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Landkreis Dillingen: Was Sie zur Initiative Artenvielfalt wissen sollten

Landkreis Dillingen

Was Sie zur Initiative Artenvielfalt wissen sollten

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    "Rettet die Bienen" lautet das plakative Motto des Volksbegehrens Artenvielfalt. Ab 31. Januar können die Bürger dafür in ihren Rathäusern Unterschriften leisten.
    "Rettet die Bienen" lautet das plakative Motto des Volksbegehrens Artenvielfalt. Ab 31. Januar können die Bürger dafür in ihren Rathäusern Unterschriften leisten. Foto: Andreas Fleischmann (Symbol)

    Der Antrag zum Volksbegehren Artenvielfalt „Rettet die Bienen!“ startete im Mai 2018. Initiiert von der ÖDP, dem Landesbund für Vogelschutz und den Grünen, gelang es, bis Oktober 2018 fast 100000 Unterschriften einzureichen – wahlberechtigte Bürger können ab dem 31. Januar ihre Stimme abgeben. Etwa eine Million Stimmen braucht es, um im Landtag behandelt zu werden. Die Meinungen im Landkreis Dillingen darüber sind geteilt.

    ÖDP glaubt an Erfolg des Volksbegehrens

    ÖDP: Edgar Brachem ist ÖDP-Mitglied und Fahrradhändler in Dillingen. „Unsere Regierenden kümmern sich überhaupt nicht um den Artenschutz. Mittlerweile glaube ich, dass Volksbegehren wird erfolgreich sein.“ Er wolle persönlich 100 Leute werben, die abstimmen. Und er werde Rathauslotse sein, sagt Brachem. Als Lotse wird er zwei Stunden vor den Rathäusern aktiv für das Volksbegehren und seine Ziele eintreten. Wenn das Volksbegehren schließlich zu einem Gesetz führe, sagt Brachem, müsse die Politik für höhere Preise bei ökologischen Produkten sorgen. „Ich halte unsere Ziele für realistisch, in Österreich stieg der Anteil der ökologischen Landwirtschaft innerhalb einiger Jahre auf 27 Prozent“, erklärt Brachem. „Ich denke, wir müssen uns auch für unsere Nachkommen für die Umwelt einsetzen.“

    Dillinger Imker glauben nicht an Zwangsmaßnahmen

    Imker: Patrick Frunder ist der Vorsitzende des Kreisverbands der Dillinger Imker. „Wir Imker unterstützen das Volksbegehren auf jeden Fall“, erklärt er. Landwirten sollen mehr Anreize gesetzt werden, Bioflächen auszuweiten. Frunder sagt, „es reicht doch ein Blick in den eigenen Garten, um festzustellen, dass die Insekten immer weniger werden.“ Aber: Sollte das Volksbegehren zu einem Gesetz führen, sagt Frunder, müsse man auf die Landwirte und deren Belange Rücksicht nehmen. Monokulturen, brachliegende Flächen und die Ausweitung der extensiven Landwirtschaft seien einige der Ursachen für das Schwinden der Insekten, erklärt Frunder. „Mit Spritzmitteln haben wir Imker im Landkreis aber keine Probleme.“ Der Vorsitzende erklärt, die hier eingesetzten Spritzmittel seien ungefährlich für Bienen, die Landwirte achten auf Spritzzeiten und erkundigen sich bei den Imkern nach dem Zustand der Bienenvölker. Warum die Initiative die Biene als Maskottchen gewählt hat, erklärt der Imker so: „Honigbienen bestäuben prinzipiell zwar jede Pflanze, aber nicht so effektiv wie die Wildbiene. Honigbienen sind zwar nicht gefährdet, aber von uns Imkern abhängig. Die vielen Wildbienenarten sind jeweils auf bestimmte Pflanzen spezialisiert und dabei hoch effektiv. Leider sind die Tiere sehr gefährdet, die Honigbiene ist kein Ersatz.“ Dennoch glaube er nicht, sagt Frunder, dass ein Wandel über Zwangsmaßnahmen funktioniere.

    Das war das Volksbegehren "Rettet die Bienen!"

    Das Volksbegehren hatte zum Ziel, bis 2025 mindestens 20 Prozent und bis 2030 mindestens 30 Prozent landwirtschaftlich genutzte Fläche gemäß den Grundsätzen des ökologischen Landbaus zu bewirtschaften.

    Aufgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen in Lehr- und Bildungspläne sowie pädagogische Aus- und Fortbildung mit aufgenommen werden.

    Mögliche Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich soll es zukünftig nicht mehr geben. Bei Beleuchtung sollen die Auswirkungen auf die Insektenfauna und Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden.

    Ein Netz räumlich oder funktional verbundener Biotope soll erschaffen werden, das bis zum Jahr 2023 mindestens 10 Prozent Offenland und bis 2027 mindestens 13 Prozent Offenland der Landesfläche umfasst.

    Pestizideinsatz in Naturschutzgebieten, gesetzlich geschützten Landschaftsbestandteilen und gesetzlich geschützten Biotopen, außerhalb von intensiv genutzten land- und fischereiwirtschaftlichen Flächen, soll verboten werden. Von Fall zu Fall kann die Naturschutzbehörde einen Einsatz dieser Mittel zulassen.

    Landwirte fürchten Eingriff ins Eigentum

    Landwirte: Klaus Beyrer spricht als Kreisobmann für den Bayerischen Bauern Verband in Dillingen. Beyrer sagt, Landwirte fühlen sich durch dieses Volksbegehren diffamiert. „Es wird Stimmung gegen die konventionelle Landwirtschaft gemacht – die Leute, die das so festgelegt haben, sind Lichtjahre von der Realität entfernt.“ Und außerdem: So werde der biologischen Landwirtschaft das Leben erschwert, erklärt Beyrer. Denn bereits jetzt gebe es für bestimmte Bio-Produkte, zum Beispiel Milch, einen Aufnahmestopp am Markt. Mehr Bioanbau bedeute nicht, dass auch die Absatzmärkte wachsen. Insbesondere ärgert ihn, dass ökologische und konventionelle Landwirte gegeneinander ausgespielt werden. „Wir sind alle Kollegen und pflegen ein gutes Verhältnis.“ Des weiteren seien die Auflagen bei Bodenschutz, Düngung und Pflanzenschutzmitteln sehr hoch und streng kontrolliert. Über mehrere Jahre hinweg seien in Bayern mehr als 12000 Kilometer an Blühstreifen angelegt worden, erklärt der Kreisobmann. Und 80000 Hektar landwirtschaftliche Fläche befänden sich bereits im bayerischen Vertragsnaturschutz. Ein Vergleich mit Österreich funktioniert laut Beyrer nicht: „Dort herrschen ganz andere Strukturen und landwirtschaftliche Bedingungen.“ Letztlich sei das Volksbegehren ein massiver Eingriff in das Eigentum der Landwirte. Seit der Jahrtausendwende gibt es laut Kreisobmann Beyrer etwa 1,5 Milliarden Menschen weniger auf der Welt, die hungern. Dies sei der Erfolg der Landwirtschaft.

    Bund Naturschutz will mehr Natur

    Bund: Heidi Terpoorten ist Vorsitzende des Bunds Naturschutz Dillingen und Kreis- und Bezirksrätin der Grünen. Sie sagt: „Das Insektensterben erkennt jeder bereits an der Autoscheibe. Früher war die nach der Fahrt voller toter Tiere, heute ist sie mehr oder weniger sauber.“ Überall in Bayern fehle es an naturbelassenen Ecken und Magerwiesen – also Wiesen, die nicht gedüngt werden. Denn gerade diese seien es, erklärt Terpoorten, die für eine hohe Biodiversität sorgen. „Wenn die Maßnahmen des AELF greifen würden“, sagt sie, „hätten wir dieses Problem nicht in dem Umfang.“ Viele Blühflächen seien nicht langjährig angelegt, sondern werden jedes Jahr gemäht. „Wir brauchen mehrjährig unbearbeitete Flächen, die vernetzt sind. Nur so können wir Insekten helfen.“ Laut der Politikerin und Umweltschützerin nehmen viele Bauern den Umweltschutz ernst. „Wir müssen einfach wieder lernen, der Natur ihren Lauf zu lassen. Dafür müssen Vertreter aus allen Bereichen zusammenkommen.“ Der Initiative gehe es nicht nur um den Naturschutz, sondern ganzheitlich um den Menschen.

    AELF Wertingen will eine sachliche Diskussion

    AELF: Ottmar Hurler vom AELF Wertingen steht dem Volksbegehren zwiegespalten gegenüber. „Einige Anliegen der Initiative kann ich verstehen“, sagt er, „aber restriktive Vorgaben, die ins Eigentum eingreifen, sollten wir vermeiden.“ Das AELF habe 2019 ohnehin einen ökologischen Beratungsschwerpunkt. Hurler erklärt, es gebe eine ganze Reihe von Veranstaltungen, wie die Anlage von Streuobstflächen oder das Ansäen von Blühflächen. Er sagt, „wir sehen genügend Handlungsfelder, um Biodiversität zu fördern“. Dafür gebe es Maßnahmen wie das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm und das Vertragsnaturschutzprogramm, woran Landwirte bereits seit einigen Jahren teilnehmen. Bauern, die auf bio umstellen wollen, werden vom AELF erheblich finanziell gefördert und während des Prozesses beraten. Pauschal zu behaupten, Pflanzenschutzmittel seien hauptverantwortlich für das Insektensterben, sei absurd, sagt Hurler. Die Zulassungsverfahren seien dabei sehr streng, ohnehin dürfen diese Mittel nur zu bestimmten Uhrzeiten und Blütenständen angewendet werden. Hurler sagt, die gesamte Diskussion müsse versachlicht werden – statt Zwang brauche es Motivation.

    Lesen Sie hier einen Kommentar von Jonas Voss zum Volksbegehren

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