Die Geschichte des Lauinger Faschings beginnt vor 460 Jahren, im Jahr 1562 mit einem Ratsherrnerlass. Dabei hatte im Rahmen des großen Faschingstreibens das Schauspiel einer großen Hexenverbrennung auf dem Marktplatz stattgefunden. Besonders in den letzten 60 Jahren gibt es eine Familie, die in besonderem Maße an den Schnittstellen des Gaudiums in der Herzogstadt mitgewirkt hat: die Familie Linder aus Lauingen.
Die Begeisterung für Fasching ist bei den Linders Familiensache
Nach Ende des Krieges ließen es sich die vielen Faschingsfreunde Lauingens unter der Regie von bekannten Persönlichkeiten der Stadt nicht nehmen, den Lauinger Fasching mit jährlichen Prinzenpaaren samt Hofstaat wieder aufleben zu lassen. Damit habe der Fasching in Lauingen bei der Bevölkerung immer mehr Anklang und Beliebtheit erfahren, erzählt Anneliese Fürniß, geborene Linder. Als dann auch noch von der Mosel die rheinische Frohnatur Herbert Bickelhaupt nach Lauingen gekommen war, sei dies ein Glücksfall für die Karnevalsregenten gewesen. Denn dies führte laut Fürniß im Jahr 1951 zur Gründung der Faschingsgesellschaft Laudonia, unter deren Regie im Jahre 1960 das 400-jährige Faschingsjubiläum mit dem damaligen Prinzenpaar Else I. und Adi I. gebührend gefeiert wurde. Die Faschingsbälle und Veranstaltungen der Laudonia hätten dann in den nächsten Jahren teilweise im Gasthaus Rößle-Saal, Schimmel-Saal, Blumenstock und später auch in der alten Turnhalle Lauingen am Wittelsbacher Platz stattgefunden. Ganz beliebt und dabei meist ausverkauft seien zu dieser Zeit der Hofball, Kistenball, Henna-Ball, TV-Ball, Fussballer-Ball, Landwirtschafts-Schüler-Ball sowie die große Faschingssitzung gewesen. „In dieser frühen Laudonia-Zeit entwickelte sich auch die Begeisterung für die närrische Saison in der gesamten Familie Linder“, berichtet die 82-jährige Annelise Fürniß.
Die Familie hat im Lauinger Fasching eine besondere Bedeutung – und der Fasching in der Familie ebenso: Bei insgesamt sechs Prinzenpaaren der Laudonia (drei Mal großes und drei Mal kleines Prinzenpaar) waren Fürniß zufolge Mitglieder der Familie als eine der Tollitäten dabei. Begonnen hat die „ royale Ära“ Linder vor genau 60 Jahren in der Saison 1960/61. Fürniß selbst hatte als Prinzessin Annelie I. (Linder) mit Prinz Manfred I. (Joekel) durch die närrische Zeit der Laudonia geführt. Das Jubiläumsprinzenpaar Sabine I. mit Günter I. (Ehepaar Linder) regierte die Laudonia in der Saison 1975/76 und die bisher letzten großen Laudonia Tollitäten aus der Familie Linder regierten in der Saison 2003/2004 als Prinzenpaar Andrea I. mit Tobias II. (Ehepaar Linder).
Die Linders stellen mehrere Tollitäten
Die kleine Laudonia regierten Mitglieder der Linderfamilie in den Jahren 1985/86 als Prinzenpaar Nicole I. (Häußler) mit Tobias I. (Linder), 2009/10 die Tollitäten Lisa I. (Linder) mit Benedikt I. (Stocker) sowie in der Saison 2016/17 das Prinzenpaar Leonie I. (Linder) mit Luca I. (Maler). Doch nicht nur bei den Prinzenpaaren waren Mitglieder ihrer Familie im Laudonia-Fasching aktiv, weiß Anneliese Fürniß weiter zu berichten.
So habe ihr kleiner Bruder Günter „Locko“ Linder, im Jahr 1952 mit neun Jahren als kleiner Lauinger Mohr beim Faschingszug auf dem Prinzenwagen gesessen. Sie selbst habe mit ihrer Schwester Gisela in der Saison 1959/60 in der Prinzengarde getanzt. In den Jahren 1967 bis 1969 agierte Günter Linder in der Laudonia als Hofmarschall und Markus Linder begleitete seine Eltern, die Tollitäten Sabine I. und Günter I. als kleiner Lauinger Mohr in der Saison 1975/76 bei zahlreichen Auftritten.
„Wir waren alle faschingsnärrisch und die Laudonia war eine tolle Plattform dafür, dieses Faschingsfieber ausleben zu können“, sagt Ihre ehemalige Hoheit der Saison 1960/61, Anneliese Fürniß. Daher sei ihr besonders in diesen Zeiten der Pandemie, an denen der Fasching, die gesamte närrische Zeit, weltweit stillsteht, wichtig daran zu erinnern, wie die Menschen in Lauingen gefeiert haben.
Noch nie mussten die Narren allesamt zuhause bleiben
So erinnere sie sich auch daran, dass Faschingsumzüge am Rosenmontag wegen des Golfkrieges oder eines Sturms sowie der Angst vor terroristischen Anschlägen abgesagt worden seien. Doch dass auf der ganzen Welt die Narren trauern und nicht tanzen dürfen, das habe es bislang zu ihren Lebzeiten noch niemals gegeben.
Keiner wisse, wie lange das närrische Vergnügen für die Menschen noch eingesperrt bleiben müsse. „Dieses gemeinsame Feiern, dieses Tanzen und Lachen. Wir wollen es nicht vergessen und freuen uns darauf, wenn die Narrenrufe wieder durch die Straßen der Welt, in Deutschland oder im Landkreis hallen.“ Helau, Olé und Blunz Blauz.
Lesen Sie außerdem:
- Dieser 17-Jährige bastelt seinen eigenen Mini-Faschingsumzug
- Hohenreichener Schützen verschenken päckchenweise Fasching
- 2,36 Promille: Autofahrer fährt in Frauenstetten gegen Baum