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Landkreis Dillingen: Werden wegen Corona soziale Stellen im Kreis Dillingen gekürzt?

Landkreis Dillingen

Werden wegen Corona soziale Stellen im Kreis Dillingen gekürzt?

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    Die Stelle des Flüchtlings- und Koordinationsberaters im Kreis Dillingen wurde gestrichen. Dasprang die evangelische Kirche Dillingen ein.
    Die Stelle des Flüchtlings- und Koordinationsberaters im Kreis Dillingen wurde gestrichen. Dasprang die evangelische Kirche Dillingen ein. Foto: Alexander Kaya (Symbol)/Kogge

    Selbst private Spenden sind eingegangen. Um eine Stelle zu retten, die sonst Ende vergangenen Jahres gestrichen worden wäre: die des Flüchtlings- und Integrationsberaters. Dieter Kogge war damit betraut worden. Träger der Stelle war die Diakonie Neu-Ulm. Doch dann wurde Kogge gekündigt. Und auch in Wertingen wird noch eine Stelle wegfallen.

    Dieter Kogge
    Dieter Kogge

    2017 hatte Kogge die Stelle angetreten, jedes Jahr war sie verlängert worden. Obwohl er die Arbeit nach eigener Auskunft mit Leidenschaft machte, hatte er sich zwischendrin um das Bürgermeisteramt in Syrgenstein beworben. „Ich hatte Lust auf mehr.“ Als das nicht klappte, hoffte Kogge umso mehr, dass sein Vertragsverhältnis mit der Diakonie in ein unbefristetes umgewandelt wird. „Stattdessen hieß es, ich sollte mir etwas anderes suchen. Das fand ich für den diakonischen Gedanken nicht so passend.“ Hintergrund sei gewesen, dass die Kirche die Mittel nicht verlängert hatte. Als die Entscheidung im Sommer bekannt wurde, begann Kogge Bewerbungen zu schreiben. Vor allem das therapeutische Angebot für Flüchtlinge liegt Kogge am Herzen.

    Und auch Georg Schrenk, Koordinator des Dillinger Asylhelferkreises, betont, wie wichtig diese Hilfe ist. „Manchmal reicht ein Besuch in der Botschaft, und ein Flüchtling kommt völlig verstört zurück. So eine Therapie ist ja nicht automatisch nach drei Jahren beendet.“

    Dillingens Pfarrer kämpfte für die Verlängerung der Stelle

    Pfarrer Manuel Kleiner
    Pfarrer Manuel Kleiner

    Es war Dillingens Pfarrer Manuel Kleiner, der vor Weihnachten für die Verlängerung der Stelle kämpfte und zu Spenden aufrief. Schließlich habe ihm die Diakonie Bayern geholfen, „weil sie meine Einschätzung teilte, dass wir so eine Stelle brauchen“. Andernfalls sei der Landkreis an der Grenze dessen, was die Versorgung von Flüchtlingen betrifft. Die Stadt Dillingen, der Landkreis, einige Kommunen und etliche private Spender haben laut Pfarrer Kleiner schließlich dafür gesorgt, dass die Mittel für dieses Jahr reichen. Darunter auch die Dillinger Stadtratsfraktion FW/Bündnis90/Die Grünen/SPD. Sie steuert ihr Fraktionssitzungsgeld bei. Der Hauptteil der Personalkosten kommt weiterhin vom bayrischen Staat. „Das ist das Ergebnis eines harten Ringens des Diakonischen Werkes Bayern, welches besonders durch die Solidarität der Caritas Bayern möglich wurde“, betont der Dillinger Pfarrer.

    Einem Bissinger wird besonders gedankt

    Besonders zu verdanken sei der Ausgang der Verhandlungen den Mitarbeitern im Diakonischen Werk Bayern, die sich dieser Sache angenommen haben, aber auch dem Einsatz des Landtagsabgeordneten Georg Winter, der den in Bissingen wohnenden Leiter der Verhandlungen mit dem Staat von Seiten der Caritas, den Verwaltungsdirektor und Geschäftsführer Freie Wohlfahrtspflege Bayern Wilfried Mück, gebeten hatte, noch einmal die schon gescheiterten Versuche neu zu beleben.

    Auch in Wertingen fällt eine Stelle weg

    Wolfgang Plarre
    Wolfgang Plarre Foto: Reif

    Pfarrer Kleiner ist mit der Lösung nicht ganz zufrieden. Zum einen, weil die Stelle Kogges jetzt wieder nur für ein Jahr gesichert ist, obwohl die Notwendigkeit anerkannt sei. Und, weil die evangelische Kirche der Diakonie Neu-Ulm zwar die Räume für verschiedene Beratungsangebote mietfrei zur Verfügung stellt, über die Personalplanung aber nicht informiert hatte. Außerdem fällt in wenigen Wochen die nächste Stelle weg: In Wertingen kümmert sich eine Frau in Teilzeit um die psychosozialen Belange der Flüchtlinge. Ihr wurde zum 1. April gekündigt. Der Wertinger Flüchtlingskoordinator Wolfgang Plarre hatte sich auch für Kogge eingesetzt. „Ich bin froh, dass das geklappt hat, aber noch etwas draufsetzen, das geht nicht, denke ich.“ Ab 1. April steige deswegen die Belastung für den Wertinger Helferkreis – denn der Beratungsbedarf sei weiterhin da. Die Diakonie Neu-Ulm bedauert den Schritt.

    Corinna Deiniger, Vorsitzende der Geschäftsstelle erklärt, dass der Freistaat sich mit 75 Prozent an den Kosten beteiligt. 25 Prozent stammten vom Fond vom Diakonischen Werk Bayern für Flüchtlingsarbeit. Dieser musste laut Deiniger reduziert werden und werde nicht mehr neu aufgelegt. Zweieinhalb Stellen im ganzen Dekanat seien 2020 abgebaut worden, heuer sollen weitere wegfallen. Wie viele, das sei noch unklar.

    Es gibt eine weitere befristete Stelle im Kreis Dillingen von der Diakonie

    Nun hat die evangelische Kirchengemeinde in Dillingen die Stelle von Kogge übernommen. „Wir haben sehr fragile Finanzierungen. Wir fürchten, dass es zu weiteren Kürzungen kommt“, sagt Deininger. Für die Einrichtung einer Wohnungsnotfallhilfe im Landkreis Neu-Ulm habe man den bayerischen Sozialpreis bekommen. Dann wurde auch eine Beratungsstelle in Dillingen eingerichtet – deren Finanzierung auch nur bis Fristende steht. Die kirchliche allgemeine Sozialarbeit in Dillingen (Kasa) und die Stelle Migration – beide haben ihre Büros bei der Katharinenkirche – haben unbefristete Verträge. „Der Fall Kogge war kein böser Wille, aber wir kommen an unsere finanziellen Grenzen. Deswegen wissen wir schon jetzt, dass weitere Stellen wegfallen werden.“ (Sie hilft Menschen, die im Landkreis Dillingen keine Wohnung finden)

    Sieht es bei der Caritas im Kreis Dillingen besser aus?

    Stephan Borggreve, Geschäftsführer der Dillinger Caritas, kann die finanziellen Sorgen ein Stück weit verstehen, sagt aber auch: „Wenn sich ein Bedarf verschiebt, gibt es keine Zuschüsse mehr. Die Frage ist dann, ob man ein Angebot aufrechterhalten kann oder will.“

    Auch der Caritas sind in den vergangenen Jahren Spenden weggebrochen, 2020 allein 5000 Euro (von 30000 Euro). Neben den Spenden finanziert sich die Caritas aus Kirchensteuermitteln, die sinken, weil mehr und mehr Menschen die Kirche verlassen. Es sei nachvollziehbar, wenn Menschen austreten, weil sie es sich nicht leisten können oder mit bestimmten Themen der Kirche nicht einverstanden sind. „Aber ich weiß nicht, ob sie sich der Folgen ihres Handelns bewusst sind.“ Denn ein Grundpfeiler der katholischen Kirche sei nun mal die karitative Arbeit, die – so Borggreve – vermutlich weniger umstritten sei als das Thema Missbrauch, Frauen in der Kirche oder Verschwendung für persönliche Gemächer – aber unter dem Abwenden von der Kirche genauso leide.

    Die Caritas im Kreis Dillingen hofft auf mehr Spenden nach der Corona-Pandemie

    Die Corona-Pandemie, da ist sich der Caritas-Geschäftsführer sicher, friere Spenden nur vorübergehend ein. „Wenn das mal vorbei ist, haben die Menschen auch wieder mehr Geld und geben das aus.“ An den Kirchenaustritten werde sich dagegen nichts ändern. Daher müsse man immer sehen, was noch finanzierbar ist und was nicht. „Aber bislang mussten wir unsere Leistungen nicht kürzen und das wollen wir auch nicht. Davor gibt es immer noch mal eine kleine Stellschraube, an der man drehen kann.“

    Was Dieter Kogge im Landkreis Dillingen jetzt alles vorhat

    Dieter Kogge ist glücklich, dass er seine Stelle noch hat, wenn auch nur zu 80 und nicht zu 100 Prozent. Er sprühe vor Ideen wie Hilfe zur Selbsthilfe und Aktionen, wenn die Corona-Pandemie vorbei ist. Und er appelliert an die Menschen, sich wieder in der Flüchtlingshilfe zu engagieren. „Wir hätten schöne, leichte Aufgaben, mal die Kinder betreuen, mal jemanden zum Arzt fahren. Es geht um die Menschlichkeit.“ Die rechtlichen Aufgaben übernehme die Integrationslotsin vom Landratsamt. Ist denn diese Stelle sicher?

    Laut Landratsamt war die Dringlichkeit der Asylthematik in den Anfangsjahren ganz überwiegend durch die Unterbringung in staatlich organisierten Unterkünften geprägt. Nachdem inzwischen ein Großteil der Asylbewerber anerkannt wurde, habe sich laut Dillinger Landratsamt der Schwerpunkt auf die zwei Themenfelder Integration und Beschaffung von Wohnraum am Wohnungsmarkt verlagert. Daher bestehe der Bedarf für die Stellen sowohl der Integrationslotsin Alexandra Bronnhuber als auch der Wohnungslotsin Katja Finger unverändert weiter. Der Stellenplan des Landkreises sehe insoweit auch keine Veränderungen vor.

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