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Landkreis: Ernte: Flüchtling will helfen, darf aber nicht

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Ernte: Flüchtling will helfen, darf aber nicht

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    Viele Flüchtlinge im Landkreis Dillingen wollen bei der Ernte helfen, dürfen aber nicht.
    Viele Flüchtlinge im Landkreis Dillingen wollen bei der Ernte helfen, dürfen aber nicht. Foto: Sandra Kraus

    Heidi Terpoorten aus Binswangen platzt fast der Kragen. Sie ist Bezirksrätin, Kreisrätin (Grüne) und Mitglied im Integrationsbeirat. Sie fragt sich: „Sind Geduldete, Menschen zweiter Klasse?“ Terpoorten bezieht sich auf einen Artikel in unserer Zeitung vom 15. April. Darin ging es um die Frage, wer nun in Zeiten von Corona bei der Ernte hilft und dass Landwirte händeringend nach Helfern suchen.

    Auch Georg Schrenk, Vorsitzender der Unterstützergruppe Asyl/Migration Dillingen meldet sich in einem eigenen Schreiben an unsere Redaktion zu Wort. Beide erklären, dass sich Landtagsabgeordnete der Freien Wähler, der CSU, sowie Bezirksräte in den vergangenen Wochen dafür einsetzen hätten, dass die Regeln für Beschäftigungserlaubnisse gelockert würden. Laut Terpoorten habe es aus Berlin eindeutige Signale diesbezüglich gegeben.

    In ihr Land können die Geduldeten nicht mehr zurück

    Schrenk berichtet, dass sich auch Geflüchtete bewarben, um auf den Feldern mitzuhelfen. Am 14. April hätte dann ein „Geduldeter“ einen Bescheid erhalten, dass sein Antrag von der Ausländerbehörde nicht genehmigt worden sei, da seine Identität nicht geklärt sei.

    Der Betroffene ist laut Schrenk seit über vier Jahren hier. Sein Antrag auf Asyl sei abgelehnt worden, die zuständigen Stellen hätten es aber nicht geschafft, die Abschiebung zeitnah umzusetzen. Terpoorten erklärt, dass der Betroffene „der Gesellschaft etwas zurückgeben“ und auf den Feldern helfen wollen.

    Schrenk erklärt außerdem, dass die Geduldeten nicht zurück in ihr von Terror geplagtes Land, sondern hier arbeiten wollen. Man lasse sie aber nicht. Sie sollen vielmehr weiter tätigkeitslos in den Unterkünften sitzen, so Schrenk.

    Terpoorten und Schrenk erklären beide, dass potentiellen Arbeitgeber auf die rumänischen Erntehelfer warten würden. Sie vermuten, dass dies einen Grund habe, denn für rumänische Erntehelfer müsse in Deutschland im Gegensatz zur Beschäftigung von Geflüchteten keine Sozialabgaben gezahlt werden. Schrenk und Terpoorten gehen außerdem davon aus, dass einige landwirtschaftliche Betriebe den Papierkrieg mit dem Jobcenter scheuen und deshalb keine Geflüchteten als Erntehelfer einsetzen.

    Für Flüchtlinge erschwert die Corona-Krise die Lage sehr

    Terpoorten erklärt: „Gerade unter den „gedulteten“ Menschen gibt es Menschen, die bereit sind, auch zeitlich befristet, zu arbeiten. Sie leben bereits im Landkreis Dillingen, leben mit unseren Regelungen während der Krise und sprechen unsere Sprache.“ Laut Schrenk seien es bei den anerkannten Flüchtlingen logischerweise weniger, weil viele von ihnen schon eine Arbeitsstelle haben, auch wenn sie jetzt aufgrund der

    Terpoorten schreibt: „In einer Krise wie der Pandemie, Menschen in finanzieller und sozialer Not gegeneinander auszuspielen, halte ich für wenig zielführend und menschenverachtend.“ Und Schrenk erklärt: „Man schafft es in Berlin und in München für notleidende Betriebe Milliarden notwendigerweise bereitzustellen, einfache Änderungen der fragwürdigen Beschäftigungserlaubnisregelung für Geduldete, dass diese zum Beispiel eine zeitlich begrenzte Genehmigung als Erntehelfer erhalten, schafft man nicht! Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis.“

    Schrenk macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: „Kaum jemand interessiert sich dafür, wie die Geflüchteten in ihren Unterkünften oder angemieteten Wohnungen die Ausgangsbeschränkung überstehen“, so Schrenk. „Man hat ja noch ein paar „dumme Ehrenamtliche“ die sich einsetzen, dass es nicht zu Zwischenfällen kommt.“ Doch Schrenk fragt sich: „Wie lange noch?“ (pm/elhö)

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