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Landkreis Dillingen: Von fremden Männern angesprochen - was Experten Eltern und Kindern raten

Landkreis Dillingen

Von fremden Männern angesprochen - was Experten Eltern und Kindern raten

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    Dieses Foto ist ein Symbolbild und soll verdeutlichen, dass auch Kinder lernen müssen, ihre eigenen Grenzen zu ziehen und Nein sagen zu dürfen.
    Dieses Foto ist ein Symbolbild und soll verdeutlichen, dass auch Kinder lernen müssen, ihre eigenen Grenzen zu ziehen und Nein sagen zu dürfen. Foto: Polizei-Beratung (Symbol)

    Der Mann hat den Buben gefragt, ob er mit ihm mitfahren will. Glücklicherweise hat das Kind sofort richtig reagiert, laut „Nein“ gerufen und ist mit seinem Tretroller davongebraust. Dieser Vorfall ereignete sich so laut Polizei am 9. Oktober in der Bächinger Straße in Gundelfingen. Der Bub schätzt den unbekannten Mann auf circa 45 Jahre, das Auto habe ein DLG-Kennzeichen gehabt.

    In Höchstädt soll ein Mädchen angesprochen worden sein

    Nur wenige Tage vorher, am 5. Oktober, hat sich ein ähnlicher Fall in Höchstädt abgespielt. Dort soll eine Schülerin von einem Mann nach der Schule an der Nordschwabenhalle angesprochen worden sein. Mit Welpen, die er bei sich daheim habe, soll er versucht haben, das Mädchen zu sich nach Hause zu locken. Das Kind sei davongelaufen, doch der ältere Herr habe das Mädchen verfolgt. So schildert es die Polizei in ihrem Bericht und bestätigt weiter, dass die Mutter Anzeige erstattete. Mehr noch: Auf der Social-Media-Plattform Facebook hat die betroffene Mama sofort einen Post veröffentlicht und darin Eltern und Kinder gewarnt. Sie beschreibt unter anderem, dass ihre Tochter panisch nach Hause gerannt sei, der Mann alt und in einem dunklen, großen Auto unterwegs war.

    Dillingens Polizeisprecherin Katharina von Rönn bestätigt beide Fälle und sagt, dass es zum aktuellen Zeitpunkt keine weiteren Erkenntnisse gibt. Sie betont: „Wir nehmen diese Aussagen sehr ernst und reagieren sofort mit den entsprechenden Maßnahmen.“ Sowohl in Bächingen als auch in Höchstädt seien in den vergangenen Tagen vermehrt Zivilpolizisten unterwegs gewesen, Schulweghelfer und Lotsen sind angehalten, noch genauer hinzuschauen. Bislang, so die Polizeisprecherin weiter, habe es keinen erneuten Vorfall gegeben und auch keine Hinweise zu den beiden Vorfällen.

    Polizeisprecherin: Es ist immer ein schmaler Grat

    Katharina von Rönn sagt, dass solche Themen immer ein schmaler Grat seien – auch für die Beamten. Wann ist es kindliche Fantasie? Wann ist Gefahr in Verzug? Wer ist glaubwürdig und wer nicht? Wann wird übertrieben und wann wird weggeschaut? „Grundsätzlich nehmen wir solche Vorfälle immer ernst. Aber wir müssen es genaustens abklären. Für einen sieht etwas komisch aus, ein anderer denkt sich nichts dabei“, so die Beamtin weiter. Bei der Polizei Dillingen gibt es deshalb sogenannte Jugendkontaktbeamte, die darauf und für den Bereich Prävention spezialisiert sind. Auch diese Kollegen, so von Rönn weiter, sind in die aktuellen Vorkommnisse miteingebunden. Es fanden Elterngespräche statt, Lehrer und Schüler sind informiert. „Wir wollen sensibilisieren“, sagt die Sprecherin. So appelliere die Dillinger Polizei auch an die Eltern, die Kinder nicht mit den Autos zur Schule zu bringen. Die Buben und Mädchen sollen den Schulweg kennen und auch die Menschen, die dort ebenfalls unterwegs sind. Nicht jede fremde Person stelle eine Gefahr dar. Die Polizisten und ihre Kollegen raten vor Panikmache im Internet ab. Dennoch, das betont von Rönn immer wieder deutlich: Kein Anruf und kein Vorfall würden auf die leichte Schulter genommen werden. Im Gegenteil.

    Auch Helmut Herreiner sagt, er habe den Vorfall mit dem Mädchen, das von einem Mann vor der Höchstädter Nordschwabenhalle angesprochen worden sein soll, sehr ernst genommen. Herreiner ist der Rektor der Grund- und Mittelschule, das Kind ist eine seiner Schülerinnen. Er schildert, dass er von der Lehrkraft darüber informiert worden sei und er daraufhin sofort den Kontakt zur Polizei gesucht habe. „Wir sind im regen Austausch“, sagt er. Auch in der Klasse sei das Thema besprochen worden, alle Lehrer an der Schule seien erneut von ihm sensibilisiert worden. Und: „Ich habe alle über die digitale Kommunikationsplattform angeschrieben und um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten. Wir sind für solche Themen immer sensibilisiert, wollen aber auf keinen Fall Panik verbreiten. Wir stimmen uns da eng mit der Polizei ab, bislang gibt es auch keine neuen Erkenntnisse.“

    Speziell für die kleinen Klassen habe er seinen Lehrern angeordnet, erneut alle Belehrungen zu besprechen. Die Schülerinnen und Schüler in der zehnten Klasse sollen sich ebenfalls damit beschäftigen. „Sie wissen zwar, dass man nicht zu fremden Menschen ein Auto einsteigt. Aber sie können die Augen aufhalten“, erläutert Herreiner.

    Kinder dürfen Nein sagen und ihre eigenen Grenzen ziehen

    Dass Kinder „Nein“ sagen dürfen und ihre eigenen Grenzen ziehen müssen, sind die beherrschenden Themen beim Kinderschutzbund. Irmgard Seiler-Kestner, Geschäftsstellenleitung in Dillingen, betont: „Die Kinder müssen genau darin gestärkt werden und das bereits von klein an.“ Sei es, wenn die Oma erwartet, dass man ihr ein Küsschen geben müsse. Kinder müssten sich auch von fremden Menschen nicht in den Arm nehmen lassen. „Das sind alles Vorstufen von sexuellem Missbrauch. Man muss sich als Kind nicht alles gefallen lassen“, sagt Seiler-Kestner. Sie selbst habe einen Enkel mit eineinhalb Jahren, und auch er wolle nicht zu jederzeit von Omi geknuddelt werden. „Wenn er das nicht mag, dann mag er das nicht. Und das ist in Ordnung“, sagt sie.

    Solche und andere Themen werden unter anderem im Kurs „Starke Eltern, starke Kinder“, den der Kinderschutzbund regelmäßig anbietet, besprochen. Heuer hat keiner stattgefunden, zu wenig Anmeldungen. „Leider“, wie die Expertin sagt. Sie befürchtet, dass viele Mamis und Papis glauben, dass solch ein Kurs nur etwas für Eltern mit Problemen sei. Das Gegenteil ist aber der Fall, schildert sie: „Es geht um Kommunikation mit den Kindern, den richtigen Umgang, Grenzen setzen und ‚Nein‘ sagen zu lernen. Das betrifft alle“. Der Kurs finde in einem geschützten Raum statt, alle Schichten seien willkommen. „Man geht ja auch zum Elternabend in der Schule und holt sich Tipps.“ Im Frühjahr will der Kinderschutzbund deshalb auf jeden Fall noch einmal einen Versuch starten und den Kurs anbieten. Zum Schutz der Kinder.

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