Startseite
Icon Pfeil nach unten
Dillingen
Icon Pfeil nach unten

Bahnfrust im Landkreis Dillingen: Warum der Zug oft stehen bleibt

Landkreis Dillingen

Landkreis Dillingen kämpft mit Zugausfällen und veralteter Infrastruktur

    • |
    Mit der Agilis kann man auf der Donautalbahn im Landkreis Dillingen Richtung Ulm oder Ingolstadt fahren. Andere Bahnverbindungen gibt es nicht.
    Mit der Agilis kann man auf der Donautalbahn im Landkreis Dillingen Richtung Ulm oder Ingolstadt fahren. Andere Bahnverbindungen gibt es nicht. Foto: Berthold Veh (Archibild)

    Alle Reisenden sitzen bereits, nur der Zug fährt nicht ab. "Ich hab‘ die Schnauze voll von diesem Fahrzeug, das kann doch nicht sein", schallt es aus dem Führerhaus. Kurz darauf eine freundliche Durchsage, dass sich die Abfahrt aufgrund technischer Störungen noch um einige Minuten verzögern wird und im Zuge eines Systemneustarts einmal kurz alle Lichter ausgehen werden. Es ist Freitagabend am Bahnhof in Donauwörth. Viele Pendlerinnen und Pendler sind zuvor mit der Agilis aus dem Landkreis Dillingen gekommen und wollen nun in Richtung Augsburg weiterfahren. Einige Minuten später steht fest, dass der Zug defekt ist und nicht abfahren kann. Alltag für Bahnreisende. 

    Eine wichtige Verbindung durch den Landkreis Dillingen entfällt auf unbestimmte Zeit

    Streckensperrungen, Reparaturen, Weichenstörung, fehlende Freigabe, defekte Signale: Die Gründe für eine Verspätung oder gar einen Zugausfall sind vielfältig. Hinzu kommen noch Personalmangel oder defekte Fahrzeuge. Gerade letzteres ist bei der Agilis laut Pressesprecher Thomas Tomaschek aktuell ein großes Problem. Aus diesem Grund können Züge teilweise nur verkürzt eingesetzt werden, führt er fort. Ein Fahrzeug stehe seit Monaten in der Werkstatt, da ein Ersatzteil nicht lieferbar sei. Da die Eisenbahngesellschaft unter anderem die Strecke zwischen Ulm und Ingolstadt betreibt, die durch den Landkreis Dillingen führt, sind die Nutzerinnen und Nutzer des örtlichen öffentlichen Personennahverkehrs in der Gegend besonders betroffen. Einer von ihnen ist Stefan Baur. Er pendelt jeden Tag mit der Donautalbahn zwischen Dillingen und Neu-Ulm: „Vieles läuft störungsfrei, aber es fallen immer wieder Züge aus“, erzählt er.

    Zudem wurden einige Verbindungen aus dem Angebot genommen. Etwa eine morgendliche Verbindung, die um 7.01 Uhr in Ingolstadt starten und um 9.15 in Ulm enden würde, entfällt für unbestimmte Zeit. Dadurch ist das Angebot zur morgendlichen Hauptpendelzeit im Landkreis Dillingen deutlich eingeschränkt. Ausfälle werden zum Teil mit Schienenersatzverkehr kompensiert. Das findet jedoch oftmals im Großraum Ingolstadts statt, Angebote für den Landkreis Dillingen gibt es hingegen seltener. Das kritisiert auch Baur. Zudem fordert er eine Reaktivierung der Verbindung zwischen Donautalbahn und Brenzbahn, die zwischen Aalen und Ulm verkehrt: „So könnte man eine Alternative schaffen, falls es auf einer Strecke Probleme gibt“, sagt er.

    Auf der eingleisigen Strecke kommt es häufig zu Problemen

    Ein weiteres Problem für den Landkreis ist, dass die Strecke zwischen Neuoffingen und Donauwörth eingleisig ist. Beinahe jede Straße ist dahingehend besser ausgebaut. Kommt es hier zu Problemen, sind alle Züge auf der Strecke betroffen. Und das geschieht immer wieder. Wenn ein Zug auf der Strecke stehen bleibt, ist der Verkehr in beide Richtungen komplett blockiert und alle Reisenden müssen warten, bis der Zug in den nächsten mehrgleisigen Bahnhof abgeschleppt wurde. Laut Tomaschek ist zudem die Infrastruktur auf der Strecke zum Teil veraltet und damit anfällig für Störungen. Das sorgt für Frust. Ein Beispiel ist das Stellwerk am Bahnhof in Höchstädt. Der Bahnhof wurde zwar barrierefrei umgebaut, jedoch werden Signale weiterhin von Hand gestellt. Ein digitaler Ausbau ist erst für die 2030er-Jahre geplant. 

    Das Stellwerk am Höchstädter Bahnhof stammt aus dem Jahr 1954. Es funktioniert zwar noch, ist aber weit entfernt von moderner Technik.
    Das Stellwerk am Höchstädter Bahnhof stammt aus dem Jahr 1954. Es funktioniert zwar noch, ist aber weit entfernt von moderner Technik. Foto: Christina Brummer

    Folgeverspätungen sind der Hauptgrund für Probleme bei Zugreisen

    Insgesamt sind laut offiziellen Angaben 82 Prozent der Agilis-Züge pünktlich. Nicht enthalten sind dabei aber die ausgefallenen Züge. Diese werden bei allen Bahnbetreibern, also auch der Deutschen Bahn oder Go-Ahead, aus der Statistik herausgerechnet. Laut Tomaschek sind Folgeverspätungen die Ursache für 60 Prozent aller Verspätungen. Sie kommen durch vorausfahrende Züge, Wenden und Zugkreuzungen zustande. Vom Rest entfallen rund zwei Drittel auf externe Ursachen, also Probleme mit der Infrastruktur oder Extremereignisse wie das Hochwasser Anfang Juni, erläutert Tomaschek. „Die Agilis macht im Großen und Ganzen einen guten Job“, sagt Baur. Jedoch kommt es dabei oft zu Kommunikationsproblemen zwischen Betreiber und Reisenden. 

    "Diese Verspätungen müssen händisch in das System eingetragen werden", erklärt Winfried Karg, Pressesprecher von Go-Ahead Bayern, die unter anderem Verbindungen zwischen Donauwörth und Augsburg betreibt. Gerade bei kurzfristigen und sehr umfangreichen Störungen könne es vorkommen, dass dies nicht schnell genug geschehe, führt er fort. Dadurch komme es zu mangelnder Informationslage via App oder an den Bahnsteigsanzeigen. 

    Mit Moby oder Regio Planer kann man seinen gewünschten Anschluss angeben

    Treten diese Verspätungen auf, müssen sich die Fahrgäste nach Alternativen umsehen. Es gibt in den Apps Moby von der Bayerischen Eisenbahnergesellschaft und Regio Guide der Deutschen Bahn die Möglichkeit, den Anschlusswunsch im Voraus anzumelden. Dadurch wird kein Schaffner mehr benötigt, der im Stellwerk anruft. Eine Garantie ist das jedoch nicht. "Züge haben auf den Strecken bestimmte Zeitfenster, in denen sie abfahren müssen, um nicht ihrerseits Verspätungen oder folgenreiche Änderungen im Betriebsablauf auszulösen", erklärt Tomaschek. Typischerweise liege der Bereich innerhalb weniger Minuten. Die Entscheidung liege im Ermessen des Fahrdienstleisters im Stellwerk. Diese Funktion soll laut der Pressestelle der Deutschen Bahn auch in den verbreiteten DB-Navigator integriert werden, jedoch gebe es dafür aktuell noch keinen Zeitplan.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden