Alle Vorsichtsmaßnahmen haben im Wertinger Seniorenheim St. Klara den Ausbruch des Coronavirus nicht verhindern können. Mundschutzpflicht, Trennscheiben bei Besuchen, striktes Abstandsgebot, strenges Desinfizieren – es half letztlich alles nichts, das Virus wurde am 18. November erstmals bei einer Bewohnerin nachgewiesen. Und trotz aller Eindämmungsversuche verbreitete es sich rasend schnell unter den Heimbewohnern, wie Heimleiter Günther Schneider sagt, im Ober- wie im Untergeschoss. „Wir verstehen es nicht, wie es dazu kommen konnte“, sagt Schneider. Er ist bestürzt über die Lage.
13 Bewohner bei St. Klara sind bereits verstorben
Eine riesige Tragik sei das, was er in diesen Tagen erlebe. Bisher hat das Virus schon 13 Todesopfer in der Einrichtung gefordert. Weitere zwei Bewohner befänden sich in einer „schweren Phase“. Der größte Teil der Senioren in St. Klara ist mittlerweile mit dem Virus infiziert. „Wir haben kaum noch negativ getestete Bewohner“, sagt Schneider.
Seitdem das Virus im Heim nachgewiesen worden ist, müssen alle Senioren, die nicht negativ getestet sind, den Tag in ihren Zimmern verbringen. Besuche sind komplett gestrichen. Für das Personal gilt im Einsatz jetzt ein Ganzkörperschutz, inklusive Brille und FFP-2-Maske.
Und im Einsatz ist das Personal nun wie nie zuvor in der Geschichte des Pflegeheims – jedenfalls diejenigen, die arbeiten können. Ein großer Teil der Pfleger ist in Quarantäne. Insgesamt arbeiten in St. Klara 58 Personen pflegerisch mit den Senioren, die Schüler der Pflegeschule mitgerechnet. Von diesen mussten 24 in Quarantäne gehen, bisher sind erst sieben aus dieser wieder zurückgekehrt.
Warum Hilfe aktuell so wichtig für die Wertinger Einrichtung ist
Ohne Hilfe würde es nicht gehen, sagt Schneider. Deshalb sei er sehr, sehr dankbar für ebendiese Hilfe, die er und sein Team in diesen Tagen erfahren – aus dem Krankenhaus, vom Arbeiter-Samariter-Bund, von Augsburger Pflegefachkräften. „Ohne diese Unterstützung könnten wir es hier nicht schaffen“, sagt Schneider. Besonders dankbar ist er auch für die Hilfe des Dillinger Hospizvereins, dessen Mitglieder sich um die Personen kümmern und gekümmert haben, die in St. Klara an dem Virus gestorben sind.
So tragisch die Lage in Wertingens Seniorenheim St. Klara ist – es ist nicht das erste Mal, dass sich Covid-19 in einer Einrichtung des Landkreises verheerend ausbreitet. Im April, während der ersten Coronawelle, traf es das Bissinger Pro Seniore. Bis die Lage unter Kontrolle war, starben 25 Bewohner im Zusammenhang mit dem Virus.
Ende August rekapitulierte ein Sprecher von Pro Seniore die Erfahrungen so: „Wir hatten einen Corona-Tsunami bei uns und sind alle froh, dass wir diesen hinter uns haben. Aber natürlich bleibt das Erlebte in allen Hinterköpfen.“
Die Zusammenarbeit mit dem Dillinger Gesundheitsamt habe jedoch hervorragend funktioniert. Gleiches berichtet Günther Schneider. Die Mitarbeiter seien mehrmals pro Woche vor Ort, die Zusammenarbeit funktioniere bestens.
Auch in Bissingen breitete sich das Virus in einer Einrichtung aus
Das Gesundheitsamt hat sich gegenüber unserer Zeitung ebenfalls geäußert. In einer Mitteilung heißt es: „Alle Einrichtungen der Pflege- und Behindertenhilfe haben sich mit Pandemiekonzepten und mithilfe von Beratungen durch das Gesundheitsamt vor Ort auf die Situation des Corona-Ausbruchs in ihrer Einrichtung vorbereitet. Es wurden seit dem Frühjahr spezielle Isolierbereiche vorgehalten, und das Personal wurde im Hinblick auf die Erkennung der Frühsymptome und im Umgang mit Schutzausrüstung geschult. Trotz aller ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen – Beobachtung der Bewohner, die im Krankenhaus waren, oder der Neuaufnahmen – konnte der Ausbruch in der Pflegeeinrichtung nicht abgewehrt werden.“ Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich Neuinfektionen bei aller Sorgfalt nicht vermeiden ließen.
So zeige der jetzige Ausbruch in Wertingen, genauso wie damals in Bissingen, wieder sehr deutlich, dass sich die Infektion schleichend und trotz erhöhter Wachsamkeit unbemerkt in einer Einrichtung ausbreiten könne. Alte Menschen zeigten sehr oft keine Frühsymptome, erkrankten erst spät und dann sehr plötzlich und sterben teilweise leider auch sehr schnell, heißt es aus dem Gesundheitsamt.
Günther Schneider bittet alle Angehörigen der Bewohner von St. Klara, nur in absoluten Ausnahmefällen außerhalb der Verwaltungssprechzeiten – täglich zwischen 10 und 11.30 Uhr, sieben Tage die Woche, unter Telefon 08272/99610 – anzurufen. „Wir sind zeitlich sehr stark mit der Versorgung unserer Bewohner gebunden“, sagt er und bittet um Verständnis.
Die Bewohner verbrächten zwar viel Zeit auf ihren Zimmern, doch eine besonders düstere Stimmung stellt Schneider nicht fest, allen tragischen Umständen zum Trotz. Das liegt in seinen Augen an der intensiven Betreuung, die sein Team und die Helfer in vielen Stunden Arbeit leisten. Und er wolle auch Zuversicht verbreiten. Sobald es die Umstände erlaubten und auch das Gesundheitsamt das Okay gibt, sollen Besuche von negativ getesteten Personen wieder möglich werden – das könnte schon Ende kommender Woche der Fall sein.
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