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Landkreis Dillingen: Unterricht in Zeiten von Corona: „Von der Normalität sind wir weit entfernt“

Landkreis Dillingen

Unterricht in Zeiten von Corona: „Von der Normalität sind wir weit entfernt“

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    Blick in ein Klassenzimmer. Während manche Schüler schon wieder den Unterricht besuchen, sind andere immer noch zuhause. Für alle Betroffenen eine besondere Situation.
    Blick in ein Klassenzimmer. Während manche Schüler schon wieder den Unterricht besuchen, sind andere immer noch zuhause. Für alle Betroffenen eine besondere Situation. Foto: Peter Kneffel/dpa/Symbolbild

    Noah Köhler hat die erste Woche stückweiser Normalität schon hinter sich. Nach wochenlangem Unterricht daheim durfte der Viertklässler am Montag zum ersten Mal wieder seine Klassenkameraden im gewohnten Umfeld sehen. Für den Bub, erzählt Mama Jasmin, war das das Größte. „Er hat die Schule vermisst. Diese Woche kam er immer ganz glücklich nach Hause.“ Auch wenn es für Noah manchmal anstrengend sei, sich alle Regeln, die inzwischen an der Montessori-Schule in Wertingen gelten, zu merken. Familie Köhler könnte man fast als Paradebeispiel dafür sehen, wie die stückweise Öffnung der Schulen Familien betrifft: Während Noah schon zurück an seiner Schule war, mussten seine beiden Geschwister Sarah und David noch eine Weile daheim ausharren.

    Die Erstklässlerin und der Fünftklässler dürfen erst ab kommenden Montag zurück in den Unterricht. Wochenlang bekamen sie ihre Aufgaben digital von den Lehrern, ihre Mutter unterstützte sie bei deren Erfüllung. Eine Aufgabe, die durchaus zeitintensiv werden kann. „Großartig was nebenbei zu machen klappt da jedenfalls nicht“, erzählt Köhler. Gerade als alle drei Kinder daheim waren, sei das recht anstrengend gewesen. Nach der Ankündigung, dass einzelne Schulklassen nach und nach wieder zurückkehren sollen, war die Freude entsprechend groß.

    Wie genau sieht der neue Unterricht überhaupt aus?

    Die Mutter selbst weiß aber nicht so recht, was auf sie zukommt: Denn die neuen Stundenpläne, in denen festgeschrieben wird, wann welches Kind Unterricht hat, kommen recht kurzfristig. Denn auch wenn die Kinder wieder in der Schule sind, findet der Unterricht dort reduziert und in getrennten Gruppen statt. Normaler Alltag also, aber eben nur ein Stück weit. Doch da sind auch die schönen Seiten der Krise: „Das alles verschafft uns viel Zeit als Familie. Wir spielen viel und sind unterwegs.“ Eltern wie Kindern tue das sehr gut.

    Ganz ähnlich ist die Lage bei Familie Finger aus Höchstädt: Sechs Kinder und die Eltern leben dort unter einem Dach – wobei die beiden Ältesten schon studieren. Die Schüler besuchen bereits weiterführende Schulen: Die Montessori-Schule in Wertingen und das Lauinger Albertus-Gymnasium. Stück für Stück, erzählt Mama Katja Finger, wird es im Haus wieder leerer. Denn langsam geht wieder der Unterricht los. Die neuen Regeln, wonach die Kinder und Jugendlichen in ganz Bayern gestaffelt an ihre Schulen zurückkehren sollen, finde sie „ein Stück weit unfair“.

    Manche Schüler haben noch immer keine Perspektive

    Denn während an den meisten Schulen Abschluss- und Vorabschlussklassen schon wieder Unterricht haben und ab Montag auch erste, fünfte und sechste Klassen zurückkehren, müssen alle dazwischen noch bis nach den Pfingstferien warten – zumindest wenn sich die Corona-Lage nicht wieder verschlimmert. Einfach sei das alles nicht. „Den beiden Mittleren fehlt da die Perspektive“, sagt Finger mit Blick auf ihre Kinder. Bei manchem lasse da auch die Motivation langsam nach. Wie das Homeschooling so funktioniert? „Ich hab das Glück, sagen zu können: Ich bin nur Mama, kein Ersatzlehrer.“ Diese Rolle übernehmen für die berufstätige Mutter die älteren Kinder.

    In den Schulen hat sich derweil alles geändert: Sicherheitsabstand, Hygieneregeln und Mundschutzgebot hinterlassen ihre Spuren. „Es herrscht eine gespenstische Atmosphäre im Schulhaus. Alle sind ruhig, alle tragen Masken im Gesicht“, erzählt Markus Stuhler, Konrektor an der Lauinger Hyazinth-Wäckerle-Mittelschule. Die Jahrgangsstufen, die wieder vor Ort unterrichtet werden, kommen gestaffelt zur Schule. Klassenzimmer werden laut Rektorin Josefa Strehle kaum noch gewechselt, stattdessen wechseln die Lehrer nun die Räume. Auch Pausen und Unterrichtsbeginne sind gestaffelt, um die Infektionswahrscheinlichkeit zu minimieren. Alles in allem, sagt Strehle, laufe es gut. Viele Schüler seien froh, wieder zurück in den Unterricht kommen und ihre Freunde sehen zu können. Und auch wenn die Lehrkräfte für solche Situationen nicht ausgebildet worden seien, klappe die neue Art des Unterrichts zwischen Tafel und Homeschooling gut.

    Manche Schüler haben daheim kein Internet

    Im Gespräch zeichnen sich aber auch Probleme ab, die es beim Thema Digitalisierung gibt: Strehle gibt etwa zu bedenken: „Es gibt auch Schüler, die zuhause kein Internet haben.“ So mancher Arbeitsauftrag sei deshalb bereits per Post verschickt worden. Und Konrektor Stuhler sagt: „Viele Lehrer machen Homeschooling mit ihren persönlichen Computern und Handys. Das ist nicht optimal.“ Nicht zuletzt hat diese ungewöhnliche Situation aber auch einen Vorteil: Laut Stuhler gab es an der Lauinger Mittelschule vor der Corona-Krise kein digitales Eltern-Informationsportal. Mittlerweile wurde eines eingerichtet.

    Die Umsetzung der Maßnahmen drückt auf die Stimmung

    Der Unterricht selbst läuft ebenfalls nicht mehr so wie früher. „Von der Normalität sind wir weit entfernt“, sagt Stuhler, der selbst eine Vorbereitungsklasse unterrichtet. Diese wurde in zwei Gruppen aufgeteilt, den Unterricht gestalten zwei Lehrer in unterschiedlichen Räumen und Fächern parallel. Statt Gruppenarbeit steht wieder Frontalunterricht an. Und es wird nur das Nötigste – sprich die Hauptfächer – unterrichtet. „Das drückt schon auf die Stimmung.“ Laut Stuhler erreicht die Schule wegen der getrennten Klassen auch bald ihre räumlichen Kapazitäten. Immerhin: Der Heimunterricht habe bei den meisten geklappt, gerade schüchterne Schüler hätten sogar größere Fortschritte gemacht als beim Unterricht in der Schule.

    Am Gymnasium in Wertingen hat man sich zum Schutz der Schüler ebenfalls ein Hygienekonzept überlegt. Neben den üblichen Vorkehrungsmaßnahmen wie dem Maskengebot und rollierenden Pausen wurde das Schulgebäude etwa in zwei Hygienebereiche unterteilt, erklärt Konrektor Sebastian Bürle. Nur die Lehrer dürften in beide Bereiche. Außerdem gibt es in Wertingen jetzt ein Einbahnstraßensystem, es führt also nur ein Weg durch das ganze Gebäude. „So vermeiden wir, dass sich die Wege der Schüler kreuzen“, erklärt Bürle. Für die Sicherheitsmaßnahmen habe das Hausmeisterteam fast die komplette Schule umstuhlen müssen. Und auch die Putzkräfte sind wegen der Corona-Krise an den Schulen im Dauereinsatz. Die Situation ist für alle neu: „Aber man stellt fest, dass man sich daran gewöhnt. Obwohl alles irgendwie befremdlich ist.“

    Das Homeschooling habe auch Vorteile: „Die Schüler gewinnen da ganz neue Kompetenzen, werden selbstständiger und machen Fortschritte bei digitalen Medien.“ Allerdings gebe es wie im normalen Schulalltag darunter Jugendliche, die man „etwas mehr anstupsen muss“.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Corona und die Zeitfrage

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