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Landkreis Dillingen: Streifzug mit der Taschenlampe: Wie die Dillinger Sicherheitswacht arbeitet

Landkreis Dillingen

Streifzug mit der Taschenlampe: Wie die Dillinger Sicherheitswacht arbeitet

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    Sie sehen abends nach dem Rechten in den Städten des Landkreises: Heidi Müller und Günter Lipp sind zwei von neun Kräften der Sicherheitswacht. Auf unserem Bild sind sie in der Professor-Bamann-Straße in Gundelfingen unterwegs.
    Sie sehen abends nach dem Rechten in den Städten des Landkreises: Heidi Müller und Günter Lipp sind zwei von neun Kräften der Sicherheitswacht. Auf unserem Bild sind sie in der Professor-Bamann-Straße in Gundelfingen unterwegs. Foto: Andreas Schopf

    Die Schicht von Günter Lipp und Heidi Müller beginnt an diesem Abend mit einem freundlichen „Servus“. Ein junger Mann begrüßt die beiden mit einem selbstbewussten Grinsen. Neben ihm sitzen mehrere Freunde auf einer Bank und warten darauf, was die beiden Aufpasser zu sagen haben. Lipp – kräftige Figur, tiefe Stimme, Schnauzbart – fragt die Jugendlichen, ob sie Alkohol trinken oder rauchen. Die streiten das ab. „Wenn ihr dann noch euren Müll mitnehmt, kommen wir gut aus“, mahnt Lipp, verabschiedet sich freundlich und wünscht „viel Spaß“.

    Sicherheitswacht: "Einige Jugendliche haben überhaupt keinen Respekt mehr"

    Man kennt sich im Dillinger Taxispark. Wenn die Kräfte von der Sicherheitswacht kommen, geben sich die Jugendlichen artig. Meistens zumindest. „Manchmal werden wir sehr dumm angemacht“, berichtet Müller, die seit neun Jahren durch den Landkreis patrouilliert. Die 45-Jährige aus Dillingen mit dem freundlichen Lächeln und den bunten Turnschuhen beklagt: „Einige Jugendliche haben überhaupt keinen Respekt mehr.“ Da fallen auch mal Schimpfwörter wie „Bulle“ – obwohl das gar nicht zutreffend ist.

    Als ehrenamtliche Unterstützung der Dillinger Polizei sehen die Mitarbeiter nach dem Rechten in den Städten im Landkreis. Vier bis sechs Mal in der Woche laufen sie von 19 bis 22 Uhr die „Brennpunkte“ in Dillingen, Lauingen, Gundelfingen, Höchstädt und Wertingen ab – pro Abend jeweils von Dillingen in westliche oder in östliche Richtung. Wenn die Sicherheitswacht kommt, ist so mancher vorgewarnt. Den Aufpassern, die T-Shirts mit der Aufschrift „Sicherheitswacht“ tragen, ist bewusst, dass mitunter noch schnell Drogen verschwinden oder Alkohol ausgekippt wird, wenn sie anrücken – oder die Tütchen und Flaschen erst herausgeholt werden, wenn sie wieder abziehen. Trotzdem hat die Sicherheitswacht Autorität. „Manche Bürger bedanken sich bei uns, weil sie sich durch unsere Präsenz sicherer fühlen“, berichtet Lipp, ein 63-jähriger, pensionierter Polizist aus Gundelfingen sowie Taekwondo-Trainer, der seit zweieinhalb Jahren der Sicherheitswacht angehört.

    Viele Vorfälle passieren nach Schichtende

    In seine Heimatstadt geht es als Nächstes an diesem Mittwochabend. Zuletzt war in der Gärtnerstadt einiges los. Diverse Male kam es in den vergangenen Monaten zu Fällen von Vandalismus (lesen Sie hier mehr dazu). „Es gibt immer Leute, die etwas kaputtmachen müssen“, sagt Lipp, der mehr als 40 Jahre für die Polizei gearbeitet hat. „Aber das war früher schon so.“ Solche Häufungen würden sich immer wieder verschieben. Im vergangenen Jahr habe eine Jugendgruppe in Lauingen ihr Unwesen getrieben, heuer sei vor allem Gundelfingen betroffen gewesen. „Mal schauen, was nächstes Jahr passiert“, sagt Lipp.

    Vieles können die Kräfte der Sicherheitswacht gar nicht mitbekommen – wenn die Vorfälle, wie so häufig, nachts passieren. Um 22 Uhr ist für die Ehrenamtlichen Schichtende. Auch, weil einige am nächsten Morgen früh in die Arbeit müssen. So wie Heidi Müller, die bei der Post arbeitet. Trotzdem hat die Polizei die Mitarbeiter der Sicherheitswacht sensibilisiert, in der Gärtnerstadt genauer hinzusehen. Über die Gundelfinger Innenstadt legt sich langsam die Dunkelheit. Lipp und Müller schauen zum Rathaus und in die Professor-Bamann-Straße. Alles ruhig. Auf dem Weg zur Bleicheinsel kommt ihnen ein Fahrradfahrer ohne Licht entgegen. „Ich würde sagen, wir laufen“, fordert Lipp in strengem Ton. Der junge Mann steigt brav ab. Die Aufpasser schauen zum Bleiche-Parkplatz. Dort unterhalten sich drei Menschen in der Dunkelheit zwischen zwei Autos. „Alles okay?“, fragt Lipp. „Ja, bei Ihnen?“, kommt zurück. Die drei halten offenbar wirklich nur einen Plausch. Wieder zurück auf der Bleiche, fallen den Aufpassern zwei Männer ins Auge. „Wir sitzen nur hier und rauchen“, betont einer von ihnen.

    Die Sicherheitswacht hat die Rechte eines jeden Bürgers

    Auf dem Rückweg zum Rathaus parkt vor der Sparkasse ein Auto halb auf der Straße. „Da kommt bei mir der Polizist durch“, sagt Lipp und schüttelt den Kopf. Aber er muss sich zurückhalten. Die Sicherheitswacht hat bei weitem nicht die Befugnisse eines Polizeibeamten. Die ehrenamtlichen Aufpasser haben die Rechte eines jeden Bürgers: Sie dürfen Straftäter festhalten, bis die Polizei eintrifft, und sich zur Not mit einem Tränengasspray verteidigen. Außerdem können sie Personalien erfragen oder bei Gefahr einen Platzverweis erteilen. Mehr aber nicht. Wird es brenzlig, können sie über Funk die Polizei alarmieren. Um im Ernstfall auch selbst gewappnet zu sein, erhalten die Kräfte unter anderem eine Ausbildung zur Selbstverteidigung und treffen sich einmal im Monat zum Sport. Müller berichtet, dass sie einmal zu Fuß einen Messerstecher in Dillingen verfolgt hat. Das ist aber die große Ausnahme.

    Von derart spektakulären Vorfällen ist das Zweier-Team an diesem Abend weit entfernt. Mit dem Auto geht es an den Sägplatz, der mittlerweile komplett von der Dunkelheit verschlungen ist. Lipp leuchtet mit seiner Taschenlampe über die Wiese. Nichts zu sehen. Dann biegt plötzlich ein Auto auf den Parkplatz ein. Lipp schaut misstrauisch auf. Doch es ist nur jemand, der an dieser Stelle mit seinem Smartphone „Pokémon Go“ spielt. Im weiteren Verlauf des Abends, auch im angrenzenden Schnellepark, treffen die Mitarbeiter der Sicherheitswacht auf zwei weitere solcher Spieler – Gundelfingen sei ein Hotspot für das Spiel, ist zu hören. „Manchmal hat man den Eindruck, die halbe Stadt ist damit unterwegs“, sagt Lipp und lacht.

    Polizei sucht Kräfte für die Sicherheitswacht

    Letzte Station in Gundelfingen ist der Gartnersee. Lipp leuchtet den Sprungturm ab, und, über den See, das Haus der Wasserwacht an, in das in diesem Sommer eingebrochen worden ist. Das Gelände ist verlassen. Auf dem Parkplatz des Stadions schrauben drei Männer an einem Auto herum, davon einer am Lenkrad. Der Ex-Polizist wird misstrauisch. „Das ist schon Ihr Auto?“, erkundigt er sich. Die Männer können ihn davon überzeugen, dass es so ist.

    Mittlerweile ist es halb zehn. Lipp und Müller fahren zur letzten Station an diesem Abend, nach Lauingen, um dort nach dem Rechten zu sehen. Dann ist die Arbeit getan – zumindest für heute.

    Die Dillinger Polizei sucht Freiwillige für die Sicherheitswacht. Gesucht werden Frauen oder Männer im Alter zwischen 18 und 62 Jahren, die zuverlässig und verantwortungsbereit sind. Für dieses ehrenamtliche Engagement erhalten sie eine Aufwandsentschädigung von acht Euro in der Stunde. Bewerbungen unter Telefon 09071/560, oder per E-Mail: pp-swn.dillingen.pi@polizei.bayern.de.

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