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Landkreis Dillingen: Wut im Wellness-Tempel: Massagepraxen im Landkreis Dillingen bleiben zu

Landkreis Dillingen

Wut im Wellness-Tempel: Massagepraxen im Landkreis Dillingen bleiben zu

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    Gesundheitsberater Chris Bayer und Massage- und Wellness-Therapeutin Petra Schütt sind massiv verärgert über die Corona-Politik in Bayern. Sie fordern eine schnelle Wiedereröffnung ihrer Massagepraxen in Höchstädt und Unterbechingen.
    Gesundheitsberater Chris Bayer und Massage- und Wellness-Therapeutin Petra Schütt sind massiv verärgert über die Corona-Politik in Bayern. Sie fordern eine schnelle Wiedereröffnung ihrer Massagepraxen in Höchstädt und Unterbechingen. Foto: Berthold Veh

    „Dienstleistungen, bei denen eine körperliche Nähe zum Kunden unabdingbar ist, wie zum Beispiel Massagepraxen, Tattoo-Studios oder ähnliche Betriebe sind untersagt. Abweichend davon dürfen die Dienstleistungen der Friseure sowie im hygienisch oder pflegerisch erforderlichen Umfang die nicht medizinische Fuß-, Hand-, Nagel- und Gesichtspflege angeboten werden.“ Diesen Absatz in der zwölften Bayerischen Infektionsmaßnahmenverordnung vom 5. März „soll einer verstehen“, sagt Chris Bayer von der gleichnamigen Gesundheitspraxis in Höchstädt.

    Dort bietet er mit seiner Kollegin Charlotte Rossmeisl verschiedene präventiv-gesundheitliche Massagen, Burn-out-Beratungen, Ernährungsberatung sowie energetische und kosmetische Anwendungen an. Doch am 1. November 2020 sei erst einmal mit den Massagen und ab 16. Dezember auch mit den Beratungen Schluss gewesen. Dies ist jetzt beinahe vier Monate her. Und bei Bayer nimmt der Frust zu. „Vier Monate ohne einen Cent an Einnahmen, doch die Kosten müssen weiterhin bedient werden“, klagt der Gesundheitsberater.

    Bayerischer Sonderweg erzürnt die Unternehmer

    Freude und Hoffnung sei in der Branche aufgekommen, als nun am 4. März nach den Verhandlungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder bekannt gegeben wurde, dass Anbieter von körpernahen Dienstleitungen wieder öffnen dürfen. „In 15 Bundesländern, nur nicht in Bayern“, klagt Bayer. Denn bereits einen Tag später sei geradezu in einer „Nacht- und Nebelaktion“ in der 12. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung beschlossen worden, dass dies nicht für den Freistaat gilt. Auch nicht bei niedriger Inzidenzzahl, bei der den Landkreisen eine Mitentscheidung über die Lockerungen besonders in den Bereichen der Dienstleistungen erlaubt ist. „Da wurde willkürlich von oben entschieden“, sagt Charlotte Rossmeisl.

    In ihrer Gesundheitspraxis in Höchstädt herrsche der höchste Hygienestandard. Jeweils nur ein Kunde werde behandelt – und nur mit FFP2-Maske. Friseure haben nach Ansicht von Chris Bayer mehrere Menschen in ihrem Salon, sie seien bedeutend näher am Kunden – und dürfen arbeiten. In Nagel- und Kosmetikstudios berührten die Mitarbeiter ebenfalls ihre Kunden und seien dabei den Aerosolen trotz Mund- und Nasenschutz, über die Covid-19 hauptsächlich verbreitet wird, bedeutend näher als in seiner Branche. „Doch wir müssen geschlossen bleiben, obwohl wir unsere Kunden nur mit den Händen berühren“, sagt der Betreiber der Gesundheitspraxis.

    Hoffnung auf Öffnung bei niedriger Inzidenz

    Ähnlich groß ist das Unverständnis bei Sieglinde Holland aus Osterbuch. Sie betreibt dort das Wellness-Studio „Feel Good“ und verstehe bei diesen staatlichen Verboten seit einiger Zeit gar nichts mehr. „Wie auch Mitarbeiter bei uns im Landratsamt“, sagt Holland. Auch dort herrsche teilweise Unverständnis darüber, nach welchen Kriterien Dienstleistungen angeboten werden dürfen und andere nicht. „Ich werde mich natürlich an die Anordnungen halten“, sagt die Wellness-Anbieterin aus Osterbuch. Sie hofft jedoch für ihre Kunden, dass der Landkreis Dillingen mit solch niedrigen Inzidenzzahlen auch für diese Branche ein Mitspracherecht für die Öffnung erhält.

    Denn gerade jetzt, nach einem Jahr der Lebenseinschränkungen und Selbstvernachlässigung durch Corona, sehnten sich die Menschen nach Wellness- und Wohlfühloasen. Hier eine klassische Aromaöl-Massage, dort Aloe-Vera-Behandlungen, ein Aufenthalt in der Sauna oder im Solarium, um nur einige Anwendungen zu nennen.

    Volle Terminkalender: Menschen sehen sich nach Wellness

    „Über eine bodenlose Frechheit“, beschwert sich Petra Schütt, Betreiberin von Petras Massageraum in Haunsheim-Unterbechingen. Warum Bayern wieder einmal einen eigenen Weg gehen müsse, sei ihr unverständlich. Noch dazu könne niemand in der Branche verstehen, dass diese Entscheidung nicht nachvollziehbar kommuniziert wurde. „Wir bekamen von keiner Seite Informationen, dass wir unsere Praxen und Studios nicht wie viele andere Dienstleister am 8. März öffnen können“, berichtet Schütt.

    Und auch staatliche Stellen hätten auf ihre Anfrage keine Antwort gewusst. „Mein Terminkalender war voll“, berichtet die Massageraum-Betreiberin. Und wenn sie nicht zufällig bei ihren Recherchen im Internet auf das Öffnungsverbot gestoßen wäre, hätte sie die Kunden vor der Tür wegschicken müssen. So habe sie noch die Möglichkeit gehabt, die Termine telefonisch abzusagen. „Jetzt müssen wir uns eben noch bis Ende März gedulden“, sagt Schütt, wobei in ihrer Stimme ein Mix aus Wut und Enttäuschung nicht zu überhören ist.

    Bis wann sich dann über die Einnahmen ihr Betrieb wieder amortisieren werde, darüber wolle sie noch gar nicht nachdenken. „Denn diese Pandemie“, sagt Schütt, „ist nicht berechenbar und hat unser aller Leben immer noch im Griff.“

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