzen zu bleiben.
Glühwein und Bratwurst verkaufen
Bernd Schwenk war einer der wenigen – eigener Aussage nach sogar der einzige – der auf dem Markt in den vergangenen Jahren noch Produkte außerhalb des kulinarischen Angebots zwischen Glühwein und Bratwurst verkaufte. Jüngst betrieb die Geschenkmanufaktur mit Sitz in Faimingen sogar gleich zwei Buden. „Unsere Hauptzeit ist die Vorweihnachtszeit, vor allem der Lauinger Weihnachtsmarkt ist bei uns wichtig“, erklärt Schwenk. „Teilweise kamen die Leute nur wegen unserer Kalender auf den Markt.“ Doch daraus wird dieses Jahr nichts. Der Lauinger Weihnachtsmarkt, der seinen Platz traditionell auf dem Marktplatz hat, kann wegen der Corona-Krise nicht stattfinden.
Ein Markt im Lockdown macht keinen Sinn
Das bestätigt der Geschäftsleiter der Stadt, Martin Winkler, auf Nachfrage. „Mit dem erneuten Lockdown im November haben wir beschlossen, dass der Weihnachtsmarkt heuer ausfällt. Unter den Umständen ist das zu gefährlich“, sagt er. Die Entscheidung habe die Stadt, die vor einigen Monaten das Marktrecht von der Wirtschaftsvereinigung übernommen hat und damit wieder als Veranstalter auftritt, mit der Arbeitsgruppe, in der auch die Wirtschaftsvereinigung vertreten ist, abgeklärt. Es seien noch andere Veranstaltungsorte in Lauingen im Gespräch gewesen, wie etwa auf dem Gelände des Modellbauers KM1. Bürgermeisterin Katja Müller hatte in einem Interview mit unserer Zeitung im Herbst auch das Donauufer ins Gespräch gebracht. „Aber mit dem Lockdown macht das keinen Sinn“, so Winkler.
Wie Schwenk bedauert auch der Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung, Udo Dankesreiter, die Absage. „Wir hätten uns alle darauf gefreut. Aber Sicherheit geht vor“, sagt er. „Wenn man sich die Zahlen anschaut und wie viele Tote es inzwischen gibt, ist das einfach erschreckend.“ Die aktuelle Lage treffe auch die Gewerbetreibenden schwer. Der Weihnachtsmarkt sei immer sehr wichtig gewesen. „Auch wenn die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren nach unten tendiert sind.“ Gemeinsam mit der Stadt will man sich Dankesreiter zufolge Gedanken machen, wie der Markt in Zukunft wieder attraktiver gestaltet werden kann – wenn er dann wieder stattfindet.
Komplette Wintersaison ist gestrichen
Doch nicht nur Geschäftsinhaber und Fieranten, die teilweise von weit her anreisten, sind auf dem Weihnachtsmarkt vertreten. Auch viele Lauinger Vereine verkaufen aus den Buden heraus Glühwein, Bratwürste und mehr. Die Lauinger Stadtkapelle war etwa oft vertreten, aber auch die Narrenzunft oder das Stadeltheater. Seit mehr als zehn Jahren betrieb auch die Ski- und Bike-Abteilung des TV Lauingen einen Stand. Etwa 30 Helfer des Vereins standen jedes Jahr am Weihnachtsmarkt-Wochenende in der Bude bereit, um Bratwürste zu verkaufen, sagt Bernd Föll, der für die Organisation verantwortlich ist. Etwa 1200 Semmel seien vergangenes Jahr verkauft worden. Dass die Einnahmen heuer wegfallen, sei zwar schlecht. „Aber so sehr tut es uns nicht weh.“ Schlimmer sei, dass die komplette Wintersaison wegen Corona gestrichen ist.
Die Lauinger Hexen trifft es da mehr: Die Narrenzunft verkaufte in den vergangenen Jahren Glühwein, Kinderpunsch und Likör in kleinen Reagenzgläschen. „Die Einnahmen fallen uns jetzt halt weg. Und die Narrensprünge bringen uns kein Geld ein“, sagt die neue Zunftmeisterin Michaela Roth. Die Hexen finanzierten sich überwiegend über die Mitgliedsbeiträge. „Der Weihnachtsmarkt war deshalb finanziell wichtig für uns. Jetzt müssen wir schauen, dass wir über die Runden kommen.“
Lieferdienste und telefonische Bestellungen
Öffentlich kommuniziert wurde die Entscheidung der Stadt nie, räumt Geschäftsleiter Winkler ein. „Aber das hat sich über Mundpropaganda schnell verbreitet“, sagt er. Das wiederum kritisiert Bernd Schwenk: „Wir Fieranten haben vonseiten der Stadt nie eine Info bekommen, ob der Markt stattfindet oder nicht“, merkt er an. Andere Städte hätten das klarer kommuniziert.
Der Chef der Geschenkmanufaktur hat sich aus der Not heraus neue Verkaufswege einfallen lassen, um seine Lauingen-Artikel an die Bürger zu bringen: Auf einer eigens dafür angelegten Webseite kann man Kalender, Masken, Puzzle und Co. bestellen. Im Lauinger Stadtgebiet bietet Schwenk zudem einen Lieferdienst auf telefonische Bestellung an und vor Ort in Faimingen kann zudem eingekauft werden. „Es hat sich ja abgezeichnet, dass es anders nicht geht“, erklärt Schwenk. Außerdem überlege er noch, mit einem Stand auf dem Wochenmarkt aufzutreten. „Damit hätten wir die Chance, die Leute noch mal zu erreichen. Das ist aktuell ja nicht einfach.“ Dabei ist gerade das wichtig. Denn zumindest die Kalender, sein Verkaufsschlager, könne er nächstes Jahr nicht mehr verkaufen.
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